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Spiegelschatten (German Edition)

Spiegelschatten (German Edition)

Titel: Spiegelschatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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wandte er sich zum Gehen und legte ein solches Tempo vor, dass Rick Mühe hatte, mit ihm Schritt zu halten.
    *
    Beim ersten Klingeln stöhnte Maxim auf. Beim zweiten zog er sich die Decke über den Kopf. Beim dritten schälte er sich schlaftrunken aus dem Bettzeug, schlüpfte in seine Jeans und schlurfte barfuß zur Tür.
    Das Geräusch fließenden Wassers, das aus dem Badezimmer drang, wurde von Björns schrägem Gesang übertönt, und Maxim lächelte unwillkürlich. Wenn Björn glücklich war, musste er das rauslassen. Dann sang und pfiff er den ganzen Tag. Wie ein Wasserkessel, dachte Maxim, und sein Lächeln wurde noch breiter, als er das Bild auf sich wirken ließ.
    Wieder läutete es, diesmal Sturm.
    Maxim drückte genervt auf den Türsummer und machte die Wohnungstür auf. Ein kalter Luftzug ließ ihn frösteln. Er rieb sich die Arme und horchte auf die leichten Schritte, die sich im Treppenhaus näherten.
    Eine Frau, schloss er. Die Schritte eines Mannes wären schwerer gewesen. Eine schlanke Frau, denn eine korpulente hätte sich langsamer bewegt. Und dann erkannte er die Besucherin.
    » Romy«, sagte er und strahlte sie an, obwohl ihr überraschendes Auftauchen ihn eigentlich ärgerte. » Was verschafft uns die Ehre?«
    Sie sah wütend aus und antwortete ihm nicht. Sie beachtete ihn nicht mal. Erst als sie im Flur stand, schaute sie ihn an.
    Wenn Blicke töten könnten, dachte er und schloss die Tür.
    » Du bist also der Grund dafür, dass mein Bruder nicht erreichbar ist«, stellte Romy fest und musterte seine Aufmachung. Die engen Jeans, den bloßen Oberkörper, seine nackten Füße.
    Und das, obwohl es bald Mittag war.
    Maxim hob gleichmütig die Schultern. Ihr Gezicke fiel ihm auf die Nerven. Sooft sie einander begegneten, vibrierte die Luft von der negativen Spannung zwischen ihnen. Björn litt sehr darunter, denn er liebte seine Schwester. Aber Maxim konnte es nicht ändern. Er hatte es ja versucht, hatte alle Register gezogen, doch Romy war immun gegen seinen Charme und seine Freundlichkeit. Er konnte machen, was er wollte, sie ließ ihn einfach nicht an sich heran.
    » Björn duscht gerade«, sagte er. » Willst du was trinken?«
    Er ging in die Küche voraus und wünschte, er hätte sich ein T-Shirt übergestreift. So würden sich ihre Vorurteile Schwulen gegenüber nur wieder bestätigen.
    Maxim hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, als ihm klar wurde, dass er unsinnig war. Romy hatte keine Vorurteile gegen Homosexuelle. Sie liebte ihren Bruder genau so, wie er war, und hatte nie Einwände gegen seine früheren Schwärmereien gehabt.
    Nur gegen ihn.
    Also richtete sich ihre Abneigung augenscheinlich gegen ihn als Person.
    » Kaffee?«, fragte er. » Tee? Was Kaltes?«
    » Habt ihr Milch im Angebot?«
    Ihr. Hatte sie wirklich ihr gesagt? Das bedeutete ja fast so etwas wie Akzeptanz.
    Maxim förderte eine Tüte Milch aus dem Kühlschrank zutage und stellte sie, zusammen mit zwei Gläsern, auf den Tisch.
    » Gießt du schon mal ein?«, fragte er. » Dann ziehe ich mir eben was über.«
    Als er wieder in die Küche kam, rückte Björn sich gerade einen Stuhl zurecht. Er hatte sich ein Badetuch um die Hüften geschlungen. Seine Haut glänzte feucht, und auf der Oberlippe hatte er einen Milchbart, den Maxim ihm am liebsten weggeküsst hätte.
    Doch das war in Romys Gegenwart nicht möglich. Es würde sie bloß provozieren. Sie wirkte ohnehin immer noch ziemlich gereizt. Er nahm ein drittes Glas aus dem Schrank, setzte sich zu den beiden, schenkte sich ein und trank.
    » Du kannst nicht einfach abtauchen«, sagte Romy zu Björn, ohne Maxims Gegenwart zur Kenntnis zu nehmen. » Wenn du nicht telefonieren willst, dann teil mir das mit, und ich lasse dich in Ruhe.«
    » Jaahaa.« Björn streichelte ihren Arm. » Ich hab’s ja kapiert.«
    » Hast du nicht, Blödmann.«
    Sie hatte ihm längst verziehen und Björn wusste das. Er grinste sie an.
    Zärtlich fuhr sie mit der Kuppe ihres Zeigefingers über das Grübchen an seinem Kinn.
    Diese intime, innige Geste ließ die Eifersucht in Maxim hochschießen wie das Wasser eines Geysirs. Wie sollte er je gegen die Nähe von Geschwistern ankommen, die vom ersten Moment ihres Lebens an zusammen gewesen waren? Was hatte er der extremen Verbundenheit von Zwillingen entgegenzusetzen?
    Eine andere Art von Liebe, dachte er. Leidenschaft.
    Er griff über den Tisch nach Björns Hand.
    Björns Augen wurden dunkel vor Verlangen. Maxim zog seine Hand an die Lippen und

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