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Spektrum

Spektrum

Titel: Spektrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Keine Minute später klimperte es abermals, worauf der Mann seine angerauchte Zigarette ausdrückte und sich eine voluminöse Tasche schnappte. »Es wird … doch nicht allzu unangenehm?«, fragte er Martin in scharfem Ton.
    »Sie werden nichts spüren«, beruhigte ihn Martin.
    Der Mann verharrte lange am Tor, offenbar vermochte er sich nicht zu entscheiden. Schließlich klimperte es wieder, und den Gang kam ein junger Mann mit dem glücklichen Gesicht eines Menschen, der sich große Sorgen gemacht hatte, hinunter. Martin trat durch die automatische Tür und gelangte in den runden Saal des Tors. In der Mitte blinkte freundlich ein Computerterminal.
    Martin langte nach der Maus, um den Cursor über eine Liste zu ziehen.
    Da war Bibliothek. Hier hatte er Ioll, dann Hirschfänger. Schließlich fand er sein Ziel.
    Prärie l und Prärie 2.
    Zwei Welten, die bis auf den dominanten Landschaftstyp im Umkreis der Großen Tore nichts gemein hatten. Prärie 1, schon seit Langem von Außerirdischen besiedelt, interessierte Martin kaum. Bis vor kurzem hatte auch die Menschenkolonie auf Prärie 2 sein Interesse nicht zu wecken vermocht, obwohl sie in der guten grünen Liste stand …
    Doch die Finger der sterbenden Irotschka hatten es noch fertiggebracht, ihm den Namen ebendieses Planeten mitzuteilen.
    Was erachtete sie für so wichtig, wichtiger selbst als den eigenen Tod? Warum hatte sie Martin gebeten, sich nach Prärie 2 zu begeben? Denn ihre Worte konnten nichts anderes als eine Bitte bedeuten, diese Welt zu besuchen.
    Vielleicht trieb Intuition Martin an, vielleicht auch die just bespöttelte Neugier. Er drückte auf »Eingabe«, drehte sich um und verließ den Saal – der schon nicht mehr auf der Erde lag.
     
    Heiß war es und staubig.
    Das war Martins erster Eindruck, sobald sich die Türen der Station hinter ihm schlossen.
    Der Schließer saß auf der Veranda, die nackten Füße auf einen Holztisch gelegt. Vor ihm perlte in einer großen Kristallkaraffe an Eiswürfeln echte selbst gemachte Limonade hoch, auf einem Tablett standen geschliffene Gläser bereit.
    »Sie gestatten?«, fragte Martin. Als der Schließer nickte, goss Martin sich ein Glas ein. Er nahm einen Schluck. Die Limonade schmeckte gut, leicht säuerlich und kalt. Die Schließer wussten schon, warum sie auf jede Chemie verzichteten. Mit dem Glas in der Hand trat Martin ans Geländer heran, stützte sich mit den Unterarmen auf und trank gemächlich seine Limonade.
    Vor ihm lag Prärie 2.
    Die Ebene erschien Martin zunächst völlig verbrannt. Dann gewahrte er, dass das hohe Gras, das der Steppe als dichter Bart wuchs, von Natur aus orangefarben war. Eine Herde schwarzweiß gefleckter Kühe weidete in der Ferne und rupfte ungerührt das orange Gras aus.
    Orangefarben prangte auch der Himmel. Zugegeben, nicht ganz orange, eher schmutzig gelb, weshalb die Sonnenscheibe nicht sogleich auszumachen war. Die Wolken waren übrigens ganz normal, will heißen, weiß.
    »Ein orange Himmel, eine orange Flur …«, brummte Martin. »Welcher Idiot hat diesem Planeten bloß den Namen Prärie gegeben? Orange müsste er heißen, schließlich ist er orangefarben.«
    Schweigend wackelte der Schließer mit den Zehen und lächelte.
    »Auf Wiedersehen«, verabschiedete sich Martin höflich.
    Der Schließer nickte.
    Nachdem Martin die Vortreppe hinuntergegangen war, setzte er den Karabiner zusammen, schulterte ihn und machte sich, der Kuhherde ausweichend, auf den Weg. Einen Cowboy vermochte er in ihrer Nähe zwar nicht zu entdecken, doch irgendwann erhob sich aus dem hohen Gras ein Hütejunge, der Martin aufmerksam musterte.
    Ehe Martin auf den Jungen zuging, winkte er ihm zu. Der Kuhhirte wirkte recht aufgeweckt, und Informationen konnten nie schaden.
    »Seien Sie gegrüßt, Mister!«, sprach ihn der Junge von vielleicht dreizehn, vierzehn Jahren an. Er lief barfuß, trug Jeans und ein kariertes Hemd, sein Haar zeigte ein sattes Rotbraun – ganz wie die Prärie und der Himmel.
    »Sei auch du gegrüßt«, erwiderte Martin. »Woher nimmst du den Mister?«
    »Das ist bei uns so üblich«, erklärte der Junge. »Kommen Sie für immer nach Prärie?«
    Diese Frage ließ Martin aufmerken. »Für immer«, das hörte man kaum. Üblicherweise erkundigten sich die Leute, ob jemand »für lange« komme.
    »Kaum. Aber das wird sich finden.«
    »Suchen Sie jemanden?«, ließ der neugierige Junge nicht locker.
    »Jetzt nicht mehr.« Martin schüttelte den Kopf. »Hier, das ist für

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