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Spaghetti in flagranti

Spaghetti in flagranti

Titel: Spaghetti in flagranti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Troni
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gesichert und wollte unser Taxi erst nicht anhalten lassen. Mit ausladenden Handbewegungen wies der Polizist den Fahrer an, gefälligst weiterzufahren, doch mamma ließ die Scheibe herunter und erklärte ihm, wer wir waren. Daraufhin durften wir ein Stück weiter vorne auf dem Seitenstreifen anhalten.
    Meine Mutter sprang heraus, ehe das Taxi zum Stehen gekommen war, und rannte auf babbo zu, der wie eine Statue neben dem völlig verbeulten Punto verharrte und sich nicht rührte. Offenbar stand er unter Schock.
    Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, auf Otto loszugehen, sobald er meinen Freund erblickt hatte.
    »Du cretino !«, rief er schon von weitem und schüttelte die erhobene Faust. »Was hast du mit meinem Auto gemacht? Ich hab von Anfang an gewusst, dass man dir nicht trauen kann. Das war ein Anschlag, daran besteht kein Zweifel, und dafür wirst du büßen.«
    Er versuchte, Otto am Kragen zu packen, doch der war schneller und entwand sich seinem Griff. »Signor Troni, beruhigen Sie sich«, sagte er immer wieder. Genau wie kurz zuvor zu meiner Mutter.
    Mein Vater hörte ihm gar nicht zu. Er ließ zwar von Otto ab, doch nur, um auf einen der Polizisten zuzurennen und zu rufen: »Hier, das ist der Übeltäter. Dieser Mann ist an allem schuld. Verhaften Sie ihn. Er soll seine gerechte Strafe bekommen.«
    Natürlich wurde Otto nicht verhaftet, allerdings kam heraus, dass sich eine Sechskantschraube ins rechte Vorderrad gebohrt und den Reifen zum Platzen gebracht hatte. Mein Vater, der mit knapp achtzig Stundenkilometern unterwegs gewesen war, konnte von Glück sagen, dass ihm nicht mehr passiert war. Leider war er beim besten Willen nicht davon abzubringen, dass Otto an allem schuld war. Er erteilte ihm sofortiges Hausverbot und untersagte mir jeden weiteren Umgang mit diesem »Kriminellen«, wie er meinen Freund hartnäckig bezeichnete.
    Auch wenn es theoretisch sein konnte, dass Otto in der Werkstatt versehentlich über die Schraube gefahren war, konnte man ihn jedoch nicht dafür verantwortlich machen. Ich stritt mich so sehr mit meinem Vater, dass ich für die nächsten Tage zu nonna auswanderte und unsere Wohnung nur betrat, wenn er garantiert nicht da war, was meine Mutter in eine mittelschwere Krise stürzte.
    Meine groß inszenierte Familienzusammenführung war damit erst mal fehlgeschlagen.

14.
    Der Schweiß rann mir die Wirbelsäule entlang und sammelte sich im Hosenbund meiner Röhrenjeans. Es juckte unangenehm, und mein linkes Bein schmerzte von der zusammengekrümmten Haltung, die ich eingenommen hatte. Vale neben mir erging es nicht viel besser. Sie unterdrückte ein Stöhnen und zupfte an ihrem T-Shirt, das ihr wie ein nasser Lappen auf der Haut klebte. Obwohl es bereits neun Uhr abends war, hatte die Luft immer noch über dreißig Grad. Es war ungewöhnlich heiß für Anfang Juni, und der Sommer drohte genauso trocken zu werden wie letztes Jahr. Seit April war kein einziger Regentropfen gefallen, und alle Grünflächen, die nicht bewässert wurden, sahen aus wie afrikanisches Steppenland.
    Meine beste Freundin und ich hatten uns hinter einem Blumenkübel am Rande der Terrasse der Strandbar versteckt, und was sich da vor unseren Augen abspielte, sorgte auch in meinem Innern für hochsommerliche Temperaturen. Unsere geheime Mission war erfolgreich. Leider.
    Ich kam mir vor wie in einem Film, bei dem jemand die Vorspultaste gedrückt hatte, um sich alle peinlichen und grotesken Szenen hintereinander anzusehen. Otto war jetzt genau zwei Wochen da, und ständig ging irgendwas schief. Seitdem mein Vater Otto aus unserer Familie exkommuniziert hatte, war ohnehin alles ein Krampf. Obwohl alle, von mamma und nonna über die Zwillinge bis zio Gaetano auf babbo einredeten, war nichts zu machen. Nicht mal von seinem älteren Bruder wollte er sich zur Räson bringen lassen. Ich dagegen sprach noch immer kein Wort mit meinem Vater, was mir trotz meiner Wut über sein ungerechtes Verhalten schwer aufs Gemüt schlug.
    Otto, der sich nächtelang den Kopf darüber zerbrochen hatte, wie die Schraube in den Reifen gekommen sein könnte, war zu einem ähnlich abstrusen Schluss gelangt wie mein Vater. Er war der Meinung, dass uns jemand auseinanderbringen wollte und uns ganz gezielt übel mitspielte. Schließlich verstieg er sich sogar in die Vermutung, dass mein Vater selbst hinter all den Zwischenfällen steckte. Dass ich ihn daraufhin als hysterisch bezeichnete, konnte genauso wenig zur Verbesserung der Lage beitragen

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