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Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Titel: Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Voosen , Kerstin Signe Danielsson
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Beziehung zu Johan denn schon? Adolphius Lönn hat mehrfach gedroht, sein Leben zu zerstören.
    Und Johan war zu dieser Zeit nicht einmal volljährig. Im Grunde war es strafbar, was er tat. Wollte er wirklich riskieren, ins Gefängnis geworfen zu werden? War es nicht viel klüger, ein oder zwei Jahre zu warten, bis sie wenigstens vor dem Gesetz das Recht hatten, zusammen zu sein? War es nicht viel schlauer, sich zu gedulden und Adolphius in Sicherheit zu wiegen, bis Johan alt genug war? Und vielleicht würde der Vater ja irgendwann seine Haltung aufgeben?«
    Hultin und Delgado sahen ihre Chefin an. Die Dinge begannen eine Form anzunehmen. Es war eine Möglichkeit. Nyström sah in das Kaminfeuer, das Anders neu entfacht hatte. Sie sagte nichts.
    Delgado fuhr fort.
    »Larsson traf eine Entscheidung: Er ging mit Wennerberg in den Nahen Osten. 1948 war das, der Rest ist Geschichte. Am 17. September 1948 verübt ein zionistisches Terrorkommando ein tödliches Attentat auf Wennerberg, mit ihm sterben im Kugelhagel sein schwedischer Sekretär, ein französischer Offizier und der Fahrer, ein Schotte. Wennerbergs und Larssons sterbliche Überreste werden nach Schweden überführt und feierlich beigesetzt. Zwei schwedische Helden, ein großer und ein kleiner, gestorben im Namen der Gerech-tigkeit, so weit schreiben es die Geschichtsbücher. Seit wir den Brief gelesen haben, wissen wir definitiv, dass das nicht stimmt. Larsson stirbt nicht, sondern überlebt schwer verwundet. Statt seiner wird der verstümmelte Leichnam eines Unbekannten, der Tage später in einem Park in der Nähe des Attentatortes gefunden wird, beigesetzt. Larsson muss sich mit letzter Kraft in Sicherheit gebracht haben. Er gelangt irgendwie in das Armenische Hospiz in der Via Dolorosa. Dort liegt er über Wochen in einem fiebrigen Koma, bis er schließlich wieder zu Bewusstsein kommt. Er erholt sich und beginnt, über seine Situation nachzudenken. Vielleicht bekommt er eine englischsprachige Zeitung in die Hände, vielleicht hört er es von anderen Kranken: Graf Wennerberg, dessen Protegé er war, ist ermordet worden. Er ist schockiert. Er liegt vollkommen allein und von allen verlassen in einem kleinen, muffigen Zimmer am Ende der Welt. Was hat ihn dorthin getrieben? Wie konnte er sich in eine solche Situation bringen? Wenn er nur wieder in Schweden sein könnte! Wenn er nur wieder bei Johan sein könnte! Und dann begreift er seine Chance. Die ganze Welt, sogar Johan, muss ihn für tot halten. Was wäre, wenn er nach Schweden zurückkehren würde? Als Toter, als Unsichtbarer oder als jemand anderes.«
    »Frost«, sagte Ingrid Nyström. »Er wird zu Balthasar Melchior Frost.«
    Anders kam mit dem Kaffee ins Wohnzimmer zurück. Er stellte das Tablett auf den Sofatisch, dann setzte er sich wieder ganz nah neben seine Frau.
    »Die Frage ist nur, wie? Wie wird er zu Frost?«, fragte sie.
    »In dem Brief schreibt er von einem Geheimnis und von einer Lösung, die direkt in seiner Nähe ist, im Armenischen Hospiz in der Altstadt von Jerusalem, in der Via Dolorosa«, sagte Delgado.
    »Via Dolorosa«, sagte Anders Nyström, »das bedeutet Die Straße der Schmerzen . Der Leidensweg, den Jesus Christus mit seinem Kreuz gegangen ist. Es ist der Weg vom Amtssitz des Pontius Pilatus nach Golgatha, der Hinrichtungsstätte, auf der er gekreuzigt wurde.«
    »Du Experte«, sagte Ingrid Nyström und strich ihrem Mann über den Kopf.
    »Das Armenische Hospiz gibt es noch«, sagte Delgado, »wir haben da angerufen. Die Mönche sprechen selbst heute kaum Englisch. Aber sie betreiben ein Guesthouse für Pilger. Der Mann am Telefon wusste natürlich nichts von einem Henrik Larsson. Aber sie haben ein Archiv, darin lagern sie unter anderem die Krankenakten seit Bestehen des Hospizes. Für Historiker ist es einsehbar, hat mir der Mönch erklärt, eine Art Präsenzbibliothek.«
    »Was heißt das?«, fragte Nyström. Sie sah von Delgado zu Hultin. »Und schaut mich nicht so seltsam an. Ihr glaubt doch nicht im Ernst, dass ich jemanden nach Israel schicke?«
    Es war schließlich Delgado, der antwortete.
    »Ich weiß gar nicht, wie ich es sagen soll, Ingrid, aber das mit dem Losschicken, das ist wohl gar nicht mehr notwendig.«
    Nachdem Delgado und Hultin gegangen waren, fragte Anders, ob sie mit zum Gottesdienst wolle. Wenn ihr danach sei, könne sie die Fürbitten vorsingen, die Gemeinde würde sich freuen. Sie überlegte. Die Kirche war ein Ort, an dem sie sich wohlfühlte, ein

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