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Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Titel: Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Voosen , Kerstin Signe Danielsson
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hässlich oder zu teuer.
    Bei YouTube sah sie sich einen Film an, in dem ein Kanarienvogel zu Technomusik tanzte. Dann gab sie in die Suchleiste das Stichwort Smålandflieger ein. Dreimal sah sie sich an, wie das Kleinflugzeug in den Växjöer Dom krachte, dreimal hörte sie Frost dabei zu, wie er über das Flugverhalten von Schmetterlingen referierte. Frost, der jetzt tot war und der wahrscheinlich gar nicht Frost war, sondern ein Schwede aus Uppsala. Henrik Larsson.
    »Wer warst du, Henrik Larsson?«, fragte sie den Mann auf dem Bildschirm. Warst du ein guter Mensch? Hattest du ein gutes Leben?
    Warum musstest du so grausam zugerichtet sterben, da draußen im Wald?
    Warum steht im Register der Behörden, dass du 1948 in Jerusalem gestorben bist?
    Anette Hultin sah lange auf das verzerrte, grob gepixelte Gesicht des alten Mannes. Dann hatte sie eine Idee. In das Google-Fenster am oberen, rechten Bildschirmrand gab sie das offizielle Todesdatum von Henrik Larsson ein. 17.09.1948. Sie drückte auf Enter. Der Rechner zeigte 32900 Treffer an, die ersten drei waren irgendwelche Wetteraufzeichnungen. Das war nichts. Sie klickte erneut in das Suchfenster. Jetzt fügte sie dem Datum den Namen hinzu: Henrik Larsson. Enter.
    Ergebnis: Am 17.09.1948 bekam ein Henrik Larsson aus Skövde einen Preis der Molkereigenossenschaft überreicht. Auch die anderen Treffer waren Quatsch. Eine Sackgasse. Sie löschte den Namen wieder und kombinierte stattdessen das Datum mit einem Ort: Jerusalem. Enter.
    96 Treffer. Und in den ersten zwölf stand immer derselbe Name: Carl Wennerberg. Sie las: Am 17. September wird der schwedische UN-Vermittler Graf Carl Wennerberg von Mitgliedern einer Terrorgruppe in seinem Wagen erschossen. Mit ihm ums Leben kamen der französische Offizier P. Maugan und der Fahrer F. Leussoux. Nicht ganz unumstritten ist bis heute das Schicksal von Wennerbergs Sekretär Larsson, der sich während des Attentats ebenfalls im Wagen befand.
    Sie las weiter. Sie kaute lange auf ihrem Wirsingblatt herum. Dann schluckte sie es herunter.
    12
    Maria war weiterhin unruhig, schon beim Aufwachen hatte sie die starke Anspannung gespürt, die im Laufe des Tages noch weiter zunahm. Nach den untätigen Tagen im Bett kam ihr Loves Haus allmählich wie ein Gefängnis vor.
    Aber wenigstens fühlte sie sich kräftiger als am Vortag. Sie ging mit Tempo die Treppe hinunter ins Erdgeschoss und wieder hinauf, dreimal hintereinander. Danach war sie schweißgebadet, und die verletzte Schulter pochte. Sie musste einsehen, dass ihr Körper noch nicht weit genug war, um das Haus zu verlassen.
    Sie machte sich ein Tiefkühlgericht warm, aß und legte sich wieder aufs Bett. Sie machte Übungen zur Muskelentspannung und kontrollierte ihre Atmung. Wieder und wieder ging sie die Geschehnisse im Glashaus durch, versuchte, sich dem Gefühl der Panik zu nähern, das seit Tagen in ihr wuchs. War diese Unruhe ein Weg, mit ihrer Schuld umzugehen? Lag es an dem, was sie zu verantworten hatte? Sollte sie nicht eher niedergeschlagen sein, depressiv? Oder litt sie unter posttraumatischem Stress? Reagierten ihre Seele und ihr Körper auf die Verletzung? Fürchtete sie noch immer den fremden Mann? Aber sie hatte doch viele Hundert Kilometer hinter sich gebracht! Der Fremde konnte unter keinen Umständen wissen, wer sie war und wo sie sich aufhielt. Nur warum hatte sie dann solche Angst?

SAMSTAG
    1
    Als Benny Carlsson aufwachte, fühlte er sich elend. Ihm war schlecht, und sein Kopf dröhnte wie die Hauptglocke vom Växjöer Dom. Teufel, er sollte nicht mehr so viel saufen, nicht in seinem Alter. Irgendwie gelang es ihm, aus dem Bett zu kriechen und ins Badezimmer zu stolpern. Nachdem er sich mehrmals übergeben hatte, kehrte er mit einem nassen Lappen auf der Stirn ins Bett zurück. Danach ging es ihm etwas besser. Er justierte den Waschlappen auf seinem Gesicht. Hinter den Augen tat es am meisten weh, aber die Kälte tat gut. Er drehte sich auf die Seite, und dann, während eines wirren Gedankenstroms, kurz vor dem Einschlafen, fiel es ihm wieder ein. Frosts Veränderung war die verblasste Erinnerung gewesen, die in seinem Kopf langsam wieder Konturen angenommen hatte, die Veränderung von Frosts Gemüt, seine Verwandlung eines nachdenklichen, sensiblen, aber im Grunde heiteren Menschen in ein angespanntes, gehetzt wirkendes Wesen. Anfang der Achtzigerjahre musste das gewesen sein. Und er hatte sich auch später wieder gefangen. Aber es hatte diese Jahre gegeben,

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