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Spiegelblut

Spiegelblut

Titel: Spiegelblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uta Maier
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Diamantsonne und schepperte über den Boden. Blut schoss in meine Finger, instinktiv umschloss ich mein Gelenk mit der anderen Hand.
    Er deutete stumm mit seinem Speer auf meinen und kam näher. Seine Haare fielen wild in sein Gesicht. Blitzschnell schnappte ich meine Waffe, in dem Augenblick zog er mir den harten Metallstab quer über den oberen Rücken. Vor Schmerz sackte ich in die Knie, keuchte auf und begriff: Er würde mich nicht schonen, damit ich meine Kräfte benutzte, und sei es aus reinem Selbstschutz.
    Zorn schnitt in meine Zunge, der Geruch nach Schmiede und Feuer brannte in meinen Lungen und alles flackerte scharlachrot.
    Ich hasse dich so! Ich hasse dein verdammtes Sanctus Cor und deine halbe Seele! Ich wünschte, Remo würde dich töten!
    Ich kam auf die Füße, drehte mich zu ihm um und schlug einfach in seine Richtung. Immer wieder, ohne ihn wirklich zu sehen. Stahl krachte aufeinander, Lichtkreuze zuckten durch die Luft wie Neonreklame. Er ließ mich angreifen und meine Wut austoben. Vielleicht hatte er all diese Erniedrigungen nur inszeniert, um mich zu reizen und meine Kräfte zu verraten. Bei diesem Gedanken zögerte ich und kassierte prompt einen weiteren Treffer. Er erwischte mich mit der Längsseite seines Speers zwischen den Rippen. Mir blieb die Luft weg, und ich taumelte zur Seite, sein nächster Schlag auf mein Schienbein riss mich zu Boden. Myras Speer rutschte vor Schmerz aus meiner Hand und rollte fort wie ein Mikadostäbchen. Er setzte mir die Diamantspitze direkt aufs Herz.
    »Du bist tot, in weniger als Sekunden! Alle Vampire kämpfen mit diesen Waffen, auch die Seelenlosen.«
    Ich hätte ihm gerne gesagt, dass er mich mal konnte – und zwar diamantsonnen-kreuzweise. Stattdessen biss ich die Zähne zusammen und stellte mir vor, wie ich ihm die Spitze durch die Brust jagte – knapp am Herz vorbei, gerade nahe genug, um ihn vor Angst erstarren zu sehen. Ich stand auf. Zuerst dachte ich, ich könnte nicht mehr auftreten. Aber seine Miene war so finster, dass ich vermutlich mit einem offenen Bruch rund um den Äquator gelaufen wäre, wenn er es verlangt hätte.
    Er schmiss mir Myras Speer vor die Füße und ließ mich wieder angreifen. Einmal, zweimal, dreimal, irgendwann zählte ich nicht mehr mit. Jedes Mal wurden seine Schläge fester und meine Parade hoffnungsloser. Nach dem letzten Angriff und seinem perfekten Schlag in meine Kniekehlen fühlte ich mich wie ein geprügelter Hund. Nein, meine Stellung war noch niederer. Ich war nur ein Mädchen in der Obhut eines Vampirs. Ich besaß überhaupt keine Rechte mehr.
    Er winkte mich nach oben. Ich blieb sitzen und missachtete die erste Regel. Nur eine kurze Pause, mehr wollte ich eigentlich nicht. Ich legte den Speer neben mich, wischte mir den Schweiß aus dem Gesicht und streifte ihn schamlos an meinen Jeans ab. Es war mir egal, was er dachte. Er schwitzte ja nicht. Wenn ich ihm schon nicht sagen durfte, was ich brauchte, musste ich es ihm zeigen.
    »Hoch mit dir!« Allein sein Tonfall hätte mich aufscheuchen sollen wie ein Schreckschuss, aber ich reagierte nicht.
    »Hoch, hab ich gesagt!« Ich rührte mich nicht und starrte auf seine Füße. Sein Speer knallte ungebremst auf meine rechte Schulter. Ich kippte einfach zur Seite. Instinktiv rollte ich mich zusammen und griff nach der Waffe. Doch er war zu schnell, schlug wieder zu, diesmal auf meine Finger, die den Diamantspeer so fest umklammerten, als wäre er das letzte Fitzelchen Würde. Er glitt mir aus der Hand, so wie mein komplettes Leben. Während ich meine pochenden Fingerknöchel an die Lippen hielt, sauste sein Speer über mir durch die Luft. Bei jedem Surren kniff ich die Augen zusammen, krümmte den Rücken in Erwartung eines Treffers, aber er schlug nicht zu. Warum auch immer er das tat, aus Zorn, aus Demonstration seiner Überlegenheit, aus Langeweile – ich konnte es gar nicht sagen, und auch nicht darüber nachdenken, da sich ein anderer Gedanke in mir festsetzte, ein unguter, gefährlicher, rebellischer Gedanke. Bekanntlich ist es mit aufsässigen Ideen so: einmal gedacht, sind sie nicht mehr zu stoppen. Bislang hatte er alle Schläge so platziert, dass ich nur blaue Flecken und Prellungen in Form von Beulenpest bekommen würde, kein einziger hatte mich mit dem Diamanten erwischt.
    Ich darf nicht bluten, weil er sonst nicht gegen mich kämpfen kann. Er müsste den Kampf abbrechen, um mich nicht zu gefährden – wie hatte Myra mich genannt? Sein Nachtschattenherz.

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