Spanier zum Frühstück-Hauptsaison (German Edition)
wollen ja mit der Zeit gehen und Haute Couture ist doch nur
noch eine Variante, die man unter Pelzen oder Lederjacken trägt. Ein
Catsuit oder ein enges Stretch-Kleid würde bestimmt auch gut aussehen.<<
Señor José sah daraufhin Vanessa an,
die heftig nickte. Anscheinend gab er sehr viel auf ihre Meinung. Dann erklärte
er sich bereit, sich meine Idee morgen einmal anzusehen und bat mich, meine
Catsuits und Stretch-Kleider mitzubringen. Bevor die morgige Modenschau
startete, gab es ja einen Probedurchlauf und dabei könnte man meine Idee dann durchspielen.
Ich fand, das klang fair.
Als Señor José Vanessa und mich kurz
darauf verabschiedete, bat er mich, nachsichtig mit Mercedes zu sein und
versicherte mir, dass sie es bestimmt nicht so meinte, wie es den Anschein
hätte. Ich glaubte dies jedoch nicht. Mercedes hatte dieselbe negative,
krankmachende Ausstrahlung an sich, wie ich sie auch im „Japόn“ gespürt
hatte und die eindeutig von den beiden Eduardos ausgegangen war! Sie hatten
dort im wahrsten Sinne des Wortes die Luft verpestet und genau dies tat
Mercedes bei „Modas Taurus“ ebenfalls. Dennoch versprach ich Señor José, dass
ich versuchen würde, mit Mercedes auszukommen. Dies hatte ich auch tatsächlich
vor, denn ich würde mir durch sie auf gar keinen Fall meinen neuen Job madig
machen lassen — den Ausdruck Mobbing kannte damals noch niemand. Ich beschloss,
ihr einfach aus dem Weg zu gehen und meine Arbeit zu tun.
Vanessa versuchte erneut, mich zu trösten
und erklärte, sie selbst käme auch nur mit den Mädchen aus ihrer eigenen Tanztruppe
gut aus — bis auf eine jedenfalls. Und zwischen ihrer Truppe und der holländischen
gäbe es ähnliche Animositäten wie zwischen Mercedes und mir oder deutlicher
gesagt, man sei sich spinnefeind! Sie bekreuzigte sich und fügte hinzu, es sei
ein Glück, dass die Holländerinnen nicht ebenfalls im „Edificio Byblos“
wohnten!
Wir machten uns dann auf den Weg zum
„Gran Palace“. Mittlerweile war es 20.00 Uhr und dort herrschte schon reger
Betrieb. Die zweistündige Show begann um 22.00 Uhr. Jede Truppe hatte
allerdings ihre eigene Künstlergarderobe, auch die Akrobaten und der
Zauberkünstler. Während die holländische Tanztruppe jedoch nur aus Tänzerinnen
bestand, handelte es sich bei Vanessas Truppe um eine gemischte und die Tänzer
teilten sich die Garderobe mit den Tänzerinnen. Ich fand das ein wenig merkwürdig.
Als ich es Vanessa gegenüber erwähnte, kicherte sie jedoch nur und erklärte,
dass keiner aus ihrer Truppe Angst vor Intimitäten habe. Dabei warf sie mir
einen vielsagenden Blick zu und ich verstand. Die anderen Mitglieder aus ihrer
Truppe trafen ungefähr zeitgleich mit uns ein und Vanessa stellte mich ihnen schnell
vor. Ihr Ensemble bestand aus sieben Tänzerinnen und sieben Tänzern, wobei je
eine Tänzerin und ein Tänzer als Springer fungierten, für die Person die gerade
frei hatte oder falls jemand durch Krankheit ausfiel. Nur Vanessas Part wurde
an ihrem freien Tag nicht durch die Springerin ersetzt, sondern durch eine
andere Tänzerin. Wobei deren eigentlicher Part dann durch die Springerin
ersetzt wurde. Vanessas Double , sozusagen, war auch die einzige Tänzerin
aus ihrer eigenen Truppe, mit der sie sich nicht verstand und später erzählte
Vanessa mir, dass ihr Double alles daran setzen würde, ihren Part ganz
zu übernehmen!
Wir hatten uns mittlerweile an den Platz
gesetzt, der Vanessa vorbehalten war und der Schminkkurs konnte anfangen. Nach gut
einer Stunde hatte auch ich den Dreh einigermaßen raus und konnte selbst mit
den Farben leben, die Vanessa für mich ausgesucht hatte. Sie hielt Erdtöne und
Gold für die Augen an und wählte lediglich ein zartes apricot als Rouge und Lipgloss
aus. Ich besah mich in dem riesigen Spiegel der ringsherum mit Glühbirnen
versehen war und dadurch für perfektes und schattenfreies Licht sorgte. Noch
nie zuvor war ich wirklich geschminkt gewesen und fühlte mich ein wenig unwohl.
Vanessa war jedoch begeistert und wollte auch partout nicht, dass ich alles abwusch,
bevor wir wieder gingen.
Ein Fahrer, der für den „Gran
Palace“ arbeitete und auch jeden Tag die ausländischen Künstler und Tänzer, die
über kein eigenes Auto verfügten, an ihren Unterkünften abholte, erklärte sich
bereit, uns schnell mit dem Minivan zurück zum „Edificio Byblos“ zu bringen.
Dort zogen Vanessa und ich uns um und gingen dann zuerst wieder zu Fuß bis zum
Busbahnhof,
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