Special - Zeig dein wahres Gesicht
Tally, als das Hubbrett noch mehr an Höhe gewann. Dann registrierten ihre Ohren das Schnappen einer Bogensehne und sie ließ sich wieder auf den Boden fallen. Der Pfeil ging weit daneben - wer immer ihn abgeschossen hatte, rannte jetzt selber. Überall wimmelte es von Gestalten in Tarnanzügen, und um sie herum erwachten weitere Bretter brummend zum Leben. Die Smokies erhoben sich in die Luft.
Tally drehte an ihrem Auffangarmband, aber es kam keine Reaktion. Die Smokies hatten alle vier Bretter der Specials erobert - Tally saß hier unten fest, wie eine Zufallswanderin, die sich im Wald verirrt hat.
Sie schüttelte ungläubig den Kopf. Woher hatten die Smokies die Tarnanzüge? Und seit wann schossen sie auf andere? Wie hatte dieser leichte Einsatz dermaßen fehlschlagen können?
Sie verband ihre Hautantenne mit dem Netzwerk der Stadt, um Dr. Cable zu informieren. Dann zögerte sie, als ihr Shays Befehl einfiel. Keine Anrufe, egal, was passierte - sie musste gehorchen.
Alle vier Hubbretter hingen jetzt in der Luft, die Hubrotoren sonderten orangefarbenes Hitzeflimmern ab. Tally konnte Shay bewusstlos in Davids Armen hängen sehen und die glühenden Umrisse eines weiteren Specials, der auf einem anderen Brett davongetragen wurde.
Tally fluchte. Tachs lag noch immer auf dem Boden, also hatten sie auch Fausto erwischt. Sie musste einfach Verstärkung anfordern, aber das würde Shays Befehlen widersprechen ... Ein Ping kam durch das Netzwerk.
„Tally?“, fragte eine Stimme in der Ferne. „Was ist da draußen los?“
„Ho! Wo steckst du?“
„Ich folge euren Fährtenlegern. In ein paar Minuten bin ich da.“ Er lachte. „Du wirst nicht glauben, was der Typ auf der Fete mir erzählt hat. Der, mit dem deine Smokey getanzt hat.“
„Ist jetzt egal. Mach einfach, dass du herkommst!“ Tally starrte in die Luft und beobachtete frustriert, wie die Bretter der Schlitzer sich immer höher in den dunklen Himmel schoben. In einer Minute würden die Smokies endgültig verschwunden sein.
Es war zu spät, um reguläre Specials zu rufen, zu spät für überhaupt alles ...
Wut und Frustration schäumten in Tally auf und drohten sie zu überwältigen. David würde sie nicht besiegen, diesmal nicht! Sie konnte es sich nicht leisten, die Ruhe zu verlieren.
Sie wusste, was sie zu tun hatte.
Tally krümmte ihre rechte Hand zur Klaue und bohrte die Fingernägel ins Fleisch ihres linken Arms. Die feinfühligen Nerven, die in ihre Haut eingewebt waren, schrien auf, eine Sturzwelle aus Schmerz durchjagte sie und drohte in ihrem Gehirn einen Kurzschluss auszulösen.
Aber dann war der besondere Moment da und eisige Klarheit trat an die Stelle von Panik und Verwirrung. Sie sog keuchend die kalte Luft in sich auf...
Natürlich. David und die andere Smokey hatten ihre eigenen Hubbretter aufgegeben. Und die mussten hier irgendwo in der Nähe liegen.
Sie drehte sich um und rannte zurück in Richtung Stadt, suchte in der Dunkelheit nach dem vage erinnerten Geruch Davids.
„Was ist passiert?“, fragte Ho. „Wieso bist du als Einzige online?“
„Wir sind ausgetrickst worden. Still jetzt!“
Lange Sekunden später fing Tallys Nase etwas auf: Davids Geruch dort, wo seine Hände poliert und eingestellt hatten, wo bei der Hetzjagd sein Schweiß niedergegangen war. Die Smokies hatten sich nicht die Mühe gemacht, ihre altmodischen Bretter mitzunehmen. Also war Tally nicht vollkommen hilflos.
Ein Fingerschnippen ließ Davids hastig unter Fichtennadeln verstecktes Brett in die Luft steigen. Sie sprang auf und ohne die Stabilität, die die Hubrotoren ermöglichten, wackelte es unsicher, wie das Ende eines Sprungbrettes. Aber Tally war vor Monaten auf genau so einem Brett unterwegs gewesen und für den Moment reichte es.
„Ho, ich komme dir entgegen!“ Das Brett schoss am Stadtrand entlang und beschleunigte, als die Hubvorrichtung Kontakt zum magnetischen Gitter fand.
Sie stieg zwischen den Bäumen auf und suchte den Horizont ab. In der Ferne flackerten die Smokies auf, die Körper ihrer zwei Gefangenen leuchteten wie Glut in einem Feuer.
Tally schaute zu den Sternen hoch und berechnete Winkel und Richtungen ...
Die Smokies steuerten den Fluss an, wo sie magnetische Triebkraft nutzen konnten. Da jedes Brett zwei Personen trug, brauchten sie alle Hubkraft, die sie bekommen konnten. „Ho, du steuerst den Westrand der Naturzone an. Beeil dich!“
„Warum?“
„Um Zeit zu gewinnen!“ Sie musste ihre Beute im Blick behalten.
Weitere Kostenlose Bücher