Spiel, bis du stirbst (Samantha Veselkova Krimi) (German Edition)
danach zu fragen.“
„Besser du als die Polizei. Bei dir kann ich mir sicher sein, dass da keine Unterstellung hinter steckt. Ich würde nur gerne wissen, was du dir von meiner Antwort erhofft hast.“
„Naja, wenn es da irgendwelche Interessen von Deborahs Seite gegeben hätte, dann wüsste ich vielleicht, in welcher Richtung ich nach deinem eventuellen Nachfolger suchen sollte“, log Sam. Tatsächlich hatte sie erfahren wollen, ob Jan etwas über Deborahs sehr intimen Verletzungen sagen konnte.
Er nickte. „Ich verstehe. Du lässt einfach nichts außer Acht.“
„Zumindest versuche ich das“, bestätigte Sam und dachte an Gregor, der das scheinbar noch viel besser als sie konnte. Die Fragen und Gedankengänge des Polizisten hatten sie letzte Nacht beeindruckt.
„Hast du eigentlich mal versucht, über dieses Kontaktforum, in dem sie inseriert hat, mit ihr in Verbindung zu treten?“, fiel ihr zu fragen ein.
„Natürlich habe ich das“, gab er offen zu. „Ich habe mir dafür einen falschen Namen ausgedacht und sie als Konrad Aldemann angeschrieben. Es kam aber nie eine Antwort.“
„Wie lange ist das her?“
„Das war einen Tag, nachdem ich die Anzeige entdeckt habe.“
Sam überlegte. Am Mittwoch vor genau einer Woche war er zu ihr gekommen, um ihr die Internetseite zu zeigen. Tags drauf lag Deborah auf den Gleisen und wurde vom ICE erfasst. Zufall?
„Wie bist du eigentlich auf die Anzeige gestoßen?“ Auf die Antwort war Sam sehr gespannt.
„Die habe ich gar nicht selbst gefunden", erklärte er. "Ein brasilianischer Freund von mir sieht sich in deutschen Foren um, weil er eine brasilianische Frau sucht, die bereits in Deutschland lebt. Er hat mir den Link kommentarlos zugeschickt. Vermutlich ist er einfach bei seiner Suche darüber gestolpert.“
„Hast du mal die Nachbarn gefragt, ob jemand gesehen hat, wie sie an dem besagten Abend gekommen und wieder gegangen ist?“
„Ich habe zu den Leuten hier nicht so viel Kontakt. Nur unsere direkten Nachbarn habe ich gefragt, und die sagen, sie hätten Deborah nicht gesehen.“
Wo konnte sie nur ansetzen? Morgen war Donnerstag, da würde sie Maria in der Schule treffen können. Aber musste sie eigentlich solange warten?
„Du hast doch sicher die Adresse von Maria, oder?“
„Natürlich habe ich die. Aber da ich nicht möchte, dass du dich da reinhängst und dich in Gefahr begibst, werde ich sie dir nicht geben.“
„Unsinn, ich bekomme die Adresse sowieso, also kannst du sie mir auch gleich geben.“
„Und wenn dir am Ende etwas passiert, dann werde ich mir mein Leben lang Vorwürfe machen.“
„Warum boykottierst du mich, Jan? Mir kommt es ja fast so vor, als wolltest du nicht, dass jemand die Wahrheit herausfindet.“ Mist, das hätte sie nicht sagen sollen. Trotzdem sah sie direkt und ernst in seine Augen. Ein betretenes Wegsehen, wonach sie sich eigentlich fühlte, würde Schwäche bedeuten, und diese gestand sie sich nicht einmal Jan gegenüber zu.
Er erwiderte den Blick ebenso fest. „Du glaubst aber nicht, dass ich der Mörder bin, oder?“
Sam konnte weder Zorn noch Vorwurf in seiner Stimme erkennen. „Nein, das glaube ich nicht. Aber du solltest verstehen, dass im Moment viel gegen dich spricht. Deswegen möchte ich die Wahrheit herausfinden, um dich entlasten zu können. Aber dafür brauche ich deine Hilfe. Wenn du mich blockierst, dann werde ich für jeden Schritt doppelt so lange brauchen, und ich weiß nicht, wie viel Zeit ich habe.“
„Was meinst du damit, wie viel Zeit du hast?“
Sollte sie es ihm ganz direkt sagen? Momentan war er in einem erstaunlich guten Zustand. Wenn überhaupt, dann war jetzt der beste Moment. „Bis sie dich festnehmen“, offenbarte sie ihm mit ruhiger Stimme.
„Sie haben keine Beweise gegen mich, und da ich es nicht getan habe, werden sie auch keine Beweise finden. Warum sollten sie mich also festnehmen?“
Auf den ersten Blick ein durchaus akzeptables Argument, aber Sam wusste es besser. „Hast du schon mal etwas von einem Indizienprozess gehört? Bisher haben sie dafür sicher noch nicht genug, aber wer weiß, was sie noch alles finden werden?“
Endlich schien er zu begreifen, in welcher Lage er sich befand. Seine Augen weiteten sich, und es machte den Eindruck, als würde seine ohnehin blasse Gesichtshaut noch mehr Farbe verlieren. Mit der linken Hand ergriff er sein Ohrläppchen und rieb es unbewusst. Es verstrich mindestens eine halbe Minute, bevor er eine Antwort darauf
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