Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spaghetti in flagranti

Spaghetti in flagranti

Titel: Spaghetti in flagranti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Troni
Vom Netzwerk:
Moment kommt noch.
    Alles in allem lief es so gut, dass ich sogar wagte, meinen Vater um einen Gefallen für Otto zu bitten, als dieser in Not war. Wie blöd von mir!
    Meine Eltern saßen nebeneinander auf dem Sofa, als ich hereinkam, mamma schlief schon, während mein Vater mit Begeisterung eine seiner seltsamen Dokumentationen verfolgte. Ich setzte mich auf die andere Seite neben ihm und wartete die Werbepause ab, um mein Anliegen vorzutragen.
    »Allerliebster babbo «, säuselte ich und kraulte ihn im Nacken, wie mamma es immer tat. »Du bist doch ein guter Mensch, oder?«
    Alarmiert drehte er sich zu mir um. »Brauchst du schon wieder Geld?«
    »Nein, dein Auto.« Ich zögerte, beschloss dann aber, mit der Wahrheit rauszurücken und ihm keinen Bären aufzubinden. »Otto muss morgen schon um halb sieben im Betrieb sein, und sie haben ihm heute das Fahrrad geklaut. Könntest du ihm eventuell den Punto leihen? Nur ein einziges Mal? Für die Arbeit brauchst du den Wagen doch nicht, und Otto bringt ihn bis spätestens um sechs zurück, dann hast du ihn abends auf jeden Fall wieder.«
    Ich wusste, dass mein Vater um acht Uhr zu einer Veranstaltung in Rimini eingeladen war. Als untypisch pünktlicher Italiener war es ihm wichtig, rechtzeitig losfahren zu können.
    Er brummelte, was ich als gutes Zeichen deutete, denn es war immerhin kein sofortiges »No!« wie neulich. Und tatsächlich: Nachdem ich ihm noch ein bisschen geschmeichelt hatte, nickte er und sagte: »Aber wehe, an dem Wagen ist hinterher was dran.«
    Jubelnd fiel ich ihm um den Hals. »Danke, du bist der beste babbo auf der ganzen Welt.«
    »Jaja«, schmunzelte er, »wie immer, wenn ich mir von dir oder deinen Schwestern etwas aus den Rippen leiern lasse. Ich hoffe, ich bereue es nicht.«
    »Ganz bestimmt nicht«, versprach ich mit bestem Gewissen und ging in mein Zimmer, um Otto die gute Nachricht per SMS zu überbringen.
    Wie erwartet lief alles glatt, und mein Freund stellte den Wagen am nächsten Abend pünktlich auf die Minute bei uns vor die Tür, wie es sich für einen zuverlässigen Deutschen gehört. Mein Vater war sichtlich zufrieden, als er losfuhr.
    Leider nicht lange.
    Gegen halb zehn, Otto und ich waren gerade am Strand spazieren, läutete mein telefonino . Erst ignorierte ich es, doch der Anrufer war sehr hartnäckig und klingelte dreimal hintereinander durch. Als ich es aus meiner Handtasche befördert hatte, sah ich, dass es mamma war.
    »Was ist?«, fragte ich ungehalten.
    Es war wirklich immer das Gleiche: Nie hatte ich meine Ruhe, wenn ich mit Otto zusammen war. Kaum zogen wir uns mal in mein Zimmer zurück, kam irgendwer – genauer gesagt mamma  – unter irgendeinem völlig abstrusen Vorwand herein. Wollten wir ein Eis essen oder an den Strand gehen, hefteten sich uns die Zwillinge an die Fersen. Hatten wir es endlich mal geschafft, uns abzuseilen, rief garantiert jemand an. So wie jetzt. Wir waren gerade mal eine Viertelstunde unterwegs.
    Ich konnte meine Mutter kaum verstehen, so aufgeregt war sie. Aus ihrem Gestammel, das immer wieder von heftigem Schluchzen unterbrochen wurde, hörte ich nur »dein Vater« und »Unfall« heraus.
    »Was?«, brüllte ich so laut in den Hörer, dass Otto neben mir zusammenzuckte. »Warte, wir sind gleich da.«
    Aus dem romantischen Spaziergang wurde ein Zweitausend-Meter-Sprint, und wir standen exakt zehn Minuten später bei uns vor der Haustür. Mamma lief uns völlig aufgelöst entgegen und warf sich mir schluchzend in die Arme. Im ersten Moment dachte ich, babbo wäre tot.
    »Signora Troni, so beruhigen Sie sich doch«, versuchte Otto sein Bestes. »Was ist denn passiert?«
    Nachdem sie sich mehrfach die Nase geschnäuzt hatte, war meine Mutter endlich in der Lage, in halbwegs ganzen Sätzen zu sprechen. »Dein Vater, er hatte einen Autounfall, auf der Statale kurz hinter Rimini. Der Reifen ist geplatzt, und er ist von der Straße abgekommen.«
    »Ist er verletzt?«, riefen Otto und ich wie aus einem Mund.
    Mamma seufzte. »Zum Glück nicht schwer. Aber der Wagen ist hinüber.«
    »Wo ist er jetzt?«, wollte ich wissen.
    »Noch an der Unfallstelle. Er hat mich gleich angerufen, nachdem es passiert war. Die Polizei und der Abschleppdienst sind noch unterwegs.« Sie schluchzte. »Ich wäre jetzt so gerne bei ihm.«
    Ohne zu zögern griff Otto zu seinem Telefon und rief ein Taxi, mit dem wir eine halbe Stunde später am Ort des Geschehens eintrafen. Die Polizei hatte die Unfallstelle bereits

Weitere Kostenlose Bücher