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Spektrum

Spektrum

Titel: Spektrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Hand!«
    »Das ist keine Romantik«, entgegnete Martin. »Das ist der Traum von der Macht.«
    »Dann …« Irina dachte nach. »Wenn das hier wenigstens eine echte Bibliothek gewesen wäre. Alle Geheimnisse der Welt …«
    »Das ist der Traum vom Wissen.«
    »Du bist einfach …«
    »Unromantisch?« Martin grinste.
    »Einfach starrsinnig! Was ist denn deiner Meinung nach Romantik?«
    »Eine alte und langweilige Sache, die niemand braucht. Wenn wir auf Talisman blieben, ein Häuschen bauten, Kinder kriegten, einen Garten anlegten und Gemüse anbauten – das wäre klassische Romantik.«
    »Aber diese Art von Romantik gefällt mir nicht.« Energisch schüttelte Irina den Kopf. »Was soll das? Kinder, ein Häuschen, einen Garten? Du hast noch die Küche und die Kirche vergessen! Das ist die Romantik für eine propere Bauersfrau.«
    »Eben«, stimmte Martin ihr zu. »Dann erzähle ich dir, was ich für Romantik hielte.«
    »Ja?«
    Martin blieb stehen. Er sah Irina an, die ganz gebannt war. »Ich würde gern herausbekommen, dass ich eine Welle bin«, sagte er mit leiser Stimme.
    »Wie bitte?«
    »Ich würde gern wissen, dass nicht alles umsonst war. Dass unser Universum keine Blase einer Quantenfluktuation ist, die aufquellen und sich in die formlose Leere zerstreuen muss. Dass es eine neue Sonne und neue Sterne geben wird.«
    »Sehr global«, kommentierte Irina ironisch.
    »Nein, höchst persönlich. Ich möchte wissen, dass ich niemals sterbe. Dass ich Millionen Welten abwandere, Milliarden Menschen kennenlerne.«
    »Und mit Trillionen von Frauen schläfst, Quintillionen von Verbrechern schnappst und zehn hoch fünfzig Beefsteaks verdrückst«, parierte Irina. »Sind all deine romantischen Vorstellung so quantitativ, Martin?«
    Martin blieb kurz stumm. »Stimmt, da hast du recht«, sagte er dann. »Unser Unglück besteht darin, dass wir uns etwas anderes nicht vorstellen können. Selbst wenn wir von der Ewigkeit träumen … Immer kommt es wie bei den Leutchen auf Prärie 2: Hot Dogs auf jedem Planeten. Was wolltest du denn eigentlich auf Talisman finden?«
    »Das Gleiche wie du«, gestand Irina nach kurzem Zögern. »Pillen, die unsterblich machen, Stiefel, mit denen du zu Fuß von Stern zu Stern gehen kannst, nie kleiner werdende Hamburger, ein dickes Buch mit dem Titel Die größten Geheimnisse … Aber das ist alles Quatsch, Martin! Immer werden wir nur das finden, was wir uns vorstellen können, eben einen Fabrikplaneten, der uns all das produzieren kann. Wie man ihn bedient, haben wir jedoch nicht gelernt …«
    »Stopp!« Martin packte Irina bei den Schultern. »Was hast du da gerade gesagt? Ist dir klar, was du eben gesagt hast?«
    »Martin …«
    Martin ließ sie jedoch schon wieder los. Er drehte sich im Kreis, sah sich um und eilte vom Weg.
    »Martin!«, schrie Irina, um ihm dann nachzustürzen. »Bleib stehen! Du verläufst dich!«
    Sie fand ihn zwanzig Meter vom beleuchteten Pfad entfernt. Martin hockte vor einem Safe. Auf dem Deckel stand keine Zahl. Martin schraubte ihn gerade zu.
    »Soweit ich es verstanden habe«, sagte er, ohne sich umzudrehen, »stelle ich den Safe auf null, sobald ich ihn öffne. Falls es kein schneller ist, müsste sich nach dreiundvierzig Minuten etwas in ihm befinden. Oder eben nicht, das spielt gar keine Rolle.«
    »Martin?«, wiederholte Irina verzweifelt.
    Martin drehte sich ihr zu. Glücklich lächelnd, schlug er mit der Faust auf die Steinabdeckung. »Das ist ein Zünder, Irinka.«
    »Das ist ein Safe …«, brachte Irina hervor, wich jedoch sicherheitshalber einen Schritt zurück. Allem Anschein nach war Martin übergeschnappt.
    »Es ist ein Safe«, bestätigte Martin mit dem Gesichtsausdruck eines Idioten, der einen Eimer voll Fruchtbonbons bekommen hatte. »Aber alle zusammen … der gesamte Planet … das ist ein Zünder.«
    »Ein Zünder für den Urknall?«, fragte Irina.
    »Im Gegenteil! Ein Zünder für das Ende von allem. Für die Apokalypse. Für Ragnarök.«
    Lachend erhob sich Martin. Er stieß mit dem Fuß gegen den Deckel.
    »Ist mit dir alles in Ordnung?«, fragte Irina.
    »Absolut.«
    Martin umrundete den Safe so, wie ein Hund auf der Stelle tappt, bevor er sich hinlegt. Kichernd sah er Irina an. »Du hast völlig recht, Irinka! Pillen und Stiefel, Zauberschwerter und Tarnkappen. Die Welt der Aranker hat mich vermutlich so stark erschüttert. All diese Wolkenkratzer und Gleiter, die Thermowaffen und allgegenwärtigen Informatorien. Dann noch Prärie … im

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