Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Speichelfaeden in der Buttermilch

Speichelfaeden in der Buttermilch

Titel: Speichelfaeden in der Buttermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Stermann , Christoph Grissemann
Vom Netzwerk:
Sicher gäbe es auch FM4- Hörer, die mich gerne von Motten und Maden aufgefressen sähen oder Stermann von einem Aal erwürgt. Und weil man's im Radio nicht sehen kann, würden diese Menschen wenigstens unser angsterfülltes Würgen hören wollen. So sieht's doch aus, liebes Tagebuch! Und ich will den beiden Psychologinnen nicht zu nahe treten, aber an diesem Gefühl können sie auch nichts ändern, selbst wenn sie wollen.
    Liebes Tagebuch, ich bin maßlos enttäuscht. Ich hatte mich auf die psychologische Betreuung gefreut, wirklich. Ich hatte gehofft, dass sich die starren, brutalen Strukturen, die Chefcontroller Blumenau hier aufgebaut hat, dass sie sich wenigstens ein bisschen lockern würden. Pustekuchen. Ich glaube inzwischen gar nicht mehr, dass die zwei Damen überhaupt Psychologinnen sind. Beim psychosozialen Dienst, wo ich mich nach ihnen erkundigt habe, kennt sie jedenfalls niemand. Weißt du, liebes Tagebuch, wann mir das klar wurde? Als sie mich in ein Becken mit aggressiven Zitteraalen warfen und mir befahlen »Hilfe, ich bin eine FM4- Flasche – ihr holt mich bestimmt nicht hier raus!«, zu rufen. Immer wieder musste ich das rufen, und Blumenau amüsierte sich mit den beiden Frauen königlich.

1.7.
    FM4 hat jetzt auch einen Visitator geschickt bekommen, der die verheerenden, amoralischen Zustände innerhalb der Redaktion untersucht. Ein gestrenger Mann, der nach dem Rechten sieht. Es ist Gotthard Rieger, einst prominenter Ö3 -Mitarbeiter, heute, wie gesagt, Radiovisitator. Zuerst wollte er mit Chefcontroller Blumenau sprechen, aber der war nicht da. Blumenau ist entweder in Rom oder er urlaubt im Mühlviertel, hieß es. Nachdem auch Kardinal Senderchefin Eigensperger unauffindbar war, hat sich der Visitator von Subregens Zikmund den Alltag hier bei FM4 erklären lassen. Das ganze Team – vor allem die Alumnen von der »Workstation« – wir alle schlottern vor Angst.
    Der Visitator räumt ganz schön auf, sag ich dir, liebes Tagebuch! Weihnachtsküsse zur Begrüßung und Verabschiedung sind bis auf weiteres gestrichen. Blumenaus Weinkeller wird zum Gebetsraum umfunktioniert. Einige Sendungen, wie »House of pain« oder »Im Sumpf«, werden sofort aus dem Programm genommen. Vor allem die »Sumpf«-Sommerserie über Pornographie sei ein »übler Bubenstreich.« Die Damen müssen selbstverständlich allesamt die Redaktion verlassen und werden nun übergangsweise in der Funkhauskantine als Küchenhilfen untergebracht. Interessanterweise ist der Visitator zu mir und Grissemann sehr freundlich, fast devot. Er küsst uns ständig die Finger. Wir wissen auch, warum: Der Papst ist ein riesengroßer »Salon Helga«-Fan. Er lässt sich von Herrn Schönborn Kassetten schicken und lacht sich jedes Mal halb tot, wie uns der liebe Visitator wissen ließ …
    2.7.
    Stermann und ich, liebes Tagebuch, haben ja das Sonnenrot-Festival moderiert, das in der Nähe von München vonstatten ging. Schön war's. Mit der S-Bahn tuckerten wir bis nach Wolfratshausen. Jeder S-Bahnhof ein potentieller Bandname – Zorneding, Icking, Bimming – und dann die Endstation: Wolfratshausen, der Ort, aus dem der Stoiber kommt. Ein malerisches Fleckchen Erde, sag ich dir, Tagebuch. Der Zufall wollte es, dass just an diesem Tage auch noch Angela Merkel ihren 50. Geburtstag feierte. Na ja. Stermann und ich – Profis seit dem ersten Tag – begrüßten die Festivalgäste rhetorisch gewitzt und führten brilliant durch den Abend. Alles wie immer also. Bis der liebe Kollege Burstup – seines Zeichens »Schönheitsfehler«- DJ und FM4- Kollege – mit Stermann ins Gespräch kommen wollte. Dann passierte das Peinliche: Stermann, der zu diesem Zeitpunkt noch kein Gläschen geleert hatte, erkannte seinen Arbeitskollegen nicht, wusste nicht, mit wem er's zu tun hat. Ich wäre vor Scham am liebsten in Icking im Boden versunken. Diese Aussetzer sind mir bei Stermann schon öfter aufgefallen. Hat es mit dem Alter zu tun oder ist es eine beginnende Geisteskrankheit?
    Mein Gott, diese Hip-Hopper sehen doch alle gleich aus, liebes Tagebuch. Das kann schon mal passieren. wirklich peinlich war, dass ich Jochen Distelmeyer mit »Mia« angesprochen habe und Judith Holofernes für einen aufdringlichen »Wir sind Helden«-Fan hielt. Beim Moderieren auf der Bühne musste mir … äh … der, der, der Grissemann immer soufflieren, weil ich mich in dem »Tomte«-»Sterne«-»Blumfeld«-»Helden«-Dschungel einfach nicht mehr zurecht finde. Tja,

Weitere Kostenlose Bücher