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Spektrum

Spektrum

Titel: Spektrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Mensch, der sich um den Cholesteringehalt im Blut und die Länge seines Gürtels Gedanken macht, richtet sein Augenmerk auf Wild in all seinen Varianten. Schnitzel vom Reh und Wildschwein mit Honigsoße – das ist seine Wahl.
    Oder eben Fasan auf böhmische Art, dieser würdige Repräsentant schmackhaften und gesunden Essens.
    Fasanenfleisch an sich ist natürlich etwas trocken, weshalb man das Stück unbedingt mit langen Speckstreifen umwickle, bevor es in den Ofen kommt. Das Fleisch backe man mindestens eine Stunde und begieße es regelmäßig mit dem eigenen Saft. Gibt man später noch Smetana und Weißwein hinzu, erhält man eine vorzügliche Soße. Etwas Rotkohl, der in geschmortem Zustand eine aparte violette Farbe annimmt, bringt den Geschmack des Vogels vollendet zur Geltung.
    Für das Kochen am eigenen Herd, dies sei nebenbei bemerkt, eignet sich auch ein Huhn hervorragend.
    An jenem weit zurückliegenden Abend hatte Martin mit seinem Onkel in einem kleinen Restaurant in Karlsbad gesessen, auf dem Tisch hatte der Fasan gestanden, in den Krügen das Bier geschäumt, in kleinen Gläschen die in dieser Stadt unvermeidliche Becherowka gefunkelt.
    »Merk dir, was ich sage«, hatte der Onkel finster gesagt. »Schon bald wird es hier von Außerirdischen wimmeln.«
    »Sie verlassen ihre Stationen nicht«, setzte Martin zum Widerspruch an. Damals waren sie noch deutlich jünger, und die Schließer bildeten noch das Hauptthema aller Gespräche. Der Einfachheit halber wurden sie Außerirdische genannt.
    »Das werden sie schon noch!«, blaffte der Onkel. »Und wenn nicht sie, dann andere. Guck dich doch mal um, auf was für einem herrlichen Planeten wir leben! Die Außerirdischen wissen ganz genau, weshalb sie zu uns kommen …«
    Martin schaute sich um und bestätigte, dass sie auf einem herrlichen Planeten lebten, vor allem diese Gegend sei fabelhaft, weshalb die Außerirdischen bestimmt mit gutem Grund hierherkämen. Allerdings gebe es neben kriegerischen Expansionen ja auch noch den friedlichen Tourismus, für den der Onkel und er gerade das beste Beispiel lieferten …
    Der Onkel hatte empört geschnaubt. In seiner Jugend hatte er bei den sowjetischen Truppen in der Tschechoslowakei gedient, weshalb er Martins Worte jetzt als Spott oder versteckten Tadel auffasste.
    »Glaube einem ollen Mann wie mir, Martin.« Damals hatte der Onkel noch mit seinem Alter kokettiert und sich voller Vergnügen einen Ollen genannt. »Es kann keine Freundschaft und keine gutnachbarschaftlichen Beziehungen zwischen zwei Rassen mit einem so gewaltigen Entwicklungsgefälle und mit solchen Unterschieden in der Kultur und Psychologie geben!«
    »Etwas in der Art habe ich auch im Experten gelesen«, brummte Martin, während er den Fasan tranchierte.
    »Selbst wenn sie uns nur Gutes wollten«, fuhr der Onkel fort, »woher sollen wir denn wissen, was sie unter Gutem verstehen? Wir wollten den Tschechen damals auch nur Gutes … Und was haben wir uns dann gewundert, als sie über unser Gutes bloß die Nase rümpften …«
    »Das liest man jetzt allerdings überall«, bemerkte Martin.
    »Hör auf damit, Martin«, sagte der Onkel bitter, der einer hübschen Kellnerin um die zwanzig seinen Blick nachschickte. »Du bist jung, du musst noch viel lernen. Aber am Ende wirst du einsehen, dass ich recht habe. Nämlich dann, wenn deine persönlichen Interessen und deine persönlichen Träume nicht mit den Plänen der Schließer zusammenfallen.«
    Darauf hatte Martin nichts gesagt. Nach der Rückkehr aus dem Kurort, in dem der Onkel seine Leber kuriert hatte – er spülte das Mineralwasser mit Bier hinunter, während Martin dem Bier zusprach, ohne jedoch das Wasser gänzlich zu ignorieren –, war er das erste Mal durch das Große Tor gegangen und hatte sich eine fremde Welt angesehen … eine ungefährliche natürlich, aus der schon Menschen zurückgekehrt waren. Ein entfernter Bekannter, ein erfolgreicher Geschäftsmann, hatte obendrein seine Bereitschaft signalisiert, ein hübsches Sümmchen für einige exotische Sachen aus fremden Welten hinzublättern …
    Damals hatte Martin die Schließer noch für einen Segen gehalten, ihre Ankunft für einen großen Glücksfall, die den Menschen zur Verfügung gestellten Technologien für einen Vorstoß in eine glückliche Zukunft.
    »Früher oder später …«, hatte der Onkel gesagt, als er die violetten Kohlblätter aufspießte. »Früher oder später wirst du mich verstehen … Dann rufst du mich an, falls

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