Spiegelblut
gemeint.
»Lieber stürze ich mich kopfüber vom Empire State Building, und ich …«
Damontez fiel ihr ins Wort: »Myra, bitte mäßige dich! Sprich weiter, Faylin.«
»Ein bis zwei Tage also. Dieser Zeitrahmen ist normal, falls sie kein Spiegelblut und nur dein Nachtschattenherz ist.«
Nein, frag nicht! Frag nicht nach, wie es ansonsten ist!
»So und nicht anders würde es sein!«
Obwohl Damontez nicht gefragt hatte, ersparte Faylin mir nicht die Antwort: »Bei einem Spiegelblut setzen die Halluzinationen relativ früh ein. Es können vier Stunden sein, vielleicht sechs. Oder auch nur zehn Minuten. Bei Menschen treten die Halluzinationen zudem in Intervallen auf, aber bei einem Spiegelblut sind sie dauerhaft. Daher musst du mindestens eine halbe Stunde warten, bevor du die Sinne wieder freigibst.«
»Wir haben alles Nötige hier, um den Test sofort durchzuführen.« Dracas dunkle Lust, sich an meiner Hilflosigkeit zu weiden, krabbelte animalisch unter meine Haut.
War der Test der zweite Plan? Ich presste meine Hände vor das Gesicht, als wäre ich ein Kleinkind, das Verstecken spielt. Mir graute vor ihrer Entscheidung, oder vielmehr graute mir davor, dass wir vielleicht keine Wahl haben könnten.
»Ich werde nicht zulassen, dass ihr mein Blutmädchen anrührt«, sagte Damontez entschieden. »Wieso bist du so an einem Spiegelblut interessiert, Faylin? Willst du deine Seele mit seiner Hilfe aus der Verbannung holen? Das wäre der Tod eines Spiegelblutes.«
Faylin lachte nur. »Eine Seele wird heutzutage völlig überbewertet.«
»Es gibt noch eine andere Möglichkeit, die weniger aufwendig ist.« Amybella stand ebenfalls im Kreis der Ankläger. »Steht sie tatsächlich in deiner Obhut, Damontez, dann wird sie uns sicher sagen können, was es wirklich bedeutet, ein Nachtschattenherz zu sein. Alle Vampire müssen sich an dieses Gesetz halten und ihren Mädchen bei der ersten Blutnahme den Nachtschatten zeigen.« Sie schritt um mich herum. »Eine Spiegelseele in das Land zwischen Leben und Tod zu treiben, wäre dir viel zu riskant. Was, wenn du sie dabei getötet hättest? Deine einzige Chance, deine Seelenhälfte mit Remos zu vereinen.«
Stille folgte ihrem Vorschlag, und ich überlegte mir krampfhaft, was Amybella mit ihren Worten gemeint haben könnte. Erinnere dich! , flüsterte eine Stimme in mir. Da war etwas, tief in meinem Inneren, als hätte Damontez es in mich hineingepflanzt, aber ich bekam keinen Zugang.
»Wir wollen es von ihr hören«, stimmte Faylin zu.
»Sie darf nicht sprechen, wenn Vampire zugegen sind«, sagte Damontez.
»Du bist ihr Herr, du kannst die Regeln für eine gewisse Zeit aufheben.«
»Nein! Lass die Lichtträger und ein paar deiner Vampirinnen bei uns. Sie können dir ihre Antwort dann gerne weiter übermitteln.«
Als Reaktion darauf leerte sich der Raum und verlor einiges an Kälte.
»Wir hören.« Amybella klang gespannt.
Was sollte ich ihnen nur sagen? Alles hing davon ab: meine Zukunft, die Seele von Damontez, das Leben der Lichtträger.
»Sag ihnen, wie es für dich war, als ich dein Blut getrunken habe«, sagte Damontez jetzt leise. »Sag ihnen, wie es sich angefühlt hat. Schau mich dabei an, sonst niemanden.«
Ich hob den Kopf und alle Wörter waren weg, wie ausradiert. Damontez hob auffordernd die Augenbrauen, sah zum ersten Mal aufmunternd aus. Ich öffnete den Mund, aber mir fiel nichts ein. Die Schemen meines Umfeldes stürmten auf mich ein: ein Raum wie ein Krönungssaal, die hohe Decke mit den kunstvollen Fresken, goldener Stuck, schwere Brokatstoffe vor den Fenstern.
»Coco-Marie, bist du stumm?«
»Bitte, ich will nicht, dass sie diesen Test machen … ich will nicht, ich will nicht …«
Er schlug mir mit der flachen Hand ins Gesicht, nicht fest, eher, um mich zur Besinnung zu bringen. »Sag es ihnen, verdammt noch mal!« Er schrie nicht, aber er sprach für seine Verhältnisse laut. »Wenn du nicht willst, dass man dich dem Test unterzieht, dann rede jetzt endlich!«
»Okay.« Die Ohrfeige zeigte Wirkung. Mein Verstand funktionierte wieder einigermaßen. Ich versuchte, mich an die Nacht im Schnee zu erinnern. »Da … da war Kälte in meinem Herzen«, fing ich stockend an und sah Damontez in die Augen. Er nickte kaum merklich. »Schläge, schwer wie Eis, und ein Gefühl, als würde ich im Schatten des Todes stehen, als senkte er sein Antlitz über mich … unbeugsam …« Meine Stimme zitterte. In Damontez’ Augen lag ein: Mach weiter, das ist
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