Spektrum
atomaren Garbenbindern zu organisieren. Die Strugatzkis wollte er lesen, abends mit anderen Geschäftsreisenden gepflegt Kognak aus geschliffenen Gläsern trinken und sich bis zur Heiserkeit darüber streiten, ob die Flüge der Raumschiffe zur Magellanwolke gerechtfertigt seien oder ob unsere Galaxis sich nicht bereits mit genügend ungelösten Problemen herumschlage.
Schwermut ergriff ihn. Gegen diese Trübsal ankämpfend, packte Martin seine Sachen aus. Den Revolver befestigte er am Gürtel, die Thermowaffe schulterte er. Dann betrachtete er, da es im Zimmer keinen Spiegel gab, in der Fensterscheibe sein verschwommenes Abbild.
»Geht der gnädige Herr auf Jagd?«, fragte er sich selbst.
Um sich sogleich selbst zu antworten: »Ja, mein Guter. Auf Waldschnepfen.«
Doch bevor Martin das Hotel verließ, nahm er die Ausrüstung noch einmal ab und machte mit einiger Mühe die Tür des winzigen WCs ausfindig, das ein geheimer Verehrer Nikita Sergejewitsch Chruschtschows ganz genauso geplant hätte. Martin erfrischte sich, wusch sich und putzte die Zähne. Auch hier fehlte ein Spiegel, weshalb er den Minispiegel des Necessaires herauskramen musste. Die Bartstoppeln schienen noch nicht durchzukommen.
Für wen sollte er sich allerdings auch rasieren? Für die Vögel? Sie würden den Unterschied nicht bemerken. Für Irina? Dazu müsste er sie erst einmal finden …
Nachdem Martin die Waffe zum zweiten Mal geschultert hatte, begab er sich nach unten. Er zeigte dem Portier ein Foto von Irina und erhielt die Antwort, mit der er gerechnet hatte: »Dieses Wesen ist mir unbekannt.«
Sodann brach er zu einem Spaziergang durch Dshork auf.
Im Grunde musste sich Irina keinesfalls hier niedergelassen haben. Auf Scheali gab es dreizehn Stationen, Dshork galt lediglich als die größte Stadt des Planeten, aber auf die Vorherrschaft erhoben auch die Hauptstädte der fünf anderen Staaten Anspruch. Martin vertraute seinem Instinkt oder der Logik, dass Irina, sofern sie nicht konkreten Artefakten oder Raritäten hinterherjagte, sondern sich lediglich von der Intelligenz der Schealier überzeugen wollte, keinen besseren Ort wählen könnte.
Gemächlich schritt er die Straßen einher, gerührt von dem Takt, mit dem die Schealier ihn nicht zu beachten trachteten. So gelangte Martin zum Zentrum, zum Tempel. Er blieb stehen, um das Bauwerk zu bewundern. »Ein Spiralkegel …«, murmelte er. »Das Werk eines fremden Verstandes.«
Leider befand sich niemand in der Nähe, der diesen Gedanken zu schätzen gewusst hätte. Deshalb schlenderte er über den Boulevard, einen Ring, der den Tempel umgürtete, und ließ sich auf einer kleinen Bank an einem einladenden Plätzchen nieder, direkt gegenüber dem Springbrunnen, der seine Wasserstrahlen zehn Meter in die Höhe trieb. Hernach stopfte er seine Pfeife und zündete sie sich an.
Wie schön alles war. Wirklich schön. Nicht einmal von Photonenraumschiffen wollte er noch etwas wissen, von Protonenkultivatoren und hitzigen Debatten um eine gute Bananenernte im hohen Norden. Was wuchs, das wuchs. Da wir nun einmal die licht eingerichtete Zukunft des Mittags gegen die dunkle Gegenwart der Stahlratte eingetauscht haben, wäre Jammern jetzt nicht gerechtfertigt.
Freilich, zur Ratte zu werden, ist noch weniger gerechtfertigt.
Unter dem Gewölbe der alten Bäume, die über der Bank ihre runden Blatttellerchen ausbreiteten, war es nicht heiß. Angenehm warm war es, in seinen Rücken drückte beruhigend die Waffe der Aranker, der graublaue Tabakrauch kräuselte sich in der Luft und löste sich über ihm auf. Im Takt der Wasserstrahlen erklang vom Springbrunnen eine leise, ungewöhnliche Melodie herüber – eine angenehme Melodie, wie er zugestehen musste. Die Schealier, die in ihrem komischen Hüpfgang über den Boulevard bummelten, reagierten in keiner Weise auf Martin. Schon bald steuerte auf den von Martin bestaunten Springbrunnen eine ganze Gruppe zu: Einige erwachsene Schealier führten einen ganzen Trupp Vöglein spazieren, die noch grün hinter den Ohren waren. Dies galt gewissermaßen im wörtlichen Sinne: Die Vogelkinder zierte ein gelblich-grünes Federkleid, das leuchtete wie das eines Kanarienvogels und zudem lustig nach allen Seiten abstand, so den smaragdgrünen Flaum entblößend. Die ruhigen gedeckten Töne waren den Erwachsenen vorbehalten. Darin erschöpften sich die Unterschiede freilich nicht. Erinnerten die erwachsenen Schealier an abgemagerte Pinguine, die sich lange,
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