Spiel, bis du stirbst (Samantha Veselkova Krimi) (German Edition)
Zimmer. Sollte er doch seinen Schmerz für ein paar Tage ertränken. Da er ihres Wissens nach noch nie übermäßig viel Alkohol getrunken hatte, würde das seiner Gesundheit keinen Abbruch tun, solange er irgendwann wieder davon runter kam – und dafür würde sie früher oder später sorgen.
Als sie die Kühlschranktür öffnete, sah sie vier Flaschen Jack Daniels Black Label. „Whiskey im Kühlschrank“, murmelte sie vor sich hin, als sie eine Flasche entnahm.
Jan saß genauso auf der Couch, wie sie ihn verlassen hatte. Es rollten immer neue Tränen über seine Haut, aber es war ein stilles Weinen. Sam holte ein Glas aus dem Wohnzimmerschrank, schenkte es voll und gab es ihrem Freund. Der trank es in einem Zug leer, woraufhin Sam nachfüllte.
„Um wie viel Uhr begann Deborahs Kurs immer?“, erkundigte sich Sam, während er die Hälfte des dreifachen Whiskeys austrank.
„Um sechs Uhr“, gab Jan zurück, wobei seine Stimme etwas rauer klang als zuvor.
„Du warst doch sicher auch mal dort. Kannst du mir beschreiben, wie ich ihren Unterrichtsraum finde?“
„Es war Zimmer 405. Warum willst du das wissen?“
„Einfach nur Neugier“, log sie.
„Du willst doch nicht etwa dahin? Ich will nicht, dass du dich in Gefahr bringst.“
Sam lächelte. „Ich bringe mich nicht in Gefahr“, erklärte sie und goss Jans Glas wieder voll. Das lenkte ihn ab und er trank erneut. Offenbar drang bereits der erste Alkohol in seine Blutbahn, denn seine Gesichtszüge entspannten sich leicht. Als er das Glas ansetzte, sah Sam unauffällig auf ihre Uhr. Viertel nach fünf.
„Bist du sicher, dass ich dich alleine lassen kann?“, fragte sie.
„Ja, ich habe doch meinen neuen Freund Jack. Danke, dass du dich überhaupt um mich kümmerst.“
„Ich komme morgen wieder.“ Mit einem Kuss auf seine Wange verabschiedete sie sich und ließ ihn mit seinem neuen Freund alleine.
13 | Hass
Vielleicht sollte er ihn umbringen. So oft, wie Samantha bei ihm war, musste ihr viel an ihm liegen. Es würde sie treffen, wenn er starb, somit war es ein wünschenswertes Ziel. Aber erst musste er abwarten, bis die Polizei nicht mehr ständig bei ihm war. Dann würde er auch ihn zunächst beobachten, und zum richtigen Zeitpunkt zuschlagen.
Eben hatte sie sich kaum länger als eine halbe Stunde bei dem Mann aufgehalten. Nun war er gespannt, wo es jetzt hin ging. Beinahe hätte er sie an einer Ampel verloren, weil er ein Auto zwischen ihrem und seinem gelassen hatte. Mittlerweile wusste er, dass sie als Detektivin arbeitete, deshalb war er etwas vorsichtiger geworden. Sie durfte ihn nicht frühzeitig entdecken. Erst sollte sie in Angst versinken. Zittern sollte sie. Nach und nach würde er ihr die Dinge nehmen, die sie liebte, bis sie nur noch aus Panik bestand und voller Furcht auf das nächste Desaster wartete. Ganz viel Zeit würde er sich mit allem lassen, um jeden einzelnen Schritt genießen und auskosten zu können. Laben würde er sich an ihrer Verzweiflung.
Als er im Stadtteil Fechenheim registrierte, dass sie rechts ranfuhr, hielt er ebenfalls nach einem Parkplatz Ausschau. Doch er sah keinen. Um nicht aufzufallen, musste er an ihr vorbeifahren. Auch im weiteren Verlauf gab es keine Möglichkeit zu parken. Leise fluchend bog er rechts ab. Dabei schaute er sich um und versuchte zu ergründen, wo sie hinging, konnte sie aber nicht so schnell entdecken. Dann fuhr er um den Block und trat aufs Gas, um möglichst schnell wieder in ihrer Nähe zu sein. Er kannte sich nicht aus und hoffte, dass er problemlos wieder zu der Stelle gelangte, an der er sie verloren hatte.
Warum musste diese Schlampe auch immer so dämliche Aktionen starten? Noch schlimmer war es, wenn sie mit dem beschissenen Motorrad unterwegs war. Dann hatte er überhaupt keine Chance, an ihr dran zu bleiben. Verdammt, er sollte sie vielleicht sofort kalt machen. Ein tiefer Atemzug beruhigte ihn wieder. Es war egal, wenn er sie hin und wieder verlor. Er hatte alle Zeit der Welt. Im Gegenteil: Je länger es dauerte, umso ausgiebiger konnte er sich in Vorfreude suhlen.
14 | Mitschüler
Sam ging an drei Frauen vorbei, die sich vor der offenstehenden Tür von Raum 405 aufhielten. Als sie die Tür erreichte, sah Sam, dass zwei weitere Frauen und zwei Männer bereits auf ihren Plätzen saßen. Ob noch Schüler fehlten, wusste sie nicht. An dem großen Tisch vor der Tafel saß eine Frau, die Sam auf gut dreißig Jahre schätzte. Unschwer konnte die Detektivin erkennen,
Weitere Kostenlose Bücher