Spiegelschatten (German Edition)
Brunos Namen auf der Liste.
» Was hast du vor?«
» Mich mit Bruno Jessen zu unterhalten. Und nun weiter. Was ist mit… warte… Kerim Yilmaz?«
» Er ist nett, hat einen Studentenjob in der Unibibliothek ergattert und ist sehr hilfsbereit, wenn man ein Buch braucht, das schwer zu beschaffen ist.« Björn seufzte. » Das mit der Liste war eine Schnapsidee, Romy. Kerim hat es nicht verdient, verdächtigt zu werden. Und Bruno ebenso wenig.«
» Mich wundert eher, dass die Polizei dich nicht um eine solche Liste gebeten hat«, sagte Romy. » Oder hat sie das inzwischen getan?«
» Nein. Und denen würd ich sie auch nicht geben. Stell dir vor, was ich damit anrichten kann.«
Romy umkringelte auch Kerim Yilmaz’ Namen. » Okay. Dann… Ted Maurer.«
» Ein Kommilitone, der manchmal in Vorlesungen neben mir sitzt.«
» Hast du das Gefühl, er sucht deine Nähe?«
» Weißt du immer genau, warum sich jemand neben dich setzt? Dich grüßt, wenn ihr euch begegnet? Dich in einer Buchhandlung anspricht?«
» Allerdings. Meistens wollen diese Typen was von mir.«
» Du meinst, ich soll mich jetzt fragen, ob er scharf auf mich ist?«
Romy nickte.
» Er hat mich nicht angemacht, falls du das denkst.«
» Du hast ihn also nicht abblitzen lassen?«
» Nein. Ich hab nie was in dieser Richtung bemerkt.«
» Und wenn ihn genau das unglücklich macht? Wenn er dich von fern liebt und darunter leidet, dass du es nicht spürst?«
Sie umkringelte auch Teds Namen, und Björn fragte sich, ob es sein konnte, dass er mit Scheuklappen durchs Leben gelaufen war, wie Romy ihn anscheinend glauben machen wollte.
Aber Ted? Verliebt?
» Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür«, sagte er. » Nicht einen einzigen.«
Doch Romy hörte gar nicht zu. » Barry?«
Barry. Sollte das denn immer so weitergehen?
» Barry ist siebzehn. Mit dreizehn ist er das erste Mal ausgerissen. Wurde von der Polizei aufgegriffen und zu seinen Eltern zurückgebracht. Danach ist er immer wieder abgehauen. Seit zwei Jahren lebt er endgültig auf der Straße.«
» Du gibst ihm Geld?«
» Immer mal ein bisschen. Der hat Hunger, Romy. Du kannst dir nicht vorstellen, was er durchmacht.«
» Und dann hast du ihm vielleicht einmal nichts gegeben…«
» Was ihn augenblicklich dazu gebracht hat, zum Serienmörder zu mutieren? Hör auf, Romy. Das glaubst du doch selber nicht. Barry hat gar nicht das Zeug dazu. Er ist harmlos, lieb und freundlich. Und ein bisschen gerissen, wenn es darum geht, sich Geld zu beschaffen. Aber dann teilt er die paar Kröten noch mit andern. So ist Barry. Und jetzt streich ihn aus.«
» Ich würde ihn vermutlich sowieso nicht so leicht finden.«
» Darauf kannst du wetten.«
Befriedigt beobachtete Björn, wie Romy Barry von der Liste strich. Er ergab sich in sein Schicksal, wartete auf den nächsten Namen. Doch dann entstand plötzlich ein ungeheurer Gedanke in seinem Kopf.
» Wir sind bisher immer davon ausgegangen, dass der Mörder Schwule hasst«, sagte er langsam. » Richtig?«
Romy nickte.
» Und das glaube ich immer noch«, fuhr er fort.
» Ich auch«, bestätigte Romy. » Ich versuche ja bloß, alle anderen Möglichkeiten definitiv abzuhaken.«
» Dabei kenne ich jemanden, der Schwule hassen muss.«
» Und wieso hast du das bis jetzt noch nicht…«
» Griet«, unterbrach Björn sie. » Wenn einer Grund hat, alle Schwulen zum Teufel zu wünschen, dann sie.«
» Aber eine Frau hätte nicht die Kraft gehabt, Josch zu töten«, widersprach Romy. » Du weißt, er hat sich verzweifelt gewehrt.«
» Und wenn sie einen Killer angeheuert hat?«
» Der hätte dich einfach aus dem Weg räumen können. Warum die andern?«
» Um alle glauben zu machen, dass da jemand Schwule von der Bildfläche verschwinden lassen will. Und so von sich selbst abzulenken.«
Es fiel Björn wie Schuppen von den Augen. Das alles passte zusammen.
» Die Bullen haben immer wieder gefragt, ob es jemanden gibt, der mich hasst.« Staunend blickte er Romy ins Gesicht. » Auf Griet bin ich gar nicht gekommen. Aber natürlich hasst sie mich. Und wie.«
Eine Weile saßen sie schweigend beieinander. Dann hob Romy den Kopf.
» Björn, du musst weg von hier und das so schnell wie möglich.«
*
» Griet?« Maxim lachte. » Wollt ihr mich auf den Arm nehmen?«
Die beiden lachten nicht mit. Offenbar meinten sie es tatsächlich ernst.
» Ich bitte euch! Doch nicht Griet!«
Romy knabberte nervös an der Unterlippe. Björn schaute betreten vor sich auf
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