Spiel, bis du stirbst (Samantha Veselkova Krimi) (German Edition)
Schalter umlegen. Ich kann es mir selbst nicht erklären.“
Sam vermutete, dass dies normal war. Sie hatte einen ähnlichen Zustand damals bei den Eltern von ihrer Freundin Sabsi erlebt, nachdem diese getötet worden war. In jedem Fall sollte sie versuchen, sich noch einmal ausgiebig mit Jan zu unterhalten, solange er nicht so apathisch war. Es war angenehm, ihn einmal normal zu erleben. Während sie bereits nach ihrer Tasse griff, setzte sie sich hin. Dann trank sie einen Schluck.
„In deinem Auto riecht es merkwürdig. Ich nehme an, dass die Polizei dort irgendwelche Chemikalien benutzt hat.“
„Nein, das war nicht die Polizei. Mir ist da kürzlich ein Missgeschick passiert. Eine Flasche Desinfektionsmittel ist ausgelaufen. Ich weiß auch nicht, wie sich die Flasche öffnen konnte. Sie war neu, und ich hatte sie gerade erst gekauft.“
„Desinfektionsmittel?“, fragte Sam alarmiert.
„Ja, für das Badezimmer“, erklärte Jan unbefangen.
Sam fragte sich, womit sie ihren Wagen reinigen würde, wenn sie eine Leiche darin transportiert hatte. Dann ermahnte sie sich selbst. Sie sah Gespenster. Auch sie hatte Desinfektionsmittel zuhause, sogar in rauen Mengen. Zum einen benötigte sie es, ebenso wie Jan, für ihre Toilette, und zum anderen desinfizierte sie nach jeder Session die benutzten Möbel in ihrem Studio. Warum sollte Jan kein derartiges Mittel haben, das sicher in den meisten Haushalten Deutschlands vorhanden war. Aber öffnete sich so eine Flasche von alleine? Ihr fiel das geschmolzene Eis in ihrem Kofferraum ein. Solche Dinge passierten jedem, warum also nicht auch Jan?
„Meinst du, die Polizei findet den Täter?“, fragte Jan. Dabei sah er sie an, und Sam versuchte in seinen Augen zu lesen. Hatte der Mann Angst davor, dass der Täter gefunden werden konnte? Nein, ihr kam es nicht so vor, als würden seine Augen Furcht widerspiegeln.
„Wahrscheinlich. Und wenn nicht die Polizei, dann ich.“
„Du willst deine Zeit dafür opfern?“
„Das ist immerhin etwas, was ich kann. Ansonsten gibt es nicht so viel, womit ich dir helfen kann.“
„Du weißt aber nicht, wo du dabei hineingeraten könntest. Ich möchte nicht, dass du dich in Gefahr bringst. Lass’ das bitte die Polizei aufklären, Samantha.“
„Warum?“, wunderte sich die Detektivin. „Du weißt, dass ich auf eine Art ermitteln kann, die der Polizei verschlossen ist. Ich als Privatperson muss mich nicht an so manche Regel halten, die einem Polizisten auferlegt ist.“
„Wir wissen aber nicht, ob der Mörder am Ende auch auf dich losgeht. Wenn ich dich auch noch verlieren würde, dann bräche meine Welt endgültig zusammen.“
„Keine Sorge, ich passe schon auf mich auf.“
Eine Weile tranken sie still ihren Kaffee. Dabei überlegte Sam, wie sie ihre Fragen formulieren konnte, ohne Jan zu nahe zu treten. Vorsichtig begann sie: „Noch immer überlege ich, warum Deborah verschwunden ist. Es gibt so viele Dinge, an denen sie sich vielleicht gestört haben kann, ohne dass sie etwas gesagt hat.“ Sie ließ eine kurze Pause, und fragte dann: „Wie lief es eigentlich im Bett mit euch?“ Sam versuchte, die Frage so nebensächlich wie möglich klingen zu lassen.
„Ich denke, es lief gut. Sie hat nie gesagt, dass sie nicht zufrieden ist. Worauf willst du hinaus?“
„Kann es sein, dass ihr unterschiedliche Vorlieben hattet?“
Entgeistert sah Jan sie an. „Was meinst du? Wir haben oft miteinander geschlafen und es hat beiden gefallen, zumindest glaube ich das. Was kann man denn da für unterschiedliche Vorlieben haben?“
Sie sah ihn nur an. Dann schien es ihm zu dämmern.
„Du meinst doch nicht …“, brachte er hervor. „Das ist nicht dein Ernst, Sam. Wir waren zwei ganz normale Menschen, die sich geliebt haben. So etwas, wie du machst, gibt es doch nur in ganz bestimmten Kreisen.“
War er wirklich so naiv? Genau so hatte sie ihn damals kennen gelernt, und dieser Eindruck ist bisher nie widerlegt worden. Er meinte es tatsächlich so, wie er es sagte.
„Es muss ja nicht unbedingt in die Richtung gehen, die ich praktiziere. Es gibt tausend verschiedene Spielarten. Vielleicht mochte sie etwas, das sie dir nicht sagen wollte, oder du mochtest etwas, das sie unangenehm fand.“
„Was denkst du von uns?“, sagte er beinahe aufgebracht. „Wir waren uns genug. Die Dinge, die du sicher als gewöhnlich bezeichnest, haben uns absolut ausgereicht und zufriedengestellt.“
Sie nickte. „Es war wohl eine dumme Idee,
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