Speichelfaeden in der Buttermilch
man das mit dem heutigen Wissen noch einmal genauer unter die Lupe nimmt. In der Qualifikation spielte Österreich gegen Tschechien, Holland, Moldawien und Weißrussland, eigentlich eine gemähte Wiese, wenn man mich fragt. Dass Österreich dann gegen Holland 3:0 und 3:1 verloren hat und gegen Tschechien 4:0 und 3:2 und gegen Moldawien auch 1:0, das kann ich mir nur mit Schiebung und illegalen Wettgeschäften erklären. Wenn Österreich gegen Holland verliert, ich meine, wer auf so einen Ausgang setzt, der verdient sich ja dumm und dämlich. Wenn ich Hans Krankl wäre, ich würde die FIFA klagen. Vielleicht werden wir am grünen Tisch ja noch Europameister.
Liebes Tagebuch, dieser Schiedsrichter Robert Hoyzer soll regelmäßige Kontakte zur kroatischen Mafia gehabt haben. Hm. Hat Otto Barić da seine Hände drin? Na ja, so ein Toupet, das kostet ja bestimmt einiges, ich könnte ihm keinen Vorwurf machen. Außerdem, mir wäre es egal, wenn der MSV Duisburg aufgrund von skandalösen Entscheidungen auch einmal Champions-League-Sieger wird. Wenn es fair zugeht, haben meine armen Duisburger nie eine Chance. Robert Hoyzer sollte bei der WM 2006 eingesetzt werden, dann kommt Österreich ins Endspiel und wir alle setzen auf einen österreichischen 19:1-Erfolg gegen Brasilien und sind die reichsten Alternative-Sender-Moderatoren der Welt. Elf Freunde müsst ihr sein? So ein Quatsch. Mit dem Schiedsrichter befreundet müsst ihr sein. Das ist der Schlüssel zum Erfolg.
22.2.
Liebes Tagebuch, ja was denn nun? Während es heißt, dass die Erderwärmung doppelt so stark ausfallen könnte wie bisher gedacht, nämlich bis zu 11,5 Grad noch in diesem Jahrhundert, leidet Europa unter klirrender Kälte und Wien erlebt den stärksten Schneefall seit 36 Jahren. Da wir clevererweise gerade jetzt unsere Fenster in der Redaktion austauschen lassen, kommt man im Büro nur noch mit Schneeschuhen weiter. Meterhoch türmt sich der Schnee. Schneeverwehungen und ein eisiger Wind. Ich komme mir vor wie in einer Sibiriendoku. Da Handwerker ja gemütliche Typen sind, werden wir unsere Fenster wahrscheinlich erst um die Jahrhundertwende bekommen, wenn's auch im Winter herrliche 30 Grad hat.
Liebes Tagebuch, nur nicht einschlafen, lautet die Devise bei FM4 , denn einschlafen kann tödlich sein. Chefcontroller Blumenau sitzt auf seiner kleinen Schneeraupe und räumt den Schnee von seinem Schreibtisch auf andere Kollegen. Ich habe von zuhause meinen Bernhardinerhund »Eselchen« mitgebracht, er soll nach Magister Edlinger suchen, der von Blumenau zugeschüttet wurde. Ich selber habe Erfrierungen an den Fingernägeln und meinem Haar. Lange halt ich's nicht mehr durch. Die Spucke gefriert schon im Mund, was das Moderieren auch nicht leichter macht. Eselchen hat mich eben abgeleckt und ist mit seiner Zunge an meiner Wange hängengeblieben. Menschliche Wärme könnte vielleicht helfen, aber dafür war FM4 noch nie bekannt.
23.2.
Liebes Tagebuch, Stermann war ja die letzten paar Tage in seiner Heimat. Mit Entsetzen habe ich jetzt im WDR gesehen, was er dort gemacht hat. Er ist bei einer Karnevalssitzung der Düsseldorfer Prinzengarde Rot-Weiß aufgetreten und hat als Bockwurst verkleidet eine idiotische Büttenrede gehalten. Ich kann nur hoffen, dass außer mir niemand diesen Irrsinn gesehen hat, wenn doch, ist unser Ruf auf Jahrzehnte ruiniert. Bei diesen Special Olympics der Unterhaltung teilzunehmen, ist unter aller Sau. Als Bockwurst! Mit senfverschmiertem Gesicht! Mit so jemandem kann ich unmöglich in einem Schwab-Stück auf der Bühne stehen, und unser neues Bühnenprogramm »Harte Hasen«, das ich eigentlich angelegt habe irgendwo zwischen Beckett und Ionesco, kann ich mir auch nur schwer vorstellen mit einer Bockwurst, die nach jedem schlechten Witz auf einen Tusch wartet. Magister Edlinger, mit dem zusammen ich die Karnevalssitzung zufällig sah, hat jedenfalls angekündigt, mit Stermann kein Wort mehr zu wechseln, weil er ihm endgültig minderbemittelt erscheint. Stermann spinnt, soll er doch nach Düsseldorf zurückgehen und als Tanzmariechen arbeiten.
Liebes Tagebuch, habe gerade Magister Edlinger am Gang getroffen. Er hat vor mir ausgespuckt und ist grußlos an mir vorbeigegangen. Merkwürdig, aber so ist das Leben. Vor ein paar Tagen noch hab ich mich herrlich amüsiert, kaum in Wien, wird man schon wieder depressiv. In Düsseldorf, wo die Leute immer gute Laune haben, hab ich einen Riesenerfolg bei der Karnevalssitzung der Prinzengarde
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