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Spaziergang am Meer: Einsichten einer unkonventionellen Frau

Spaziergang am Meer: Einsichten einer unkonventionellen Frau

Titel: Spaziergang am Meer: Einsichten einer unkonventionellen Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan Anderson , Susanne Aeckerle
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tanzt. Denn es geht darum, daß man aus sich rausgeht und seinen Körper der Musik überläßt«, erwidert Joan besänftigend.
    »Mag sein, aber ich bin nie richtig über meine Tanzstundenzeit hinausgekommen, wo uns nur Walzer und Foxtrott beigebracht wurden«, beschwere ich mich.
    »Mir wurde dasselbe oder Schlimmeres beigebracht, aber dann trieb es mich, eigene Bewegungen zu entwickeln. Deine Ausrede lasse ich nicht gelten«, sagt sie. »Sie müssen mehr von diesen Big Bopper Songs in Ihrem Cottage spielen«, fährt sie fort, mit einem Blick zu Robin, »und dieses Mädchen dazu bringen, sich dem Fluß der Musik zu überlassen. Sie ist wild und salzig geworden, soviel ist sicher, aber ich versuche immer noch, sie hier und da etwas aufzulockern.«
    Ohne daß ich es gemerkt habe, hat Robin inzwischen bestellt, |83| und uns wird eine große Platte mit Austern und Muscheln serviert. Kurz darauf läßt der Barkeeper uns auf Kosten des Hauses eine Flasche Champagner bringen. »Vergeßt niemals, meine Lieben«, sagt Joan und prostet uns zu, »daß nicht jeder klatschen wird, egal, wie heftig ihr tanzt. Zumindest werdet ihr von nun an eure eigenen Regeln aufstellen. Nehmt eure Träume ernst und laßt sie sich entwickeln. Es ist ein Geschenk, man selbst zu sein. Auf jeden Fall ist es ziemlich tödlich, wenn man es nicht ist. Ihr beide müßt euer Leben in Ordnung bringen. Ich bin sicher, ich sehe euch bald wieder.« Und damit trinkt sie ihr Glas aus, erhebt sich und geht.
    Ich folge ihr, während sie rasch auf die Tür zustrebt, und blicke dann zurück zu Robin. Er hat sich zurückgelehnt, seine langen Beine ausgestreckt und die Füße auf den Sitz gegenüber gelegt. Er wirkt abgeklärt – scheint zufrieden damit, dort zu sein, wo er ist. Ich spüre, wie sich meine früheren Sorgen über uns verflüchtigen. Joan hatte mir gesagt, daß gewisse Aspekte einer Beziehung sich sozusagen häuten und dann in einer anderen Struktur, Form oder Farbe wieder auftauchen.
»It’s a little bit funny, this feeling inside...«,
singt Elton. Wie nett, wieder Gefühle zu spüren, warme Gefühle gegenüber meinem Mann. Wir sind wieder am Anfang. Gnade geschieht, wenn man offen ist, einladend und bereit zu empfangen. Sei immer zum Tanzen bereit. Das ist Joans Motto. Ich bin nicht länger das Mauerblümchen.
    »Tja, das war mit Sicherheit ein interessanter erster Abend«, unterbricht Robin meine Gedanken und nimmt noch einen Schluck Champagner. »Du, ich, eine alte Dame und eine Bar.«
    »Ein Hinweis auf all die anderen guten Dinge, die folgen werden«, erwidere ich.

|85| Liebesknoten
    »Wo willst du hin?« fragt Robin, als ich Papiere und Notizbücher in meine Aktentasche stopfe, bereit, mich in diesen kalten und windigen Januartag hinauszubegeben.
    »In mein Büro«, antworte ich knapp, da ich meinem Zeitplan, zu dem ich mich Neujahr entschlossen habe – fünf Tage in der Woche von acht bis eins zu schreiben   –, bereits eine halbe Stunde hinterherhinke.
    »Ich wußte gar nicht, daß du eins hast«, sagt er verwirrt und mehr als neugierig. »Hast du eins gemietet?«
    »Nein, du Dummkopf«, erwidere ich, während ich mir rasch mit der Bürste durch das Haar fahre und Lippenstift auftrage. »Ich hab dir doch gesagt, daß mir Joan Erikson einen Raum in ihrem Haus angeboten hat.«
    »Aber du schienst doch ganz zufrieden mit dem Platz, den du dir auf der Veranda eingerichtet hast. Warum kannst du da nicht arbeiten?«
    »Das war, bevor ich damit begann, über mein allein verbrachtes Jahr zu schreiben. Jetzt, nachdem du zurückgekehrt bist, kann ich das nicht mehr. Deine Anwesenheit bringt mich immer wieder in das Hier und Heute zurück, wo ich doch versuche, mich an das Gewesene zu erinnern.«
    Er wirkt auf eine Weise verloren, die mich früher an seiner Seite festgehalten hätte, heute jedoch nicht mehr. Ich greife nach meinem Parka, dem Schal und den Autoschlüsseln. »Hast du irgendwas vor?« frage ich, bemüht, ein mildes Interesse an seinem Tag zu zeigen.
    |86| »Na ja, Golf kann ich bei dem Wetter nicht spielen. Ich weiß nicht, was ich machen werde.«
    »Also dann sehen wir uns heute abend zum Essen«, sage ich, gehe hinaus und gratuliere mir dazu, meine wertvolle Zeit geschützt zu haben. Joan und ich haben an den Tagen, an denen Robin Golf spielt, ein wenig Zeit für uns gefunden. Darüber hinaus war sie gelegentlich bei uns zum Essen, und ich nehme sie weiterhin mit in die Kirche und zu besonderen Veranstaltungen. Aber die kostbaren

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