Speichelfaeden in der Buttermilch
Sie etwas auf Spanisch sagen?
Ich weiß nur, was »Beerdigung« auf Spanisch heißt.
Das ist schlecht. Ich brauch was Positives, was Nettes.
Ah ja, ich weiß auch noch, was »überstandene Blasenkrebsoperation« auf Spanisch heißt.
Herr Stermann, was können Sie denn noch alles auf Spanisch?
Ich weiß, was »Beerdigung«, »überstandene Blasenkrebsoperation« und »Witwenverbrennung« heißt.
Ich wage zu bezweifeln, dass mir das weiterhilft.
Wobei weiterhilft?
Wissen Sie, ich kauf mir doch am Bahnhof immer Karibische Girls .
Ja, dieses Sexkontaktmagazin, ich weiß, ich kauf's doch auch immer.
Ach ja? Haben Sie die neueste Ausgabe auch?
Ich glaube ja. Moment. 13. August 1936. Ist sie das? Diese Magazine erscheinen doch immer in so merkwürdigen Intervallen. Gibt's schon eine neuere?
Herr Stermann, wo leben Sie denn? Karibische Girls erscheint wöchentlich.
Im Ernst? Das darf doch nicht wahr sein! Und ich hätte schwören können, die Sexgazette erscheint alle 60 Jahre. Da hab ich ja ganz schön viele Ausgaben versäumt.
Um genau zu sein: 3100! Egal jetzt. Jedenfalls hab ich sie auf Seite 42 gefunden. Monique aus Kuba in Dessous oder Dessues oder wie man da sagt.
Sie meinen, in Unterwäsche!
Reden Sie doch nicht so schweinisch daher, Herr Stermann.
Entschuldigen Sie bitte, manchmal geht es mit mir durch. Was ist mit der Frau mit das Dessu.
Monique. Sie meinen Monique. Sie müsste jeden Moment kommen.
Das geht nicht, Herr Grissemann. Ich sortiere gerade meine Arztrechnungen.
Nicht zu Ihnen. Zu mir! Das karibische Girl kommt zu mir. Ich habe sie angeschrieben. Sie ist 1,79 und sucht europäischen Mann mit Geld. Vielleicht endlich die große Liebe, auf die ich schon so lange warte, Herr Stermann.
Herr Grissemann, was würden Sie mir raten: Schweineklappen oder mechanische?
Hören Sie doch auf, von Ihren Krankheiten zu reden. Das mit Monique ist eine Herzensangelegenheit.
Das bei mir auch. Ich soll sieben Bypässe bekommen.
Monique hat auch extra einen neuen Pass bekommen, um hierherzukommen. Wissen Sie, ich möchte sie ganz karibisch empfangen.
Auch ich hoffe, dass die Ärzte bei meiner Bypassoperation sehr akribisch vorgehen.
Hören Sie doch auf, von dieser beschissenen Operation zu reden. Hier geht es um mein zukünftiges Leben!
Bei mir auch! Wenn die Operation nicht klappt, bin ich weg.
Wie »weg«?
Ja, weg. Puff.
Ach, wenn die Operation nicht klappt, gehen Sie ins Bordell?
Nein, dann bin ich tot.
Können Sie eigentlich immer nur an sich denken, Herr Stermann? Und nicht auch einmal an Ihren alten Bekannten, der ein großes Problem hat, weil er kein Spanisch kann? Und wenn die karibische Dame dann kommt, ist alles, was ich sagen kann: »Beerdigung«, »Witwenverbrennung« und »überstandene Blasenkrebsoperation«. Das wird ein Fiasko.
Herr Grissemann, ich muss die Arztrechnungen fertigsortieren und mich dann fürs Krankenhaus zurechtmachen.
Vielen Dank, dass Sie mich in dieser schweren Stunde allein lassen. Wiederhörn.
Wiederhörn.
Folge 2: Schlechte Aussichten
Grissemann.
Stermann hier.
Wo »hier«? Ich versuche Sie die ganze Zeit zu erreichen.
Ich bin im Krankenhaus. Schön zu hören, dass Sie sich um mich sorgen.
Klappe halten, Stermann. Monique ist da.
Herr Grissemann, die Klappe wird nicht halten. Die Ärzte sagen, dass meine Überlebenschance bei 0,4% liegt, aber ich denke, die wollen mir nur Mut machen.
Ja ja, das schaffen Sie schon. Der Hund von Herkules hatte auch mal kreisrunden Haarausfall, und heute geht's ihm wieder richtig gut.
Sie können mich doch nicht mit dem Hund Ihres Gitarrelehrers vergleichen!
Monique, das Caribean Girl, ist seit drei Stunden hier, und wir haben noch kein einziges Wort gewechselt. Sie kann kein Deutsch, ich kein Spanisch. Es herrscht eisiges Schweigen. Was soll ich tun? Sie schläft jeden Moment ein.
Vielleicht zeigen Sie ihr Fotos oder so.
Ich hab nur ein Foto von einem Bowlinghandschuh.
Ist das der Bowlinghandschuh, den Sie 1974 im Preisausschreiben gewonnen haben?
Ja, ich hab ihn Herkules geschenkt und mir das Foto behalten.
Kann denn dieser Junge aus dem Schwerstbehindertenheim etwas damit anfangen?
So. Jetzt ist sie eingeschlafen!
Herr Grissemann, setzen Sie sich zu ihr, und sobald sie aufwacht, zeigen Sie ihr das Foto von dem Bowlinghandschuh. So, nun möchte ich mich schon mal in aller Form von Ihnen verabschieden. Der Narkosearzt ist nämlich gekommen.
Das heißt, Sie schlafen jetzt auch ein.
Ja, aber im Gegensatz zu
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