Spiel, bis du stirbst (Samantha Veselkova Krimi) (German Edition)
es auch wirklich gewissenlose Mörder, aber wir unterhalten uns ja über die Möglichkeit, dass eine sonst völlig normale Person jemanden getötet hat. Dabei lebt unser Mörder in ständiger Angst überführt zu werden. Er muss stets aufpassen, nichts falsches zu sagen, muss versuchen, sich möglichst unauffällig zu benehmen. Doch was ist unauffällig? Er zerreißt sich unentwegt den Kopf darüber, was er tun darf, wie er sich benehmen muss, ob er etwas vergessen hat zu beseitigen, welche Möglichkeiten es gibt, ihn zu kriegen. So jemand ist in Panik und macht Fehler.“ Gregor machte eine kurze Pause. Dann fuhr er fort: „Bei einem Profikiller sieht das natürlich völlig anders aus. Er ist kalt, weiß genau, dass er keinen Fehler gemacht hat, und strahlt eine grenzenlose Selbstsicherheit aus.“
Einer Eingebung folgend fragte sie: „Kann man dich mieten?“
Er hob die Brauen. „Wofür?“
„Um mir Unterricht in diesen Dingen zu geben. Du bist gut.“
„Es wäre schlimm, wenn ich nicht ein wenig über diese Dinge wüsste“, gab er sich bescheiden.
„Ich meine das ernst“, versetzte sie. „Wenn du es sagst, dann kann ich alles nachvollziehen. Aber ich habe nicht mal angefangen, mir derartige Gedanken zu machen, verstehst du? Es ist eine Sache, hier und da mal etwas für jemanden herauszubekommen oder jemanden zu beobachten. Ein solcher Fall aber ist um mehrere Nummern größer. Ich bin sicher eine selbstbewusste Frau, aber wenn ich mich mit dir unterhalte, dann merke ich schon, dass ich eigentlich überhaupt keine Ahnung von dieser Art Polizeiarbeit habe.“
„Du hast auch üblicherweise keinen Mordfall. Für deine normalen Aufträge reicht dein Wissen doch aus. Für mich gibt es keinen Zweifel daran, dass du eine gute Detektivin bist.“
„Danke für die Blumen. Ich halte mich auch nicht für schlecht, aber für größere Fälle käme mir dein Wissen schon sehr gelegen.“
Er lächelte, und hatte dabei etwas Spitzbubenhaftes. „Ich kann dir gerne hin und wieder als Berater zur Seite stehen. Natürlich kann ich dich nicht in alle Polizeigeheimnisse einweihen, und du wirst nicht so einfach nebenbei alles lernen, was wir in einer dreijährigen Ausbildung vermittelt bekommen. Aber ich kann dir bestimmt den einen oder anderen Denkanstoß geben, wenn du mal nicht weiterkommst.“
„Ich sollte vielleicht eine Ausbildung bei euch machen“, schlug sie vor. „Ihr habt doch jetzt den Kripodirekteinstieg, soweit ich weiß.“
Er lachte. „Wenn du einmal bei uns bist, dann werden wir dich nicht mehr gehen lassen, also überlege es dir gut!“ Dann sah er auf seine Armbanduhr und meinte: „Du solltest jetzt langsam aufstehen.“ Bei diesen Worten erhob er sich, nahm das Tablett vom Bett, und verschwand damit aus dem Zimmer. Sam schälte sich aus dem Bett und ging ins Badezimmer. Ein Ziehen im Unterleib machte sie darauf aufmerksam, dass sie bald ihre Tage bekommen würde. Sie hasste es.
Eine halbe Stunde später herrschte ein kleines Chaos in der Wohnung. Im Flur standen diverse Utensilien, deren Sinn sich ihr zum großen Teil verschloss. Das Wohnzimmer war von fremden Menschen bevölkert, von denen manche das Angebot einer Tasse Kaffee angenommen hatten. Verschiedene Unterhaltungen wurden zum Teil sehr leise, andere wiederum recht laut geführt, und man hörte hin und wieder das Klicken einer Spiegelreflexkamera.
Gregor hatte versprochen zu bleiben, bis seine Kollegen fertig waren. Völlig ungezwungen hatte er seine Frau angerufen und ihr mitgeteilt, dass die Nachtschicht zu einem Einsatz der Spurensicherung geführt hatte, dessen Beendigung er noch abwarten musste. Wenn man einmal davon absah, dass man die Nacht nur teilweise als Einsatz betiteln konnte, war es nicht mal eine Lüge.
Um die Mittagszeit war alles vorbei und es kehrte Ruhe ein. Gregor zog seines Weges, fuhr nach Hause, zu einer Frau, die der festen Überzeugung war, dass ihr Mann die ganze Nacht gearbeitet hatte.
17 | Höppel
Nachdem sie die häusliche Ordnung wieder hergestellt hatte, hörte sie die Mailbox ihrer Handy-Drittnummer ab. Es gab drei Nachrichten. Die erste war von Michael Höppel, dem Fahrer der blauweißen Suzuki. Er hatte bereits am Vortag angerufen und wollte fragen, ob sie am frühen Abend eine kleine Tour durch den Taunus mit ihm machen wollte. Irgendwie empfand Sam ein leises Bedauern darüber, dass es dazu nicht gekommen war. Michael war einer der wenigen Männer, die ihr auf Anhieb sympathisch gewesen
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