Spanier zum Frühstück-Hauptsaison (German Edition)
saßen wir alle in dem Haus, das Adelio in Canyelles
gekauft hatte und genossen das Essen, welches wir aus dem nahegelegenen „El
Trull“ hatten kommen lassen. Señor Josés Frau, die ebenfalls dabei war, wusste
von der Vermutung ihres Mannes, dass Mercedes seine Tochter sein könnte und
erklärte, er habe immer alles getan, damit es ihr und auch ihrer Mutter an
nichts fehle und mehr hätte er auch nicht tun können. Adelio und ich sahen dies
ganz ähnlich. Zu dem Zeitpunkt hatte Señor José Mercedes jedoch gerade
entlassen und ihre Mutter hatte daraufhin gekündigt. Señor José war sich
allerdings sicher, dass Mercedes es draußen in der realen Welt schwer haben
würde sich zurechtzufinden, weil sie nicht gewohnt war sich anzupassen. Besser
spät als nie, dachte ich. Doch Mercedes schaffte es nicht, sich anzupassen und
wahrscheinlich wollte sie es auch gar nicht. Ihre Mutter hatte im Laufe der
Jahre aber genug verdient und ich wusste, dass sie von Señor José zudem eine
gute Abfindung bekommen hatte. Auch die Wohnung, die sich Mutter und Tochter in
Lloret teilten, war mittlerweile bestimmt abbezahlt und somit hätten die beiden
ein relativ gutes Auskommen — jedenfalls für die nächsten Jahre!
An meinem ersten Arbeitstag sah ich
mich später noch ein wenig im Verkaufsraum um, um mir einzuprägen, wo die
unterschiedlichen Stücke hingen, damit ich sie möglichst schnell finden konnte.
Dabei entdeckte ich das schwarze Lederkostüm, welches ich damals bei „Modas
Taurus“ in Lloret gesehen hatte, als ich dort meine Handtasche kaufte.
Mittlerweile war es reduziert, von 95.000 Peseten für Jacke und Minirock auf
65.000 Peseten. Señor José meinte, es wäre das letzte Exemplar und schwer
verkäuflich, weil es eine Größe 40 sei, was einer deutschen Größe 34 entsprach.
Ich überlegte, ob ich es kaufen sollte. Doch dann sagte Señor José, er würde mir
das Kostüm gerne schenken, als kleines Dankeschön sozusagen dafür, dass ich in
Bezug auf Mercedes so besonnen reagieren würde. Er sagte, er habe so das
Gefühl, als sei ich eine große Bereicherung für „Modas Taurus“ und er wolle
mich auch nur ungern wieder verlieren.
***
Freitagnacht hielt ich es dann auch
nicht mehr länger aus und machte mich gegen Mitternacht auf den Weg ins „Hollywood“.
Ich trug die neue Lederjacke, die nur sehr dünn und entsprechend leicht
gefüttert war und den dazugehörigen Minirock. Unter der Jacke trug ich lediglich
ein schwarzes Top und abgerundet hatte ich alles mit schwarzen Stiefeln. Auch Alonso
hatte an diesem Abend seinen ersten Arbeitstag. Er war gerade erst aus Deutschland
zurück und außerdem war er ebenfalls beim Friseur gewesen. Seine Haare waren
nun ähnlich kurz wie meine. Ich fand, dass ihm die kurzen Haare sehr gut
standen. Auch dass der Drei-Tage-Bart ab war, gefiel mir. Alonso hingegen
konnte nicht verstehen, warum ich mir freiwillig die Haare hatte abschneiden
lassen — und noch dazu schwarz gefärbt hatte!
>>Weißt du denn nicht, dass die
spanischen Männer alle auf blond stehen!<<, sagte er vorwurfsvoll. Ich
dachte an Vanessa, die ebenfalls dunkelhaarig war und gab ihm Unrecht.
>>Außerdem musste es
sein<<, sagte ich schließlich mit ein wenig Bedauern in der Stimme. Auch
mir tat es ein wenig leid und wenn ich ehrlich war, so hatte ich mir in blond
und mit langen Haaren ebenfalls besser gefallen! Aber wenn das der Preis dafür sein
sollte, wieder gefahrlos in Lloret leben zu können, dann war es OK für mich.
Ich hatte mich oben am Eingang kurz mit
Alonso und dem Kassierer unterhalten, aber beide hatten nicht viel Zeit, weil
es sehr voll war. Vor dem Eingang stand eine beachtliche Schlange von Touristen
und so genannten Domingueros. A lle warteten sie darauf, ebenfalls
eingelassen zu werden. Als Domingueros-Sonntägler bezeichnete man die
Spanier aus Barcelona und Gerona, die nur an den Wochenenden oder in den langen
Sommerferien in die Touristengebiete kamen und dort nicht selten eine
Zweitwohnung besaßen. Natürlich hatte ich mich nicht hinten an der Schlange
angestellt und war einfach daran vorbeigelaufen. So tat ich es nicht nur im
„Hollywood“, sondern in allen anderen Discotheken ebenfalls.
Auch Margaritha staunte nicht
schlecht, als sie mich so plötzlich und unerwartet wiedersah. Sie fand meinen
neuen Look jedoch gewöhnungsbedürftig. Gleich darauf erklärte sie, unbedingt
später mit mir reden zu müssen, auch sie hatte nun alle Hände voll zu tun.
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