Special Edition: Alarmstufe Blond & Vor Liebe wird gewarnt (German Edition)
Schrank.
»Ach, Herr Herford«, lachte die junge Frau. »Da landen Sie ausgerechnet an Ihrem letzten Tag bei uns in der Garderobe.«
Er verzog den Mund zu einem halben Lächeln. Zu mehr fehlte ihm heute die Kraft. »Sie kommen aber auch mit einem Schwung herein, da kann es mich alten Mann schon mal aus den Socken hauen.«
Sie lachte wieder, wurde danach aber sofort ernst. »Kommt Ihre Frau, um Sie abzuholen?«
»Das denke ich nicht«, erwiderte er leise. »Sie war schon seit einigen Tagen nicht mehr hier.«
»Und Ihre Kinder?«
»Die auch nicht.«
»Das tut mir sehr leid. Ich habe von der Scheidung gehört. Ich glaube, jeder im Krankenhaus kennt inzwischen Ihre Geschichte.«
Er nickte kläglich. Dass ihre Idee, noch ein wenig das Leben zu spüren, solche Konsequenzen haben würde, daran hatten sie im Traum nicht gedacht. Er wollte der Schwester noch etwas dazu sagen, als es plötzlich an der Tür klopfte.
Die Schwester wandte sich um, auch Georg lugte sehnsüchtig zur Tür, in der Hoffnung, dass Doro vielleicht doch noch auftauchen würde, aber eine fremde alte Frau stand da. Neben ihr ein Mann um die fünfzig.
»Bin ich hier richtig bei Georg Herford?«, fragte die Unbekannte.
»Ja«, antwortete die Schwester, »dann lass ich Sie mal allein.«
»Hallo Georg«, sagte die Besucherin, als sie dem Alten gegenüberstand, der sich noch schnell die Hosenträger hochzog.
»Guten Tag«, entgegnete er erstaunt und kniff die Augen zusammen in der irrigen Annahme, die Fremde dann vielleicht identifizieren zu können.
»Du erkennst mich nicht? Ich bin Renate. Das hier ist Ludwig.«
Georg hatte das Gefühl, er bekäme gleich wieder einen Herzinfarkt. Aber glücklicherweise täuschte ihn sein Gefühl. Sein Herz schlug eine Spur schneller, aber es schlug regelmäßig und sicher.
Doch er musste sich setzen. »Was macht ihr denn hier?«
»Ich habe dich in der Scheidungsshow gesehen, gleich beim ersten Mal, doch da habe ich mich noch nicht getraut, dich zu kontaktieren. Erst als sie dir erzählt haben, dass du noch einen Sohn hast, wollte ich dich unbedingt wiedersehen. Ich hatte ja keine Ahnung, ob du noch lebst, und als ich dich hier so liegen sah, und wie verdattert du über die Enthüllung um dein Kind warst, von dem du gar nichts gewusst hast, dachte ich, ich muss sofort Kontakt zu dir aufnehmen. Ich habe Ludwig angerufen und wir haben beschlossen, wir kommen dich besuchen. Und hier sind wir.« Sie holte tief Luft nach dieser langen Erklärung.
»Das ist eine Überraschung.« Er hatte Mühe, die richtigen Worte zu finden. In seinem Kopf stoben unzählige Gedanken bunt durcheinander und er versuchte verzweifelt, sie zu sortieren, damit sie Sinn ergaben. »Das ist also Ludwig?«, fragte er schließlich.
»Ja, ich bin Ludwig.« Der Mann gab Georg die Hand. Er wirkte nicht unbedingt überschwänglich, aber immerhin auch nicht feindselig.
Georg schüttelte die dargebotene Hand und versuchte ein weiteres Lächeln. »Du musst mich für herzlos halten, dass ich mich all die Jahre nicht um dich gekümmert habe, aber ich hatte keine Ahnung, dass es dich gibt.«
Er nickte. »Ich weiß.«
»Und durch die Mauer konnte ja keiner mehr zum anderen fahren.«
»Ich weiß«, wiederholte er.
Die beiden Männer sahen einander an, jeder suchte im Gesicht des anderen nach Ähnlichkeiten. Vielleicht waren es die hohe Stirn, die abstehenden Ohren, das energische Kinn. Ludwig hatte die Augen seiner Mutter geerbt, auch ihre feine Nase. Der Rest stammte offensichtlich von Georg.
Der alte Mann versuchte wieder ein Lächeln. Er besaß dafür zwar jetzt noch weniger Kraft als vorhin, aber er musste es tun.
Ludwig lächelte zurück.
»Willst du nach Hause fahren?«, fragte Renate dazwischen, als hätte sie den Moment zwischen Vater und Sohn nicht gespürt. »Wirst du gerade entlassen, Georg? Geht es dir besser?«
»Dreimal ja«, erwiderte Georg und riss sich vom Anblick seines Sohnes los. »Ich erinnere mich auf einmal daran, dass du auch früher schon viele Fragen gestellt und viel geredet hast.«
»Du hast mich zwar nur achtmal besucht, wenn du auf Dienstreise warst, aber das hast du dir gemerkt.« Sie lachte. »Dann weiß ich wenigstens, dass du mich nicht ganz vergessen hast. Das ist ein kleiner Trost für all die Jahre, die ich auf dich gewartet und gehofft habe, dass du eines Tages wieder vor meiner Tür stehst. Das Warten und Hoffen war zwar umsonst, aber immerhin sehe ich dich jetzt wieder. Wie gesagt, es ist ein kleiner
Weitere Kostenlose Bücher