Special - Zeig dein wahres Gesicht
noch niemals Specials gesehen, von narbigen und wild tätowierten Schlitzerinnen ganz zu schweigen. Aber sie wirkten nicht verängstigt - was bei allen normalen Blubberköpfen der Fall gewesen wäre -, sondern nur neugierig.
Natürlich wurden Maddys Nanos jetzt schon eine ganze Weile lang herumgereicht. Und die Krims waren zweifellos die Ersten, die etwas ausprobierten, das sie möglicherweise prickelnd machte.
Wie könnte man eine Stadt regieren, in der es nur Krims gab? Statt sich wie die meisten anderen an die Vorschriften zu halten, würden sie ständig Sachen mitgehen lassen und immer neuen Unfug anrichten. Und hätte man es dann nicht irgendwann mit echter Kriminalität zu tun - blinde Gewalt und sogar Mord -, wie damals in den Tagen der Rusties?
„Na gut“, sagte Shay. „Dann los.“ Sie zog den Legierungsschneider hervor.
Die Krims streiften sich die Interface-Ringe vom Finger. Dann verteilte Peris die Ballons und jeder befestigte seinen Ring an einer baumelnden Leine.
„Clever“, sagte Tally und Peris strahlte sie zufrieden an. Wenn die Ballons mit den Ringen davonflogen, würde es im Interface der Stadt aussehen, als ob die Krims gemeinsam einen gemütlichen Hubbrettausflug machten und sich dabei auf typische Blubberkopfweise vom Wind treiben ließen.
Shay machte einen Schritt auf Zane zu, aber er hob die Hand. „Nein, ich möchte, dass Tally mich befreit.“
Shay stieß ein kurzes, bellendes Lachen aus und warf Tally den Schneider zu. „Dein Junge hat Sehnsucht nach dir.“
Tally holte langsam Atem, als sie zu Zane hinüberging. Sie würde es nicht zulassen, dass er ihr das Gehirn verdrehte, das schwor sie sich. Doch als sie die Hand nach der Metallkette ausstreckte, streiften ihre Finger seinen nackten Hals und ein Schauer durchlief sie. Ihre Augen fixierten das Halsband, aber dass sie so dicht vor ihm stand, die Fingerspitzen nur Zentimeter von seiner Haut entfernt, weckte vertraute, schwindelerregende Erinnerungen in ihr.
Doch dann sah sie, wie Zanes Hände zitterten, und abermals stieg der Ekel in ihr auf. Der Krieg in ihrem gehirn würde erst ein Ende finden, wenn Zane ein special wäre – mit einem ebenso perfekten Körper, wie sie ihn hatte.
„Stillhalten“, sagte sie. „Das hier ist heiß.“
Tally trübte ihren Blick ein, als der Schneider zum Leben erwachte, ein Funken sprühender blauweißer Regenbogen in der Dunkelheit. Die Hitze traf ihr Gesicht, als ob sie einen Ofen geöffnet hätte, und der Gestank von verbranntem Kunststoff erfüllte die Luft.
Jetzt zitterten ihre Hände.
„Mach dir keine Sorgen, Tally. Ich vertraue dir.“
Sie schluckte, schaute ihm aber noch immer nicht in die Augen. Sie wollte deren wässrige Farbe nicht sehen oder Zanes Gedanken, die so deutlich in seinem Gesicht zu lesen waren. Sie wollte nur, dass er endlich loszog, dass er in der Wildnis verschwand, wo er von den Smokies gefunden, wieder eingefangen und endlich erneuert werden könnte.
Als der leuchtende Bogen des Schneiders das Metall berührte, hörte Tally, wie ein Warnungs-Ping sie durchlief. Es war ein stadtübliches Verfahren: Das Halsband war darauf programmiert, ein Signal zu senden, wenn es beschädigt wurde. Jeder Wächter in der Nähe hatte dieses Ping ebenfalls gehört.
„Lasst die Ballons fliegen“, sagte Shay. „Sie werden bald hier sein.“
Der Bogen durchschnitt die letzten Millimeter der Kette und Tally nahm sie mit beiden Händen von Zanes Hals. Sie bemühte sich, seine Haut nicht mit den glühenden Enden zu berühren.
Ihre Arme waren noch erhoben, als Zane ihre Handgelenke packte. „Versuch dein Denken zu ändern, Tally.“
Sie riss sich los von seinem Griff, der nicht stärker war als die Fäden eines Spinngewebes. „Mein Denken ist völlig in Ordnung so.“
Seine Fingerspitzen glitten an ihrem Arm hinab, über die Ränder der Schlitznarben. „Und warum machst du dann so was?“
Sie starrte seine Hände an, weil sie sich noch immer davor fürchtete, ihm in die Augen zu schauen. „Es macht uns eisig. Das ist, wie prickelnd zu sein, nur viel besser.“
„Was fühlst du denn nicht, dass du das hier tun musst?“
Sie runzelte die Stirn und wusste keine Antwort auf diese Frage. Er begriff das mit dem Schlitzen eben nicht, weil er es nie gemacht hatte. Und zu allem Überfluss trug ihre Hautantenne jedes Wort zu Shay weiter ...
„Du kannst dich wieder umpolen, Tally“, sagte er. „Die Tatsache, dass sie aus dir eine Special gemacht haben, bedeutet doch,
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