Speechless (German Edition)
leichtfertig die Feinde erlegte und die Bomben scharfmachte, ohne erlegt zu werden.
Ein Blick auf die Finger Eneas’, dann ein Blick in das konzentrierte Gesicht. Der Typ war einfach vollkommen in diesem Genre. Faszinierend, wenn man ihn fragte.
Aus den Lautsprechern des Fernsehers vernahm man nur noch die Stimmen der Leute, die per Head-Set miteinander kommunizierten. Meistens waren Franzosen in dieser Lobby. Er verstand nur bruchstückhaft, was da gesprochen wurde. Sehr, sehr bruchstückhaft.
Es klingelte an der Tür und Eneas drückte das Game auf Pause. „Ich geh schon“, meinte Cassiel und sprang auf.
Er lief die Treppe hinunter und öffnete die Tür. Jedoch hob er nur genervt die Augenbraue.
„Was möchtest du?“, wollte er wissen, als er in Darrens Gesicht sah.
„Ist Eneas da? Er hat nicht auf meine SMS...“
„Braucht er auch nicht. Verschwinde“, meinte Cassiel nur nüchtern zurück.
„Ich will ihn aber sehen! Das war den Abend ein Versehen. Ich will mich doch nur entschuldigen!“
Jedoch fuhr in diesem Moment auch Ravens Auto vor und so schnell hatte Cassiel wohl noch nie jemanden aus dem Auto steigen sehen.
„Hey! Kleine Pussy!“, rief Raven auch gleich schon über den gesamten Vorgarten und kam schnell zu ihnen. „Sieh zu, dass du aus meinem Vorgarten verschwindest, bevor ich dich in Stücke reiße!“, drohte Raven und selbst Cassiel bekam eine unangenehme Gänsehaut bei dem dunklen Tonfall.
Nur Darren schien es nicht sonderlich zu beeindrucken. Nicht einmal Ravens breite Statur schien ihn irgendwie einzuschüchtern.
„Hol Eneas runter. Frag ihn, ob er diesen Sparten hier überhaupt sehen will.“
Cassiel nickte und ging bis zur Tür. „Eneas? Für dich“, rief er die Treppe hoch und wenig später hörte er schon die bollernden Schritte der schweren Stiefel wegen die Treppe hinunter kommen. Eneas nahm die letzten Treppen in einem Satz und blieb mit einem äußerst angepissten Gesichtsausdruck vor der Tür stehen.
„Eneas. Lass mich das bitte erklären!“, begann Darren und wollte schon ins Haus, nur fasste Raven ihn hart an der Schulter und hielt ihn von eben diesem Vorhaben ab. „Bitte. Es tut mir leid! Du hast nicht auf meine SMS reagiert… Ich dachte, ich komme vorbei… Persönlich und so…“
Doch folgte von Eneas nur eine Erklärung, die in der Kombination mit dem Gesichtsausdruck deutlich genug gewesen sein müsste. Selbst für Cassiel, der eigentlich nichts verstand, waren diese Gesten kein Rätsel, wenn er nur in diese Augen sah. Die schrieen ja schon förmlich ‚Fick dich!’.
„Aber…“
„Du hast es gehört, Freundchen“, zischte Raven und drehte Darren ohne Probleme um. „Sieh zu, dass du verschwindest und nicht wieder kommst. Haben wir uns verstanden?“
„Das…“
„Hau endlich ab. Sonst reiß ich dir deinen Kopf runter!“, schrie Raven ihn an und stieß ihn nicht einmal fest gegen die Brust. „Verpiss dich endlich!“
Cassiel beäugte das alles mit einer gewissen Genugtuung und lächelte in sich hinein. Er mochte diesen Kerl ohnehin nicht.
Jedoch sah er schon, wie Eneas Laune auf einmal doch sehr getrübt war.
Das schlägt ja schneller um, als sonst was, dachte er sich und stieß nahe an die Grenze der Verzweiflung. Es war doch gerade noch alles ok und dann auf einmal? So schnell?
Ab da an ging jeder der Drei seinen eigenen Dingen nach. Raven hing über irgendwelchen Vorbereitungen für den morgigen Unterricht, Eneas hatte sich oben verbarrikadiert und er selbst saß auf dem Bett seines Gästezimmers – hatte den Pin für den Router erhalten – und surfte auf irgendwelchen Seiten, ohne auch nur den Hauch einer richtigen Beschäftigung.
Gegen halb neun am Abend klopfte es zaghaft an seiner Tür. Er rechnete ja erst damit, dass Eneas sich wieder einbekommen hatte, doch war es Raven, der in der Tür stand, als diese geöffnet wurde.
Er sah fertig aus.
„Könntest du mal hoch gehen? Bitte?“, wollte dieser wissen.
„Warum?“, harkte er nach.
„Ich stand gerade eine halbe Stunde vor seiner Tür… Er gibt keinerlei Antwort und ich höre nichts aus der Wohnung dort oben…“
Cassiel stellte das Notebook auf die Matratze und stand auf. „Und du meinst, ich bekomme ihn dazu, aufzumachen?“
„Ich weiß es nicht. Ich will die Tür nicht aufbrechen müssen.“
„Ich geh’ eben …“, versicherte er ihm und ging an ihm vorbei, lief die Treppe hinauf und klopfte wenigspäter auch schon an der Tür.
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