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Spektrum

Spektrum

Titel: Spektrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Wissen niemals den Sieg in einem Streit garantiert. Letzten Endes hängt alles von der Macht ab.«
    »Folglich musst du stärker werden als die Schließer«, konstatierte der Geheimdienstler ungerührt. Martin verschluckte sich an seinem »Admiralstee«. »Das Auto wartet schon auf dich«, verkündete Juri mit einem Blick auf die Uhr. »Zieh dich an.«
    »Und kein weiterer Kommentar zum Schließerproblem?«, wollte Martin wissen.
    »Nein.«
    »Gut.« Martin seufzte. »Über Talisman habe ich schon etwas gehört. Was ist an Scheali so besonders?«
    »Unsere Analytiker …«, setzte Juri an. »Also, im Grunde sind es nicht mehrere Analytiker, sondern nur Ernesto Poluschkin. Er glaubt, die Schealier seien unintelligent.«
    »Wie bitte?«, lachte Martin.
    »Er ist ein kluger Mann«, sagte Martin. »Wenn er zu einem solchen Schluss gelangt, dann auf fundierter Grundlage. Aber nach der Geschichte mit Irina hat er jede weitere Zusammenarbeit verweigert. Sogar seine vorläufigen Schlussfolgerungen wollte er nicht mehr mit Argumenten belegen.«
    »Konntet ihr ihm das nicht befehlen?«
    »Wenn ein Mann in Strukturen wie unseren arbeitet, ist er sehr leicht zu lenken, Martin«, bemerkte Juri Sergejewitsch kopfschüttelnd. »Aber nicht über einen bestimmten Punkt hinaus …«
    »Er weiß zu viel, als dass ihr ihn unter Druck setzen könntet?«, folgerte Martin. »Vielleicht hat er sich auch als Doppelagent betätigt … Hat er einen Safe mit Papieren bei einer Schweizer Bank?«
    Der Tschekist hüllte sich in Schweigen – in ein höchst beredtes Schweigen.
    »Eure Firma verlässt man nie vollends«, bemerkte Martin halblaut.
    »Es gibt Ausnahmen«, räumte Juri ein. »Alles, was ich weiß, ist, dass die Rasse der Schealier nach Auffassung Poluschkins keinen Verstand hat. Geh davon aus, wenn du Scheali besuchst.«
    »So ein Quatsch«, meinte Martin bloß. Er langte nach der Flasche.
    Juri zog ihn jedoch sanft vom Tisch hoch. »Es ist Zeit, Herr Graf«, teilte er mit. »Eine große Sache bedarf Eurer. Deinen Rucksack habe ich bereits gepackt. Am Grenzschalter vier stehen unsere Leute. Wegen der Waffe werden sie dich nicht belangen. Gehen wir!«
    »In meinem Zustand kriege ich doch nicht mal eine ordentliche Geschichte hin«, jammerte Martin. »Gib mir wenigstens ein paar von den fertigen, die ihr auf Vorrat habt!«
    »Das geht nicht«, widersprach Juri, der Martin aus der Küche stieß. »So leid es mir tut, es geht nicht.«
     
    Erst als Martin in den Gang der Moskauer Station bog, erlaubte er sich, sich zu entspannen. Er blieb stehen und massierte sich das geschwollene Gesicht. Danach schüttelte er sich wie ein Hund, der aus dem Wasser kam – um sogleich zu grinsen, als stünde vor ihm noch immer der zuvorkommende Oberstleutnant des Föderativen Sicherheitsdienstes Juri Sergejewitsch.
    »Mistbande«, grummelte Martin. »Was um alles …«
    Warum mussten die russischen Geheimdienste selbst da noch auf die Methode von Zuckerbrot und Peitsche setzen, wo man eigentlich von Mensch zu Mensch hätte miteinander reden können?
    Martin mochte Juri Sergejewitsch. Selbst die meisten seiner Ansichten konnte er teilen. An einer Allergie gegen die Organe des Innenministeriums litt er ebenfalls nicht, in seiner Kindheit hatte er Romane über Spione und Detektive verschlungen und gleichermaßen Sherlock Holmes, Nero Wolfe, Erast Fandorin und Issajew alias Stirlitz bewundert. James Bond hatte Martin aus patriotischen Gründen abgelehnt. Später avancierten auf lange Zeit Bogdan Ruchowitsch Oujanzew-Xiu und Bahatur Lobo aus den Romanen Holm van Saitschiks zu seinen Idolen. Allein, er vermochte sich nie zu entscheiden, wem er nacheifern sollte, dem schlichten, jedoch kühnen und starken Bahatur oder dem nervösen und analytischen Bogdan.
    Anscheinend hätte Juri Sergejewitsch also nur mit Martin zu reden, an seinen Patriotismus zu appellieren und ihm die Situation mehr oder weniger offen darzulegen brauchen. Freilich wusste Martin auch: In der Firma saßen keine Dummköpfe. Folglich mussten der kurze Aufenthalt in der Zelle, das furchtbare Besäufnis, die versteckten Drohungen und die idiotische Beförderung zum Major einen verborgenen Sinn haben.
    Davon ging er besser aus.
    Bevor Martin zu den Schließern aufgebrochen war, hatte er sein Gedächtnis sorgsam erst den gestrigen Abend, dann die Nacht Revue passieren lassen. Alles, was er gesagt und getan hatte. Jeden Stimmungsumschwung, jede unerklärliche Äußerung, die der Geheimdienstler

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