Speechless (German Edition)
und richtete seinen Blick sogleich aus dem Fenster, nachdem Claire auch eingestiegen war. Was sollte er denn nun auf ihre Worte sagen?
Ihm fiel ja nicht einmal etwas ein, um seine eigene Situation zu beschreiben.
Deswegen dauerte es auch nicht lange, bis Claire ein paar Straßen weiter an den Straßenrand fuhr. „Was ist los bei dir?“, stellte sie ihm die Frage und schaltete den Motor aus.
„Nichts“, log er schnell. Dabei war so viel mehr los. Nur wie sollte er das erklären?
„Lüg mich nicht an“, warnte sie ihn vor. „Du hast dich die ganze Zeit gefreut, Eneas und Raven wieder zusehen und dann das? Du kommst wie gestochen die Treppe hinuntergelaufen? Was ist passiert?“
Eine ganze Weile schwieg er einfach, sah aus dem Fenster und versuchte seine Gedanken wenigstens ein wenig Ordnung zu gönnen – ohne Erfolg.
„Er hat mich geküsst“, brachte er dann einfach heraus.
„Eneas?“
„Hm, wer sonst?“
Ihre Frage war unnötig gewesen, aber er verstand es ja selbst nicht. Warum hatte Eneas das getan? So wusste dieser doch genau, wie es um Cassiel stand.
Aber auf der anderen Seite wusste Cas ja nicht einmal mehr, wie es um ihn stand.
„Und?“, wollte Claire wissen.
„Was und?“, harkte er nach. Er verstand es nicht.
„Wie war es?“
„Komisch. Er ist ein Kerl verdammt noch mal!“, wetterte er los und schlug gegen die Tür, ehe er sie kurz ansah. „Ich wollte ein Freund für ihn sein, aber kein Liebhaber verdammt noch mal!“
„Hat er das vielleicht falsch verstanden?“
„Ich habe ihm damals direkt gesagt, dass ich nicht schwul bin und niemals etwas von ihm wollen würde. Er weiß das auch.“
„Hast du was getan, was er falsch interpretieren konnte, will ich wissen? Als Raven gerade schon von der nichtexistenten Beziehung zu diesem Darren sprach , hattest du einen sehr erleichterten Gesichtsausdruck…“
„Ich habe ihn nur gefragt, ob er mit Darren zusammen war. Ich kenne diesen Typen und ich wollte einfach wissen, ob ich hochfahren und Darren eine verpassen muss…“, erklärte Cassiel sich und lehnte sich komplett in dem Autositz zurück.
„Das hat er wohl falsch verstanden, Cas. Ich will es nicht auf seine Krankheit schieben, aber er sieht in dir mehr als nur einen Freund.“
„Ja, das nennt man Liebe, Claire!“
„Sht. Nicht laut werden, Cas. Sieh doch mal… du bist sein Beschützer, sein Schutzengel, nicht wahr? Hast du ihn nach dem Grund gefragt?“
„Nein, ich bin einfach gegangen“, seufzte Cassiel.
„Soll ich zurückfahren? Es ist nicht gut für ihn, wenn du ihn einfach so stehen lässt.“
„Ich kläre das morgen mit ihm. Ich muss darüber nachdenken und überlegen, was ich sage… Ich will ihm nicht noch mehr wehtun. Darren hat das schon zu Genüge getan.“
„Du bist nicht der typische Herzensbrecher, Cas. Mach dir keine Sorgen darum… Ja? Aber …“, meinte sie dann. „Hat er sich denn nie in irgendeiner Form ein wenig verraten?“
„Wir hatten schon immer ein Verhältnis der anderen Art zu einander. Da war von Anfang an mehr Vertrauen – blindes Vertrauen. Frag mich nicht wie oder warum. Aber es war einfach da.“
Er wusste nicht, wie er das erklären sollte. Für ihn war es selbst unerklärlich.
Es war seit der ersten Sekunde irgendwas da gewesen. Und es war anders, als bei all seinen Kumpels und Freundinnen vorher gewesen.
Sogar Gebärdensprache lernte er für ihn!
„Du bist sein Schutzengel“, lächelte Claire ihm entgegen und Cassiel verdrehte daraufhin nur die Augen.
Als ob er das nicht von Raven und Eneas selbst oft genug gehört hätte… Er war ja nicht einmal in der Lage, sich selbst zu schützen, wie sollte er es da bei jemanden wie Eneas schaffen?
Als er endlich zu Hause war und in seinem Bett lag, starrte er noch stundenlang an die Decke.
Er wusste nicht, wie er das alles einordnen sollte. Es war einfach zu viel. Vor allem verstand er Eneas nicht. Warum hatte dieser in keiner der Chat- oder SMS-Konversationen jemals etwas davon erwähnt? Warum hatte er ihn nicht wenigstens ein bisschen vorwarnen können, anstatt ihn einfach zu küssen?
Hatte er vielleicht die falschen Zeichen gesendet, weil er sich so um ihn gesorgt hatte? Dabei hatte er ihm doch von Anfang an gesagt, wie die Dinge von seiner Seite aus standen.
Er hatte nichts mit Männern – allein die Vorstellung war irgendwie komisch.
Es war wie ein Stoß in ein Becken, welches mit Eiswasser gefüllt war. Und zwischen all diesen
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