Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spaziergang im Regen

Spaziergang im Regen

Titel: Spaziergang im Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Barnard
Vom Netzwerk:
sollte.
    Shara war fest davon überzeugt, dass sie sich wieder versöhnen könnten, wenn sie nur eine Gelegenheit bekäme, mit Jessa zu reden und ihre eigenen kindischen Ängste zu erklären, die ihre Handlungen gelenkt hatten. Letzten Endes war Jessas Verhalten ja ähnlich unverhältnismäßig gewesen.
    Aus einer so intensiven Beziehung wie der ihren wegzulaufen, in der sie beide so wahnsinnig glücklich waren, war einfach nur widersinnig. Aber es war nun deutlich, dass sie beide lange vorher Bedenken gehabt haben mussten, noch bevor eine der anderen einen Grund dafür gegeben hatte, so unsicher zu sein. Es war ihr großes Pech, dass sie sich in eine Frau verliebt hatte, die genauso starrsinnig war wie sie, was das Lösen ihrer Probleme fast unmöglich machte.
    »Frau Quinn! Frau Quinn! Einmal lächeln, bitte!« Die Stimme des Photographen durchbrach ihre Gedanken, und sie gab der Aufforderung automatisch nach.
    »Shara! Meinen Sie, dass Sie gewinnen werden?« rief eine andere Stimme hinter ihr.
    »Ich bin mir nicht sicher, dass ich es verdient hätte, aber ich hoffe, dass Maestra gewinnt. Es ist ein wunderbarer Film, und es war eine einmalige Gelegenheit für mich.«
    Mehr Fragen stürmten auf sie ein, und sie antwortete den Reportern, die am nächsten standen oder deren Fragen einfach genug waren, um sie in einem Satz zu beantworten. Nach einigen Minuten erschien ein Sicherheitsbediensteter und verkündete der Presse und den Fans, dass Shara nun gehen musste. Er begleitete sie auf dem roten Teppich den Rest des Weges ins Innere der Roy Thomson Hall.
    Als Shara hinter der Eingangstür verschwand, riss Jessa ihren Blick vom Fernsehbildschirm. »Was ist denn so lustig?« fragte sie ungeduldig, als sie Lisas breites Grinsen sah.
    »Du. Du bist zum Brüllen. Du weißt, dass du einen super Platz im Zuschauerraum haben könntest. Du hättest einfach nur zu fragen brauchen.«
    »Geh mir nicht auf den Sack«, erwiderte Jessa grob, und Lisas Grinsen schlug in Gackern um.
    »Ich hole uns mal den Nachtisch, dann können wir hier essen.«
    »Bring auch gleich noch die Weinflasche mit, wo du schon dabei bist«, murrte Jessa und entschied dann, sie lieber selbst zu holen.
    Sie stand auf, ging nach draußen und holte die Reste vom Abendessen herein, stellte das Geschirr in die Spülmaschine und wollte sich gerade daranmachen, die Töpfe zu schrubben und die Küche sauberzumachen, als Lisa zu ihr hinüberrief: »Hörst du bitte mal damit auf, dort herumzufuhrwerken? Komm endlich her und setz dich hin!«
    Widerwillig setzte sich Jessa zu Lisa aufs Sofa. Lisa erbarmte sich ihrer und wechselte das Thema, indem sie Jessa von Pauls neuesten Heldentaten berichtete. Er schrieb für eine Londoner Radiosendung, die sich damit brüstete, die verrückteste Morgensendung von allen auszustrahlen, und Lisa war überzeugt, dass er sich nur deshalb darauf eingelassen hatte, weil er selbst nicht ganz zurechnungsfähig war. Sie heiterte Jessa so sehr mit Pauls sogenannten Recherchen auf, dass es ihr fast gelang, ihre Aufmerksamkeit so lange auf sich zu ziehen, bis die Anwärterinnen auf den Titel ›Denkwürdigste Darbietung‹ verkündet wurden.
    Trotz allem was passiert war, sprang Jessa auf und jubelte, als Shara gewann. Lisa freute sich auch für Shara, aber Jessa schaute so stolz drein, dass sie sie am liebsten gedrückt hätte. Lisa fand, dass die Art und Weise wie Shara und Jessa sich verhielten, ziemlich lustig war – wenn das Ganze nur nicht so tragisch gewesen wäre.
    Shara bestieg vorsichtig die Bühne, wobei ihr so war, als könnte sie ihre eigenen Bewegungen aus der Ferne beobachten. Die Taubheit, die dieses unwirkliche Gefühl begleitete, kam ihr gut gelegen; wäre ihr in diesem Moment bewusst geworden, was gerade geschah, wäre sie in Panik ausgebrochen. Sie nahm die kleine Gedenktafel entgegen, die ihr von einem berühmten Produzenten überreicht wurde, und ließ sich von ihm auf beide Wangen küssen, bevor sie ans Mikrophon trat.
    Ich habe gewonnen. Die Worte hatten keine Bedeutung für sie. Ich stehe hier vor allen, die in der Filmbranche etwas zählen, und mir schießt in den Kopf, dass ich unter den Achseln schwitze. Plötzlich begann das verschwommene Gesichtermeer sich aufzulösen, und mit jedem Gesicht, das sie nun erkannte, geriet sie mehr und mehr in Panik. Sie suchte nach einem Gedanken, der sie beruhigen würde, und dabei kam ihr sofort eine bestimmte Person in den Sinn. Jessa .
    Mit einem Mal erkannte sie die

Weitere Kostenlose Bücher