Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)
interessiert: dein Wechsel in die Maklerbranche. Vom Klempner, vom Abfluss-Åke zum Immobilienfürsten. Wie hast du das gemacht? Ich meine, dazu braucht man viel Geld, ein ordentliches Startkapital. Und das bekommt man doch wohl kaum zusammen, indem man bei anderen Leuten die Klos montiert oder Haare aus dem Abfluss pult, oder?«
Bingström hörte auf zu schmunzeln. Sein Ledergesicht wurde hart, seine Stimme verlor den launigen Tonfall. Er nahm seine Arme wieder nach vorne, schüttelte das Handgelenk, an dem er seine riesige Uhr trug.
»Es war gute, ehrliche Arbeit damals. Und ich weiß nicht, ob es dir gut zu Gesicht steht, einen ganzen Berufsstand zu diskremitieren. Denk mal über deine Worte nach, wenn du das nächste Mal einen Klempner brauchst, weil dein Keller unter Wasser steht oder die Scheiße dir dein Klo verstopft!«
Nyström sagte:
»Es heißt diskriminieren . Oder diskreditieren . Aber du wolltest gerade von deinem Startkapital erzählen? 720000 Kronen.«
Jetzt lehnte sich Nyström zurück. Sie beobachtete Bingström. Luft wurde in den braunen Ball gepumpt. Der Mann war selbstgefällig und vulgär, und jetzt wurde er wütend. Das hatte sie so nicht geplant, da hatte sie ihr Instinkt hingeführt. Vielleicht war das gut, vielleicht musste sie den Klempner unter der sonnengebräunten Hülle zu fassen bekommen. Ohne zusammenzuzucken.
»Meine Frau und ich haben gespart, gut gewirtschaftet. Ein paar Spekulationsgewinne und Glück beim Pferderennen, dazu ein Kredit und ein kleines Erbe. Ein bisschen hier, ein bisschen da, es läpperte sich so zusammen.«
Er sah ihr fest in die Augen.
»Aber was, bitte schön, hat das alles mit eurem Mordfall zu tun? Wenn du etwas über erfolgreiche Unternehmensgründung hören willst, dann besuch ein Seminar, statt mir auf die Eier zu gehen! Ich bin ein ehrlicher Geschäftsmann und nicht euer Sündenbock! Nur weil ihr nicht imstande seid, den Mörder dieses Schmetterlingsfuzzis zu finden!«
»Bei dem du immerhin gearbeitet hast!«
»Das ist doch fast dreißig Jahre her! Und außerdem habe ich früher bei Hunderten von Leuten die Rohre repariert, vielleicht bei Tausenden, das macht mich ja wohl kaum zu einem Mörder!«
»Ich rede überhaupt nicht von Mord, noch nicht jedenfalls. Ich rede von Erpressung, Jan-Åke. Ich rede von einem kleinen Klempner, der zwei Wochen im Haushalt eines Homosexuellen ein und aus geht. Der irgendwann etwas sieht, was er nicht sehen soll, und daraus Kapital schlägt. Der droht, den Schwulen zu verpetzen, sein Geheimnis auszuplaudern. Jemand, der sich sein Schweigen teuer bezahlen lässt, jemand, der die Angst anderer ausnutzt, der sie dafür richtig bluten lässt. Der mehr als eine halbe Million Kronen kassiert, um sich ein tolles Leben aufzubauen. Jemand, der sein eigenes Klempnerleben satthat und so gern jemand anderes wäre, ein Makler zum Beispiel, ein Stadtrat, der Vorsitzende des Golfvereins, der King von Växjö!«
»Blödsinn!«, schrie Bingström.
Dann war es lange still.
»Ihr habt nichts gegen mich in der Hand!«, sagte er schließlich leise.
»8500 Kronen, Åke«, fuhr Nyström fort. »Die Rechnung für einen Wasserschaden. Nur dass du sie nicht einmal ausgestellt hast, sondern jeden Monat, sechs lange Jahre lang. Bis du genug zusammenhattest, um Larsson auch noch seine Altersvorsorge abzuknöpfen, zu einem Dumpingpreis. Ganz legal, versteht sich, ein sauberer Deal. Vom Abfluss-Åke zum Immobilien-Bingström.«
»Alles vollkommen legal!« Bingströms Augen glühten.
»Du bist ein Erpresser, Åke, und schließlich bist du sogar zum Mörder geworden. Wahrscheinlich wollte Frost reinen Tisch machen auf seine alten Tage. Vielleicht wollte er altes Unrecht begleichen und melden, was du ihm angetan hast über all die Jahre, er hatte ja nichts mehr zu verlieren. Vielleicht hat er dir mit einer Anzeige gedroht, und du hast Angst bekommen. Frost hatte die Macht, dir alles wieder zu nehmen, Åke: deine Golfschläger, deine Firma, dein Feuerwerk über dem See. Alles aus und weg und vorbei. Ein Mann in seinen besten Jahren wandert ins Gefängnis. War es nichtso? Hat es sich nicht so zugetragen? Und du hast nur einen Ausweg gesehen, eine einzige Möglichkeit, das alles zu behalten. Frost musste zum Schweigen gebracht werden, am besten für immer. Du bist rausgefahren nach Ramnåsa in den Wald. Vielleicht wolltest du zuerst nur mit ihm reden, ihn zur Vernunft bringen oder drohen, denn damit kennst du dich ja aus. Nur wollte Frost nicht
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