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Spektrum

Spektrum

Titel: Spektrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Ordnung.«
    Da Irina nicht antwortete, gingen sie eine Weile schweigend weiter. Im Nebel blinkten in unterschiedlichen Farben die Bojen, die von Amulett wegführten.
    »Viele glauben, man fände umso interessantere Dinge im Safe, je weiter diese vom Dorf entfernt liegen«, berichtete Irina. »Aber einige der erfahrenen Goldgräber behaupten, das sei völliger Quatsch und die Chancen stünden überall gleich. Dass in Dorfnähe bereits alle guten Safes vergeben sind, steht auf einem anderen Blatt …«
    »Welches sind denn die guten?«
    »Sie liegen dicht beieinander und unterscheiden sich im Intervall. So kann man ein, zwei Dutzend Safes bedienen und sie nacheinander überprüfen. Es gibt Orte, an denen sich die Safes ballen. Goldfeld, Wall Street, Goldene Gasse, Silberhuf …«
    »Nicht sehr phantasievoll«, kommentierte Martin grinsend.
    »Was hältst du denn von Fass-ohne-Boden, Abwarten-und-Tee-trinken, Schwiegermutterschreck und Zwergenbart?«
    »Schon besser«, versicherte Martin.
    »Dünnpfiff, Kampfprothesen und Bremsweg?«
    »Gut, ich geb mich geschlagen.« Martin nickte. »Die Phantasie der hiesigen Goldgräber ist einfach grenzenlos … Was ist das?«
    »Das ist das Wissenschaftszentrum der Aranker«, erklärte Irina genüsslich. Martin schoss der Gedanke durch den Kopf, sie habe ihn absichtlich mit ihrem Geplauder abgelenkt, damit er das Zentrum erst in voller Pracht und Größe wahrnahm.
    In Erinnerung an das Akademgorodok in Tirianth hatte Martin erwartet, etwas Ähnliches zu sehen, etwas Grandioses, Großes oder Rationales, Funktionales, aber dennoch dem menschlichen Auge nicht völlig Fremdes.
    Dieses Zentrum der Aranker erinnerte jedoch eher an ein Haus der Dio-Daos. Eine Ansammlung brauner Kugeln, mit einem Durchmesser von zwei, drei bis zu zehn Metern, die teilweise isoliert standen, teilweise geballt auftraten. Diese Kugeln nahmen eine mindestens einen Morgen große Fläche ein. Vor einer der Kugeln, deren runde Eingangsluke beleuchtet war, hielten zwei junge Aranker Wache. Einer trug eine Thermowaffe, offenbar erfreute sich diese Waffe großer Beliebtheit. Der andere war mit einem klobigen Aggregat ausgestattet, das sich aus einem Tornister und einer an ihm mit einem dicken Kabel befestigten Röhre mit Visier zusammensetzte. Die Wachtposten trugen nicht die traditionellen Mäntel für Männer, sondern futuristisch anmutende schillernde Overalls.
    »Man kann’s auch übertreiben …«, flüsterte Martin. »Gibt es hier etwa gefährliche Lebewesen?«
    »Ordnung muss sein«, antwortete Irina aufgeräumt. »Sie sind natürlich ausgemachte Fatalisten. Aber ein unnötiges Risiko gehen sie trotzdem nicht ein … Der mit dem Tornister hält einen Plasmawerfer in der Hand. Ein ganzes Fußballfeld könnte man damit innerhalb von zwanzig Sekunden vollständig abfackeln.«
    »Die armen Fußballspieler …«, seufzte Martin.
    Irina winkte den sie aufmerksam beobachtenden Posten zu. »Atera, gasta! Irina!«, schrie sie.
    »Atera«, erwiderte der sich entspannende Wachmann mit der Thermowaffe. Er trat vor und sah Irina aufmerksam an.
    »Doggar-ken.« Dann wechselte er ins Touristische: »Du sprichst unsere Sprache?«
    »Ein wenig«, antwortete Irina. »Aber mein Freund versteht sie nicht.«
    »Dafür trägt er eine unserer Waffen«, staunte der Wachmann. Er war noch jünger als Martin und hatte – wie alle Aranker – eine schlanke Figur sowie regelmäßige Gesichtszüge. Auf der Erde hätten sie ihn in jedem semitischen Volk für einen der Ihren gehalten, von den Juden bis hin zu den Palästinensern.
    »Ich habe eine Genehmigung dafür«, erklärte Martin rasch. »Vom Bürgermeister in Tirianth.«
    »Was es nicht alles gibt im Leben!«, heuchelte der Wachtposten Begeisterung. »Herzlich willkommen, Freunde. Haben Sie sich verirrt oder sind Sie absichtlich zu uns gekommen?«
    »Absichtlich.« Martin zog Irina taktvoll zur Seite. »Wir erforschen Talisman … und suchen den Meinungsaustausch mit Ihren Wissenschaftlern.«
    Eine Sekunde lang dachte der Wachtposten nach, dann streckte er Martin die Hand hin. »Doggar-ken.«
    »Martin.«
    Kurzfristig zeigte sich der Posten irritiert.
    »Du hast doch keine Kinder, oder, Martin?«, fragte Irina.
    Martin schüttelte den Kopf.
    »Martin-ken«, korrigierte Irina ihn höflich.
    Der Posten schien offenbar erfreut und streckte abermals die Hand aus. »Dann können wir es formlos halten … Doggar … Ich komme gleich mit. Meine Schicht ist gerade zu Ende. Ich leite eine

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