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Speichelfaeden in der Buttermilch

Speichelfaeden in der Buttermilch

Titel: Speichelfaeden in der Buttermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Stermann , Christoph Grissemann
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Krisensitzung angeregt, man möge doch was an die öde Wand hängen. Was weiß ich: Gemälde, Hirschgeweihe, Tierkalender. Gemütlichkeit an die Wände. Schöner arbeiten. Mein Vorschlag wurde begeistert aufgenommen. Im Büro des Chefcontrollers hängt seit gestern ein riesiger Eisbärenkopf von einem Bären, den Blumenau angeblich letztes Jahr in Alaska nur mit psychischer Gewalt niederstreckte. Die jüngeren Mitarbeiter haben sich süße Teletubby- und Ponyfotos über ihre Schreibtische geklebt, ich selbst klopfe gerade meine originalen Keith Harings an die Wand, die ich mir gekauft habe, als ich noch McDonald's-Werbesprecher war und das nötige Kleingeld dazu hatte.
    Die sexuell ausgehungerte männliche Kollegenschaft, ich sage nur Edlinger, Haipl und Duscher, hat sich nahezu ausschließlich in niveauloser Soldatenmanier Pin-up-Fotos an die Wand gehängt. Peinliche Busenbilder, stillose Abbildungen schmollmundiger Blondinen, na ja. Den außergewöhnlichsten Wandschmuck hat sich Andreas Gstettner ausgesucht. Hinter seinem Arbeitsplatz hängt seit heute Morgen ein unglaublich großer getrockneter Mantarochen, den der begeisterte Sportangler Gstettner letzten Sommer sensationellerweise aus dein Neusiedler See gezogen hat. Endlich kommt Leben ins Büro!
    15.2.
    Letzten Samstag hat sich der wie eine blondgelockte Wüstenpython gekleidete Unterhaltungskünstler Gottschalk in der Livesendung die Lippe ein wenig aufgeschlagen. und er moderierte zeitweise wie Dracula himself – ein Blutstropfen lief ihm übers Kinn. Das kann schon mal passieren, liebes Tagebuch. Arbeitsunfälle in der Livesituation sind auch bei FM4 keine Seltenheit. Nachrichtengott Joe Remick wurde 1997 von einer ins Studio fliegenden Biene achtmal hintereinander in den peinlicherweise frei liegenden Podex gestochen. Der souveräne Remick ließ sich nichts anmerken und verlas sogar noch das Wetter fehlerfrei. Der schönen Mirjam Unger platzten 2002 die mit Silikon gefüllten Wangen auf, als sie gerade eine »Strokes«-Nummer ansagte, und ich selbst schnitt mir während der Songcontest-Moderation 1998 aus Versehen mit dem FM4- Buttermesser den kleinen Finger ab. Mein Schrei wurde vom schwedischen Beitrag übertönt.
    In die meisten sogenannten Arbeitsunfälle ist Chefcontroller Blumenau verwickelt. Er läuft schon mal ins Studio und würgt und ohrfeigt Kollegen, die sich unverzeihlicherweise Fehler hinterm Livemikrofon leisten. Dem lieben Herrn Zikmund biss der Chefcontroller sogar einmal ins Schienbein, als dieser fälschlicherweise wagte, Thomas Edlinger mit Donald Edlinger anzusprechen. Ja, FM4 ist ein Profiladen. Man darf sich nichts zuschulden kommen lassen. Wie sagt Grissemann so richtig in seinem Sozialspot: »Gib Acht! 100.000 Arbeitsunfälle pro Jahr sind genau 100.000 zu viel!« und diese 100.000 Arbeitsunfälle beziehen sich ausschließlich auf FM4 . Aufpassen, Tagebuch!
    16.2.
    Liebes Tagebuch, sind in Lech am Arlberg eingeschneit und können nur telefonieren. Ein plötzlicher Wintereinbruch hat uns bei unserer Snowboardtour überrascht. Sind jetzt eingeschlossen in der Hütte »Zum jauchzenden Kosaken«, der Hütte eines russischen Multimillionärs. Wir sind 16 insgesamt, zwölf deutsche Touristen und zwei australische Ureinwohner, die hier als Snowboardlehrer arbeiten. Die Nerven liegen blank, wir haben kaum was zu essen, und die Aborigines reden ständig mit den Geistern ihrer Vorfahren. Es ist kalt hier oben. Ein anwesender Arzt meint, wir sollen viel Wasser trinken, auch wenn wir keinen Durst haben. Mindestens vier Liter täglich. Aber ich glaube das nicht, man geht ja auch nicht aufs Klo, bevor man muss.
    Gott, ist das langweilig, eingeschneit zu sein. Wir halten uns mit albernen Gesellschaftsspielen bei Laune. »Reise nach Jerusalem«, »Mikado« und »Sex«. Ich trinke gegen den Durst jetzt nur noch Magenbitter und Likör. Der Wirt hier oben, Herr Bödele, macht das Geschäft seines Lebens. Man kriegt hier oben übrigens ausschließlich FM4 rein, keinen anderen Sender. Die deutschen Touristen halten sich ständig die Ohren zu. Die wollen »Schnappi« hören. Es ist kalt hier, Tagebuch, sehr kalt. In der Nacht muss ich mich mit einem riesigen Eiswürfel zudecken. Hoffentlich kommt der Rettungshubschrauber bald, sonst drehe ich durch.
    17.2.
    Liebes Tagebuch, ich verrate dir nun eine absolute Vertraulichkeit und bitte dich, es niemandem weiterzusagen. Aber du bist ja mein bester Freund und ich kann dir vertrauen. Nun, also. Die

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