Speichelfaeden in der Buttermilch
– ein Synonym für kalte Herzen. Mathias Zsutty ist gestern während eines Gesprächs mit Wortchef Pieper mit einer brennenden Zigarette im Mund eingeschlafen, und seine Ohrenhaare fingen Feuer. Die Flammen griffen auf Martin Piepers Nasenhaare über, so dass beide brennend im Redaktionsflur standen. Statt zu helfen, beschwichtigte Grissemann die Situation einfach nur. »Wer brennt, der brennt, da kann man nichts machen«, sagte er, lässig an den Feuerlöscher gelehnt. Hätte nicht die eingeschlafene Marian Schönwiese vom Sekretariat gerade in dem Moment eine Gießkanne in der Hand gehabt, mit der sie Blumen gießen wollte, und statt der Blumen gedankenverloren Zsutty und Pieper beschüttet, ich weiß nicht, ob die beiden überlebt hätten.
31.5.
Liebes Tagebuch, Rainer Springenschmid ist Bayern-München-Fan und seit Wochen nicht mehr ansprechbar. Fred Schreiber ist 1860-München-Fan und versucht sich seit dem letzten Wochenende mit einem Bindfaden zu erhängen. Heinz Reich ist FC -Kärnten-Anhänger und allein heute schon viermal aus dem Fenster gesprungen. Albert Farkas ist als Spanier Real-Madrid-Anhänger und versucht sich mit einer zusammengerollten Fußballzeitung so lange auf den Kopf zu schlagen, bis er tot ist, angesichts der schmachvollen Saison für Real Madrid. Ute Hölzl bearbeitet ihre Pulsadern mit spitzen Fußballstollen, weil ihr Lieblingsverein Juventus Turin nicht italienischer Meister wurde. Ja, das Ende einer Fußballsaison löst auch bei FM4- Kollegen große Emotionen aus. Viele geschätzte Mitarbeiter haben wir so in den letzten Jahren auf tragische Weise verloren. Nur Stermann scheint glücklich zu sein, weil sein MSV Duisburg einen schönen und ungefährdeten siebten Platz belegt hat in Deutschland. Allerdings in der Zweiten Liga. Ähnlich wie Stermann selbst in diesem Jahr, wenn man mich fragt …
Liebes Tagebuch, unser junger Kollege Heinrich aus Frankfurt hat die merkwürdigste Selbstmordart gewählt, nachdem seine Eintracht abgestiegen ist. Er hat Chefcontroller Blumenau ein Stück Schokolade weggefressen, vor dessen Augen. Aber man kann sich doch auch weniger qualvoll aus dem Leben verabschieden!
So wie dieser Austauschpraktikant aus Köln, der sich schon vor vier Wochen, als Kölns Abstieg feststand, so viele Reggae-Platten angehört hat, dass er aus Langeweile gestorben ist. Die Austria-Wien-Fans innerhalb der Redaktion haben von Frank Stronach das schöne Angebot bekommen, dass er sie solange mit Geld vollscheißt, bis sie an Verstopfung zugrunde gehen. Das hat Stil. Auch wenn Chelsea-London-Fan Robert Rotifer angemerkt hat, dass Chelseas Milliardär-Präsident Abramowitsch das gleiche mit Gold statt Geld anbietet. Das hat noch mehr Stil und zeigt die Überlegenheit des britischen Fußballs.
1.6.
Liebes Tagebuch, das Märchen von den vier Jahreszeiten glaubt doch heute kein Mensch mehr. Die Jahreszeiten Frühling und Herbst sind vielleicht noch in irgendwelchen Klima-Museen hinter Glasvitrinen zu bestaunen, eine Rolle in der Realität spielen sie längst nicht mehr. Atemberaubende Temperatursprünge von minus 10 auf plus 25 Grad gehören genauso zu diesem Jahrtausend wie der entsetzliche Terrorismus und die Tatsache, dass man in österreichischen Zugabteilen aus schleierhaften Gründen die Fenster nicht mehr öffnen kann – ohne diese beiden Missstände jetzt ernsthaft miteinander vergleichen zu wollen. Jetzt komm ich vom Thema … ach ja: es gibt nur noch Sommer und Winter, und die Gleichzeitigkeit von Badehose und Wintermantel bestimmt auch in der FM4- Redaktion das modische Erscheinungsbild. Schwitzen und Zittern zugleich – das ist FM4 im Sommer 04.
Als wir letztens so zusammensaßen in Badehose und Wintermantel in der Funkhauskantine, haben wir – Pamela Rußmann, Chefcontroller Blumenau und ich – eine Hitliste der unerträglichsten Kleidungsstücke erstellt. Die grauenhafte Unart, zu einem Anzug Turnschuhe zu tragen, landete ganz oben und sollte Knallchargen wie Cherno Jobatey überlassen werden. Die Schwabbelbäuchigen unter uns warnten vor zu engen Männer-T-Shirts, wohl nur aus Neid, liebes Tagebuch. Gewonnen hat übrigens das lächerlichste Kleidungsstück der Welt, die kurzärmelige Military-Jacke mit 1000 Taschen drauf.
Das sei ja wohl das allerletzte, fauchte kopfschüttelnd die schöne Frau Rußmann, und dann war das tolle Gespräch auch wieder zu Ende. Blumenau, der eine kurzärmelige Military-Jacke mit 100.000 Taschen trug, brüllte uns
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