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Spiegelschatten (German Edition)

Spiegelschatten (German Edition)

Titel: Spiegelschatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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und stand da wie vom Donner gerührt. Ich hab ihn schnell wieder losgelassen.
    Wir haben lange zusammengesessen und aufs Feuer geschaut und geredet.
    » Das hätten wir viel früher mal tun sollen«, hab ich gesagt.
    Er hat sein Glas gehoben und mir spöttisch zugeprostet. Ganz der Ingo, mit dem ich aus guten Gründen nie wirklich ins Gespräch gekommen bin.
    Als ich ihn nach den Fotos auf dem Esstisch fragte, erzählte er mir, dass er an einem Buch über Türen arbeitet.
    » Jede Tür hat eine Geschichte«, sagte er und rückte ein bisschen näher. Er wurde ganz lebhaft und unterstrich seine Worte mit den Händen. » Norddeutsche Türen erzählen andere Geschichten als süddeutsche und die Türen im Osten wiederum andere als die im Westen. Dorftüren haben völlig andere Dinge gesehen als die Türen in Städten, und sie wurden auch anders behandelt. Ich liebe Türen. Und wenn ich Glück habe, finde ich hinter denen, die ich fotografiere, interessante Menschen, die mir helfen, die Geschichten ihrer Türen zu entdecken.«
    Während ich Ingo zuhörte, betrachtete ich den Stein an meiner Hand, der im Feuerschein glühte, und fragte mich, welche Geschichte er wohl erlebt haben mochte.
    Und Ingo?
    Welche Geschichte hat er?
    Mitten in der Nacht wurde Björn von einem Geräusch wach. Er sah auf seine Uhr.
    Halb drei.
    Das Geräusch wiederholte sich.
    Vorsichtig hob er Maxims Arm an und glitt geschickt darunter hervor. Maxim reagierte mit einem unwilligen Murmeln, wurde jedoch nicht wach. Björn schlich barfuß aus dem Zimmer, blieb im Flur stehen und lauschte.
    Das Geräusch kam aus dem Arbeitszimmer. Es klang, als würde etwas über den Holzfußboden rollen.
    Minette? Hatte sie sich schon so gut eingelebt, dass sie mit irgendetwas spielte?
    Langsam, um die Katze nicht zu erschrecken, schob Björn die leicht knarrende Tür auf.
    Eine glänzend silberne Kugel rollte ihm vor die Füße.
    Doch wo war Minette? Musste sie nicht abwartend dasitzen und den Lauf ihres Spielzeugs mit den Augen verfolgen?
    Björn bückte sich und hob die Kugel auf. Ein feiner Klang ertönte. Björns Finger schlossen sich um die Qigong-Kugel. Sie fühlte sich angenehm an, und instinktiv begann er, sie in seiner Hand zu drehen.
    Es musste eine zweite Kugel geben. Zusammen bewegte man sie in einer Hand. Das sollte, wenn Björn sich richtig erinnerte, die Kräfte des Yin und Yang ausgleichen und heilende Wirkung auf den Körper haben. Meistens wurden die Kugeln in einem chinesischen Brokatkästchen verwahrt.
    Doch eine zweite Kugel war nirgends zu sehen.
    Auch von Minette keine Spur.
    Björn ging in die Hocke und lockte sie.
    Natürlich gab es in diesem Zimmer zahlreiche Schlupflöcher für Minette. Doch als Björn ihr vorm Schlafengehen noch einmal Futter gebracht hatte, war sie ohne Probleme auf ihn zugekommen und hatte sich streicheln lassen. Sie hatte in seiner Gegenwart gefressen und sogar leise geschnurrt.
    Seltsam, dass sie sich jetzt nicht zeigte.
    Björn spürte, wie sich ihm die Haare sträubten.
    Er hörte wieder ein Geräusch. Diesmal aus dem Flur. Als ob ein Vorhang über den Boden schleifte.
    Langsam erhob er sich, den Rücken immer noch zur Tür, als könnte er das Schlimmste verhindern, indem er es einfach nicht registrierte. Gleichzeitig verspürte er einen unwiderstehlichen Drang, sich umzuwenden und dem, was sich dem Zimmer näherte, entgegenzublicken.
    Er nahm jetzt Minettes Anwesenheit deutlich wahr. Ohne sagen zu können, warum. Er wusste nur mit absoluter Sicherheit, dass die Katze sich mit ihm in diesem Raum befand. Und dass sie nicht schlief, sondern hellwach war.
    Allen Mut zusammenraffend, drehte Björn sich um und setzte leise einen Fuß vor den andern, um sich hinter der Tür zu verstecken. Er spürte die Kälte nicht mehr, die vom Holzboden aus in seine Fußsohlen kroch. Es kribbelte in seinem Nacken. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen.
    Die Qigong-Kugel gab einen feinen Laut von sich.
    Björn erstarrte in der Bewegung. Er hatte vollkommen vergessen, dass er sie noch in der Hand hielt.
    Das schleifende Geräusch draußen verstummte jäh.
    Nach ein paar Sekunden öffnete sich langsam die Tür. Ohne nachzudenken warf Björn sich dagegen, spürte Widerstand und hörte im selben Moment einen Schmerzensschrei.
    Maxim!
    Er riss die Tür auf und sah Maxim auf dem Boden sitzen. Das Gesicht schmerzverzerrt, hielt er sich den Kopf. Er hatte sich in der Kaschmirdecke verfangen, die im Wohnzimmer auf dem Sofa gelegen hatte.
    »

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