Spekulation mit dem Tode Kommissar Morry
erstaunt.
Sie war etwas verlegen. „Ich habe ihr nämlich gesagt, daß Sie sich scheiden lassen wollen — deswegen."
„Ach so." Obwohl ihn die Mutter des Mädchens nicht interessierte, war es ihm nicht recht, daß Allison darüber gesprochen hatte. Seiner Ansicht nach schien das Mädel noch reichlich grün zu sein.
„Einen Likör oder einen Martini-Cocktail? Der Cocktail ist meine Spezialität."
„Dann den Cocktail."
Hayes stellte ihr das Glas hin und setzte sich neben sie auf die riesige Couch. Er selbst nahm ebenfalls einen Martini-Cocktail. Sie prosteten sich zu. „Wo ist der Hutsalon, in welchem Sie beschäftigt sind, Allison?"
Zwei, drei Sekunden zögerte sie. „In der Parkstreet, gleich neben einer Ford-Vertretung. Es ist ein großer Salon."
Sie nippte an ihrem Glas. „Wollen Sie mich vielleicht besuchen kommen, Jack?"
Er zuckte die Achseln. „Ich hatte es schon vorgehabt, leider wußte ich ja nicht, wie ich Sie am besten erreichen kann. Schließlich konnte ich mich nicht durch sämtliche Hutgeschäfte der Stadt hindurch telefonieren und nach Ihnen fragen. Das würde zweifellos einen ganzen Vormittag in Anspruch genommen haben, schätze ich."
„Bestimmt."
„Ich möchte ein neues Leben anfangen", sprach er plötzlich, und seine Stimme war von Nervosität erfaßt. Er räusperte sich und goß den Rest des Cocktails in die Kehle. Für einen Moment klappten seine Lider über die Augen.
Sein hartgezeichnetes Gesicht mit dem ein wenig brutalen Kinn zog sie unwiderstehlich an. Sie bewunderte seine wulstigen Augenbrauen und die leicht schiefstehende, markante Nase. Er besaß den Kopf eines Gladiatoren, nur, daß er intelligenter war. Nach den nur noch schwach sichtbaren Schlagstellen auf Wangenknochen und Stirn zu fragen, getraute sie sich nicht. Einer nicht ganz erklärlichen Eingebung folgend — sie konnte sich von Natur aus gut beherrschen — streckte sie die Hand aus und fuhr ihm leicht mit den Fingern über die Verletzungen.
„Sie wollen jetzt wissen, woher ich das habe, nicht wahr?
Gestern, als ich das .Alhambra' verließ, war noch nichts davon zu sehen. Ich will es Ihnen erzählen. Es ging um Geld. Die beiden Kerle von gestern waren einmal meine Geschäftspartner. Wir hatten noch etwas miteinander zu begleichen, wobei es mich ganz schön erwischt hat, sie waren die schnelleren. Heute morgen sah es noch schlimmer aus. Ich besitze jedoch eine phantastisch gute Salbe, die sehr schnell wirkt. Die Geschwulst ist so ziemlich verschwunden."
Allison griff nach einer Zigarette. Er gab ihr Feuer. „Sie wollen ein neues Leben anfangen", sagte sie leise. „Wie soll ich das verstehen, Jack?"
Ihr Atem ging unregelmäßig, sie gab sich Mühe, es ihn nicht merken zu lassen. Es hing so viel von seiner Antwort ab.
„Ich möchte dich heiraten, nachdem das mit der Scheidung vorbei ist. Dann wird alles anders sein."
Die klaren Augen des Mädchens waren voller Überraschung. Gebannt hielten sie seinem Blick stand. Dann strich sie sich langsam über die Stirn. Er griff zum Shaker.
„Ich nehme nicht an, daß du mir irgendein Geständnis machen willst, Jack."
Der Mann hob den Kopf und sah sie überrascht an. „Ein Geständnis? Wieso? Wie meinst du das? In welcher Hinsicht sollte ich ein Geständnis machen?"
Die Augen des Mädchens hatten sich für einen Augenblick verdunkelt. Ich bin nicht Herr meines Willens, dachte sie erschreckt. Was für Fragen stelle ich ihm hier?
Er soll nicht wissen, daß ich seit gestern Abend um ihn bange. Es war so eigenartig, ihn mit den beiden Männern Weggehen zu sehen. Soll ich ihm sagen, daß ich in einem von ihnen den Kriminalbeamten erkannt habe?
„Wenn jemand irgend etwas verpfuscht erscheint, und das entnahm ich deinen Worten bezüglich deiner Vergangenheit", wich sie geschickt aus, „dann ist etwas geschehen, entweder durch deine Schuld oder vielleicht durch die Schuld deiner Frau."
„Deiner Vergangenheit", lachte er nervös, „wie sich das anhört — nun, du hast schon recht, das wollte ich damit auch sagen." Er hob sein Glas und trank.
„Ich habe ein junges Mädel, überfahren, Allison, sie ist tot. Sie war schon tot, bevor ich sie mit den Rädern meines Wagens erwischte."
Das Gesicht des Mädchens wurde blaß. So stark hämmerte ihr das Herz an die Rippen, daß sie glaubte, er müsse es hören.
„Es war ein Mord", sprach er mit schwerer Stimme weiter. „Man hat sie mir erschlagen in den Wagen gelegt, und ich fand sie. Zu dem Zeitpunkt war sie
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