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Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Titel: Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Voosen , Kerstin Signe Danielsson
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Er sah jetzt beide Gesichter vor sich, ein dunkles und ein helles. Er erinnerte sich gut. Er hatte es nämlich hübsch gefunden, das helle Gesicht. Er, der aus der Ferne begehrte, hatte es sich eingeprägt. Das blonde Haar, die hohen Wangen, ihre Brüste unter dem weißen T-Shirt. Eine begehrenswerte Frau, auch wenn sie einzu jugendliches T-Shirt getragen hatte, nach seinem Geschmack. Frauen in ihrem Alter sollten Wert auf anständige Kleidung ...
    Das T-Shirt!
    Es hatte etwas auf dem T-Shirt gestanden.
    Ein Motto. Ein Club. Nein. Eine Organisation. Ärzte für Palästina hatte auf dem T-Shirt gestanden.
    Er sprang aus der Dusche und eilte zu seinem Computer. Die Tastatur hatte seinen Wutausbruch überlebt. Er tippte und klickte wie ein Wahnsinniger. Google ist ein Gott, dachte er, als er die Suchergebnisse sah.
    Ärzte für Palästina war ein Verein, der medizinische Hilfe für den Gazastreifen und die Westbank organisierte. Es gab in Schweden drei Dependancen, in Norrköping, Skellefteå und Stockholm. Die Sektion des Vereins in Stockholm war die einzige, die ein Gruppenfoto ihrer Mitglieder hochgeladen hatte, augenscheinlich von einem Grillfest, Männer und Frauen in Schürzen winkten, schwangen Grillzangen durch die Luft und lachten in die Kamera. Die Erlöse des jährlichen Augustfestes kommen unseren Schwestern und Brüdern in Gaza zugute . Stand unter dem Foto. Dann die Namen der Internisten und Zahnärzte, der Proktologen und Chiropraktiker. Er hatte Glück. Sie stand lächelnd in der zweiten Reihe und hatte eine Kochmütze auf. Der Bildunterschrift zufolge war sie Allgemeinmedizinerin und hieß Love Lindgren. Ein hübscher Name, dachte er. Passt zu ihrem hübschen, hellen Gesicht. Alles war so einfach. Er fand ihre Adresse im Online-Telefonbuch. Sie lag in Stockholm-Nacka. Er jaulte auf vor Freude, wie ein junger Schlittenhund. Mit einem gemieteten Wagen konnte er in zweieinhalb Stunden da sein. Wenn man Google Maps glaubte. Aber warum sollte er einem Gott misstrauen?
    3
    Als Nyström an der anderen Seite des Sees die L30 Richtung Norden fuhr, spürte sie, wie eine Last von ihr abfiel. Das Gespräch mit Edman war wichtig gewesen, eine Befreiung. Sie sah auf die Uhr, bald war es halb zwei, viel war von ihrem Wochenende nicht mehr übrig. Als sie um die Kurve bog, sah sie wieder den eisbedeckten See, dunkel lag er da, wunderschön. Dieser Blick war eine der wenigen positiven Seiten, die der lange Arbeitsweg in die Stadt mit sich brachte. Sie hob die Schultern und atmete tief ein, hielt den Atem lange an, pustete durch. Eigentlich konnte sie jetzt ihre Mutter besuchen, das hatte sie sich vorgestern schon vorgenommen, aber in dem ganzen Schlamassel vergessen. Anders würde bestimmt nicht gerne den Sonntagskaffee alleine trinken, aber sie wäre ja spätestens am Abend wieder zu Hause. Früher hatte ihre Mutter auch auf dem Land gewohnt, nachdem der Vater vor einigen Jahren gestorben war, war sie allerdings in eine kleine Wohnung in der Stadt gezogen. Gullan wollte da sein, wo es lebendig war, wie sie sagte. Vier ihrer Enkelkinder wohnten in Växjö, und Ingrid wusste, dass zumindest Anna die Großmutter mehrmals die Woche besuchte. An der nächsten Wendemöglichkeit drehte sie um. Sie versuchte Anders’ Handy aus ihrer Tasche herauszufischen, gab aber schnell auf. Sie beschloss ihn anzurufen, wenn sie auf dem Parkplatz vom ICA – Maxi stand. Dass der Supermarkt auch sonntags aufhatte, war ein Triumph des Kommerzes über den heiligen Ruhetag, und obwohl sie Anders’ Kritik daran teilte, fand sie es in verrückten Arbeitswochen wie dieser praktisch. Für ihre Mutter war es sehr mühsam, alleine einzukaufen, und so konnte sie ihr ein paar Lebensmittel mitbringen. Sie freute sich beinahe darauf, eine Weile zwischen den vollen Regalen entlangzuschlendern und alles anzugucken, was sie vielleicht irgendwann gebrauchen könnte. Das war eine Entspannung, die sie jetzt vertragen konnte. Sie fand einen Parkplatz ganz hinten rechts in der Ecke, in der sie zu parken pflegte. Ohne diese Routine hatte sie Angst, nach dem Einkaufen ihren Wagen auf dem riesigen Areal nicht mehr wiederfinden zu können. Einmal war sie beinahe eine halbe Stunde in dem überdimensionierten Carré zwischen dem Supermarkt und den anderen Geschäften hin und her geirrt.
    Mehr als eine Stunde später kehrte sie zu ihrem Wagen zurück. Sie rief Anders an und teilte ihm mit, dass sie erst zum Abendessen nach Hause kommen würde. An seiner Stimme hörte

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