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Spiegel der Offenbarung

Spiegel der Offenbarung

Titel: Spiegel der Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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keine Kriegsmaschinen, das war nicht ihre Art. Vorwärtsgehen, kämpfen und töten, mit der Masse erdrücken. Sie kannten keine Belagerung, sondern waren ein Wanderheer, das ähnlich wie Heuschrecken oder Feuerameisen alles vernichtete, was auf dem Weg lag.
    »Feuer einstellen! Hochgehen! Sofort!«, befahl der Korsar.
    Steuermann und Kapitän rannten jeder in eine andere Richtung quer übers Deck und spähten angestrengt über die Reling hinunter.
    »Was haben sie?«, fragte Aswig besorgt. »Ich habe nichts bemerkt ...«
    »Ich hab's auch gespürt«, sagte Zoe. »Da hat irgendwas in die Außenwand eingeschlagen.«
    »Ja, sie schießen immer Pfeile und Speere ...«
    »Nein, das war anders. Mehr Wucht. Als ob sich etwas tief ins Holz gräbt.« Zoe lauschte intensiv. »Und es ist noch nicht vorbei. Klingt, als ob etwas am Holz entlangkratzt und höher kommt ...«, flüsterte sie.
    Aswig standen die verfilzten Haare sprichwörtlich zu Berge. Sein elfisches Erbe. »Aber ... aber wir sind geschützt!«
    »Unterhalb offenbar nicht in der Art wie hier oben.« Zoe wich von der Reling und schob dabei den Jungen mit sich. »Du bleibst bei mir.«
    »Zoe, in meine Kabine!«, befahl Arun von vorn.
    »So schaust du aus«, gab sie zurück. »Die Gesandte mit dem Blauen Mal versteckt sich vor niemandem.« Ihre Hand legte sich an den Krummdolch, der in ihrem Gürtel steckte.
    »Du bist im Weg.«
    »Ich stehe hinter dir. Unbemerkt. Wetten, dass da ausnahmsweise mal einer nicht hinter mir her ist?«
    Aswigs Hand tastete sich in ihre. »Zoe ...«, wisperte er. »Ich kenne ein gutes Versteck ...«
    »Ich sagte schon, Aswig, dass ich mich nicht verstecken werde. Und du auch nicht. Diese Zeiten sind vorbei.« Sie drückte seine Hand. »Keine Angst. Ich hab da ein paar Tricks auf Lager, die mir mein Prinz beigebracht hat.« Sie wies auf ihre Stirn. »Dieses Mal ist phänomenal.«
    »Ruhe!«, zischte der Steuermann. Er drehte sich langsam im Kreis und kehrte dann zur Mitte des Decks zurück. »Zu mir, Käpt'n.«
    Erstaunlicherweise kam Arun der Aufforderung nach. Genau dafür war der Steuermann nun einmal da.
    Stille legte sich über das Schiff, nur noch das leise Rauschen der Segel war zu vernehmen. Die Schlacht tobte weit unter ihnen, sie hatten inzwischen mindestens hundert Meter Höhe erreicht und stiegen weiter.
    Ein leises Kratzen und Schaben. Das sich an der Außenwand langsam nach oben bewegte. Schwer auszumachen, wo genau – aber so langsam richteten sich die Blicke Richtung Bug, nach Steuerbord.
    Während wenige Matrosen das Schiff lenkten, reihten sich die kräftigsten Mitglieder der Mannschaft an den Seiten auf, Krummsäbel, Schwerter und Dolche in Händen. Dazu Ketten und Peitschen. Ihre Gesichter zeigten grimmige Entschlossenheit.
    Zoe wich mit Aswig weiter Richtung Heck zurück.
    Bald rührte sich niemand mehr.
    Und dann kam er.
     
    Eine lange, behaarte Krallenhand schob sich über die Reling, gefolgt von einer zweiten. Die Finger klammerten sich fest, und dann folgte mit geschmeidigem Schwung der Rest des Körpers. Schwere Sichelklauen bohrten sich in die Planken. Es war nicht schwer nachzuvollziehen, wie dieses Wesen an Bord gekommen war. Mit gewaltiger Sprungkraft und starken Krallen, die sich festzuhalten wussten.
    Ein Schauer durchlief alle auf dem Schiff, als sie den riesigen Werwolf in voller Rüstung erblickten, der nun langsam in Angriffshaltung, mit gebleckten Zähnen und hasserfüllt rot glühenden Augen auf den Kapitän zuging. Er beobachtete dabei nicht zuletzt die bewaffneten Männer und achtete darauf, keine falsche Bewegung zu machen.
    »Du hast mein Volk vernichtet«, zischte er mit heiserer Raubtierstimme.
    Arun zeigte sich unbeeindruckt. »Da unten sind sie doch«, versetzte er.
    »Nicht diese. In meinem Reich.«
    »Oh, richtig!« Arun schnippte mit den Fingern. Er zog die Lippen zurück und entblößte seine prächtigen weißen Zähne. »Das war ein Schauspiel, das seinesgleichen sucht.«
    »Sie sind alle tot«, fuhr der Wolfskönig fort.
    »Das will ich hoffen«, meinte Arun. »Aber es ist anzunehmen. Es ist alles eingestürzt. Ich bin sehr gründlich in diesen Dingen.«
    Aswig flüsterte Zoe zu: »Er war es gar nicht ...«
    »Egal«, gab sie zurück.
    Der Werwolf stieß ein Knurren aus, das tief aus seiner mächtigen Brust hervorrollte. Er brachte damit den Schiffsboden zum Beben. »Weißt du, wer ich bin?«
    »Sollte ich?« Arun wirkte gelangweilt.
    Der Name klang wie ein Hauch aus dem Grab. »Akuró

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