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Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Titel: Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Voosen , Kerstin Signe Danielsson
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schlichen durch die Winkel des Schlafzimmers. Draußen, im Sund, tutete ein Tanker oder eine der Fähren nach Finnland. Sie zitterte unter der Daunendecke, unter der drückenden Schwere ihrer Schuld, vielleicht war es auch noch der späte Schock oder die Angst. Trotzdem zwang sie sich dazu, zurückzudenken, in das Glashaus zu den Schmetterlingen. Sie fühlte, dass es notwendig war, selbst wenn Schuld und Angst ihre Erinnerung trübten. Sie musste zu dem Moment zurück, sie musste sich zwingen, sich zu erinnern, durch den Schmerz hindurch. Nur so konnte sie hoffen, die Ursache für die Todesangst zu finden, die seit Tagen in ihr wuchs.

FREITAG
    1
    Ihr Schwiegersohn Johnny war ein Idiot, so viel war klar. Daran konnte sie heute genauso wenig ändern wie vor fünfunddreißig Jahren, als Britt den unseligen Trottel geheiratet hatte. Ach, Britt ... Aber schließlich war es das Leben ihrer Tochter, und die musste ihre Entscheidungen selbst treffen. Und wenn Svea Holmgren etwas in ihrem einundachtzigjährigen Leben gelernt hatte, dann war es die Einsicht, dass man den unveränderlichen Dingen im Leben ihren Lauf lassen musste.
    Dinge, auf die man dagegen Einfluss hatte, galt es sehr wohl in die Hand zu nehmen. Und das hatte Svea Holmgren gestern auch getan, nachdem sie das Bild in der Zeitung erkannt hatte. Sie war sich vollkommen sicher gewesen, sofort, egal wie lange es her war. Und trotzdem hatte sie das alte Schuljahrbuch aus der braunen Eichentruhe im Flur geholt und nachgesehen. Die Ähnlichkeit war in der Tat verblüffend. Eigentlich war das kein Wunder, denn es war ja keine Ähnlichkeit . Es war schlicht und einfach derselbe Mensch.
    Sie hatte das Jahrbuch zugeklappt, abgestaubt, denn sie wollte keinen verlotterten Eindruck machen, es in Papier eingeschlagen und war mit ihrem Paket im Bus zur Polizeistation in Uppsala gefahren. Dort hatte sie eine Nummer aus dem Apparat an der Wand gezogen, gewartet, bis sie an der Reihe war, und einer Beamtin ihr Anliegen geschildert, lang und breit. Die Polizistin hatte freundlich genickt und gelächelt, ebenfalls lang und breit, und irgendwann damit begonnen, jede halbe Minute auf ihre Armbanduhr zu sehen. Gemacht hatte sie nichts. Sie werde sich dann melden, hatte sie gesagt. Aber wann war dann ? Und wieso melden ? Die Beamtin hatte sie überhaupt nicht ernst genommen. Sie hatte ihr Anliegen überhaupt nicht verstanden, die dumme Gans! Als wäre ich eine verkalkte Greisin, dachte Svea Holmgren. Verärgert war sie mit dem Bus nach Hause gefahren, hatte sich einen Kaffee gemacht und dazu ein Schälchen mit eingemachten Birnen gegessen. Dann hatte sie ihre Tasche gepackt, denn morgen würde sie zur Taufe ihres Urenkels nach Schonen fahren, nach Baskemölla bei Simrishamn. Eine achtstündige Fahrt, hatte Johnny gesagt, da brauchen wir einiges an Sitzfleisch. Was für ein blöder Ausdruck, Sitzfleisch! Er war und blieb einfach ein Idiot!
    Jetzt saß er vorne am Steuer neben Britt, und sie saß hinten im Fond des Autos und hatte ihre Handtasche auf dem Schoß, und in dieser Handtasche war ihr Paket. Sie hatte einen Plan gefasst. Wenn sie schon mit dem Auto bis nach Südschweden fuhren und sie wahrscheinlich eine Thrombose vom stundenlangen Sitzen bekam, konnten sie genauso gut einen kleinen Abstecher riskieren. Und mehr als eine Stunde würde es nicht dauern. Sie hatte sich die Karte in dem alten Motormännen-Atlas ihres verstorbenen Gustav genau angesehen. Und was war schon eine Stunde? Sie fand, das war sie Henrik schuldig. Auch wenn das alles Ewigkeiten her war.
    In Nyköping sprach sie zum ersten Mal von der Möglichkeit, einen kleinen Umweg zu machen, und als sie Norrköping passierten, griff sie es wieder auf. In Linköping sprach sie wilde Drohungen aus. Und in Jönköping knickte Johnny schließlich ein. Svea Holmgren war eine beharrliche Frau.
    2
    Auch in dieser Nacht hatte Nyström nicht länger als fünf Stunden geschlafen. Sie spürte, dass Resignation an ihr fraß wie Säure. Sie dachte an den Branntkalk in Frosts Gesicht und in seiner Lunge. An das, was die Säure mit seinen Augen und seinen Atemwegen gemacht hatte. Dann schluckte sie und schenkte sich einen Tee ein. Sie wollte nicht von innen zerfressen werden. Weder von Säure noch von ihrer Frustration, dagegen würde sie ankämpfen, auch wenn das bedeutete, noch einmal ganz von vorne zu beginnen. Auf keinen Fall würde sie sich von den Drohungen dieses Iverus einschüchtern lassen. Und erst Edman, diese

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