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Spaziergang am Meer: Einsichten einer unkonventionellen Frau

Spaziergang am Meer: Einsichten einer unkonventionellen Frau

Titel: Spaziergang am Meer: Einsichten einer unkonventionellen Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan Anderson , Susanne Aeckerle
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Mittagessen vorzubereiten.
    Während ich damit beschäftigt bin, eine Dose Thunfisch mit so viel Gemüse zu vermischen, wie ich finden kann, habe ich das ängstliche Gefühl einer Schülerin, die ihre Hausaufgaben nicht erledigt hat. Und doch hat Joan sich nicht in die Rolle der Zuchtmeisterin gedrängt. Es ist wieder mal mein verdammtes Ego, das mir einredet, mehr sein zu wollen, als ich bin oder scheine. Warum nicht einfach gestehen und schauen, womit sie mir helfen kann? Habe ich nicht oft genug erlebt, wie Schriftsteller bei ihr angeklopft und um Rat gefragt haben?
    Als wir unsere Suppe aus Tonschälchen trinken, die sie vor Jahren getöpfert hat, kommt die unvermeidliche Frage: »Also, meine Liebe, wie ist es gelaufen? Was kannst du mir vorlesen? Ich möchte zu gerne wissen, in welche Richtung deine Gedanken dich führen.«
    Ich verschwende keine Zeit, lege meine Verzweiflung sofort offen. »Tut mir leid, das sagen zu müssen, aber ich komme nicht weiter. Das einzige, was mir in dieser ganzen Woche eingefallen ist, ist ein Thema   – Ebbe. Bei meinem Weglaufen fühlte ich mich wie bei einer Gezeitenwende – weder kommend noch gehend, einfach nur im Stillstand. Leider muß ich nach einem Jahr ständiger Meditation und Reflexion zu meiner |122| Schande gestehen, daß ich nach wie vor keine Klarheit gefunden habe und bei mir Stillstand herrscht, einfach Ebbe ist. Auf jeden Fall gelingt es mir nicht, meine Entwicklung in Worte zu fassen.«
    »Du hast einen Anfang«, ermutigt mich Joan. »Genauer gesagt, du hast mehr als das – ein Konzept, und dazu ein gutes. Dieser Prozeß braucht Zeit. Du kommst langsam aus dir heraus, wenn du wirklich auf dein Herz hörst. Man kann Seelenarbeit nicht in einen Zeitrahmen pressen.«
    Ihr Mitgefühl und ihre Ermutigung erleichtern mich. Warum war ich eigentlich so nervös? Ich beiße in mein Sandwich, fühle mich erst mal neu belebt.
    »Ich muß mich oft selbst daran erinnern, wenn ich Gedanken erzwingen will. Deswegen habe ich das Gedicht von Mark Van Doren auf meinem Schreibtisch liegen,« sagt sie und zitiert ein paar Zeilen:
    Langsam sammelt sich Wissen
    Goldener Staub am Nachmittag
    Irgendwo zwischen der Sonne und mir
    Manchmal so nahe, daß ich ihn sehen kann
    Doch setzt er sich weder spät noch früh.
    »Trifft doch zu, nicht wahr?«
    »Vielleicht für dich, aber ich bin keiner dieser Menschen, die gut warten können, bis die Dinge langsam zusammenkommen. Außerdem habe ich noch ein anderes, eher technisches Problem mit dem Schreiben.«
    »Welches denn, Liebes?«
    »Ich finde es unmöglich, in der ersten Person zu schreiben. Ich meine, wen interessiert es, was ich zu sagen habe? Ich bin nicht so bekannt wie du. In Wahrheit bin ich so was wie ein Niemand.«
    »Also, du bist jemand, der von der Norm abgewichen ist, |123| soviel ist sicher. Aber ich muß sagen, es verwundert mich überhaupt nicht, daß du Schwierigkeiten hast, über dich zu schreiben. Das ist eine Angewohnheit, die ich bei all deinen sozialen Interaktionen beobachtet habe. Du neigst dazu, dich damit zufriedenzugeben, anderen die Bühne zu überlassen, deine Meinung für dich zu behalten, um Konflikte zu vermeiden, dich folglich selbst vollkommen herauszuhalten.«
    »Und was kann ich dagegen tun?«
    »Du hast bereits damit angefangen, ob es dir klar ist oder nicht, indem du so vielen nicht zu beantwortenden Fragen mit einer gleichgesinnten Freundin nachgegangen bist.«
    »In gewisser Weise kommen mir unsere Gespräche wie Betrug vor. Wir reden, ich lerne, aber dann sinken diese Gedanken in mein Bewußtsein ab, und ich habe bisher noch keinen Weg gefunden, sie zu Papier zu bringen.«
    »Hör mal, Liebes, du befindest dich in einer generativen Phase deines Lebens und löst die Aufgabe verdammt gut, der Realität ins Gesicht zu schauen. Nun, das Gegenteil von Generativität ist Stagnation. Bäh! Allein das Wort sollte dich in Fahrt bringen.«
    »Aber wie mache ich es, von meinem Kopf in meinen Körper zu gelangen? Das ist die Frage!«
    »Es ist schwierig, eine Trennlinie zwischen Gedanken und Gefühlen zu ziehen, aber es würde dir nicht schlecht anstehen, dein Gefühlsleben mehr zu würdigen, als du es tust.«
    »Und?« bohre ich nach, da sie Gedanken zu formulieren scheint, an denen ich mich festhalten kann.
    »Abenteuer bringen dich auf die Gefühlsebene und halten den Verstand in Zaum. Erlaube deiner Phantasie und deinen Gefühlen, jedes Bild zu verfolgen, das dich berührt. Erinnerst du dich, wie wir den

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