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Speichelfaeden in der Buttermilch

Speichelfaeden in der Buttermilch

Titel: Speichelfaeden in der Buttermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Stermann , Christoph Grissemann
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auf den Boden und sich darauf gelegt und hat im Mistkübel ein Feuer gemacht. »Auf einem Bärenfell vor dem Kamin liegen, herrlich!«, ruft er die ganze Zeit. Dass die Chefin das mitmacht, rechne ich ihr hoch an. Wahrscheinlich macht sie es aus schlechtem Gewissen, denn der vergorene O-Saft stand seit Anbeginn von FM4 in ihrem Büro und sie war zu faul, ihn wegzuschütten.
    30.1.
    Liebes Tagebuch, der wunderbare Praktikant Albert Farkas hat ja 14-mal den alljährlich stattfindenden »Jugend forscht«-Preis der Republik Österreich gewonnen. Und da er erst 17 Jahre alt ist, kann man sich leicht ausrechnen, dass er schon mit drei Jahren höchstbegabt war. Im Zuge seiner vielfältigen Feldforschungen ist aber jetzt leider ein verhängnisvoller Unfall passiert. Er hat aus Versehen einen halben Liter Gegengift getrunken, und wir müssen jetzt dringend eine passende Giftschlange finden, die ihn beißt. Das ist in Wien gar nicht so leicht. Die ganze Redaktion ist ausgeschwärmt, um eine Schlange zu finden. Stermann und ich suchen auf der Kärntner Straße, die Kollegen von »Projekt X« auf der Mariahilfer Straße, Mathias Zsutty sucht im »Flex« und Andreas Gstettner zusammen mit Robert Zikmund und Martina Bauer am Westbahnhof. Laut Albert Farkas müssen wir innerhalb von 15 Minuten das richtige Reptil finden. Ein Wettlauf gegen die Zeit, es geht um Leben und Tod.
    Liebes Tagebuch, in unserer großen Verzweiflung haben wir Susanne Riess-Passer in die Redaktion gebracht, direkt aus einer Wüstenrot-Filiale. Die Königskobra hat ihm in den Hals gebissen, und wir können nur hoffen, dass ihr Biss gegen das Gegengift hilft. Ein Skandal, wie schwer es ist, in Wien eine Giftschlange zu finden. Und dabei soll Wien doch eine Weltstadt sein! Dass ich nicht lache. Der arme Albert ist inzwischen lila angelaufen, seine Ohren sind ganz schwarz und seine Brustbehaarung ist ausgefallen. Susanne Riess-Passer steht entsetzt neben ihm und beißt zur Sicherheit noch einmal zu. Wenn Albert überlebt, hat er zwei Knutschflecken von Riess-Passer am Hals. Auch kein leichtes Schicksal. Wie erklärt er das seinen linksradikalen Freunden im Ernst-Kirchweger-Haus?
    1.2.
    Liebes Tagebuch, ich kann die große Empörung darüber, dass man am diesjährigen Opernball nicht rauchen darf, nicht ganz nachvollziehen. Ich bin selbst schwerer Raucher, Trinker und Esser; aber an knallharte Verbote bin ich hier bei FM4 gewöhnt und kann mir ein Leben ohne gar nicht mehr vorstellen. Hier eine kleine Liste der Dinge, die momentan bei FM4 verboten sind: Löcher in die Luft starren, mit beiden Beinen gleichzeitig am Boden stehen, Rauchen sowieso, mit Verwandten telefonieren, sich mit weniger als 7 km/h Gehgeschwindigkeit durch die Gänge bewegen, Augen reiben, mit krummem Rücken am Schreibtisch sitzen, Musik hören, Kaffee trinken, mit anderen reden und das allerneueste Verbot: »Guten Morgen« sagen.
    Durch das ständige »Guten Morgen«-Sagen gehe nämlich wertvolle Arbeitszeit verloren, meinte der Chefcontroller. Recht hat er. Jetzt nicken wir uns alle zur Begrüßung zu und zwinkern mit den Augen, solange das noch erlaubt ist.
    Ist es nicht mehr, liebes Tagebuch. Das weiß der Grissemann noch nicht, aber das allerallerneueste Verbot aus dem Hause Blumenau heißt: Augen schließen verboten! Das ist ganz schwierig und bedarf höchster Konzentration. Die Netzhäute sämtlicher Mitarbeiter sind drauf und dran auszutrocknen. Christian Davidek und Mona Moore haben sich Zahnstocher zwischen die Lider gesteckt. Sobald auch nur mit der Wimper gezuckt wird, kriegt man sofort mit dem Album der Woche eins übergebraten. Und außerdem wird man zur Strafe mit der Plattennadel in die Iris gestochen. Augen auf also, liebes Tagebuch. Es wird nicht leichter!
    3.2.
    Liebes Tagebuch, jetzt haben sich die durchgeknallten Herrschaften der Promotionabteilung doch glatt noch ein hochalbernes internes FM4- Faschingsfest einfallen lassen, das nächsten Samstag über die Bühne gehen soll. Teilnahme verpflichtend, selbstredend. Das Motto lautet: Being Martin Blumenau. Wir müssen also alle als Blumenau verkleidet kommen. Roter Rollkragenpullover, ausgewaschene Jeans, runde Brille, Kurzhaarschnitt, dazu mindestens zwölf internationale Tageszeitungen eingeklemmt zwischen linkem Arm und Hüfte und weißer Kaffeepappbecher in der rechten Pfote. Das kann ja heiter werden. Musikchef Makossa übt gerade Blumenaus schlurfenden Gang. Gar nicht leicht, weil man immer ein bisschen Kaffee

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