Spiel, bis du stirbst (Samantha Veselkova Krimi) (German Edition)
sind nur zwei Zahlen: sechs und drei.“
„Scheiße“, gab der Polizist von sich. Dann, rufend: „Axel, jemand soll sofort in die Königsteiner Straße nach Eppstein-Ehlhalten fahren. Bitte kontaktiere das zuständige Revier.“ Er nannte noch die Hausnummer, und sagte dann leiser: „Hast du Hinweise darauf, ob er noch im Haus ist?“
„Ich habe keine Ahnung, aber wenn ich ihn zu Gesicht kriege, werde ich ihn schlachten.“ Sams Stimme klang weniger selbstsicher, als sie sich gewünscht hatte. Sie war zwar viel ruhiger als in Jans Wohnung, denn hier war sie nicht mit der Leiche ihres besten Freundes konfrontiert, und körperliche Auseinandersetzungen schreckten sie nicht. Trotzdem spürte sie ein enormes Unbehagen, denn sie hatte keine Ahnung, welchen Waffen sie sich eventuell gegenüber sehen würde. Seit über zwanzig Jahren machte sie Kampfsport, ihren lieben Adoptiveltern sei Dank. Dabei hatte sie mehrmals die Kampfsportart gewechselt und ein sehr gutes Reaktionsvermögen erlangt. Wenn aber jemand mit einer Pistole vor ihr stand, hatte sie schlichtweg keine Chance. Ebenso gab es Waffen, deren Hiebe man kaum ausweichen konnte, wenn man sich in einer beengten Wohnung befand.
„Wir machen es wie beim letzten Mal“, sagte Gregor. „Du bleibst, wo du bist, und ich bleibe am Telefon, bis die Kollegen da sind.“
„Kommt ja gar nicht in Frage“, antwortete Sam. „Deine Jungs würden mir die Haustür eintreten. Die Fenster werden schon teuer genug sein.“
„Sam, du bleibst, wo du bist!“, befahl Gregor. „Es ist zu gefährlich.“
„Ja, ja“, bediente Sam sich der Wortwahl von Nika. „Pass auf, ich stecke das Telefon jetzt in meine Tasche. Du wirst also weiterhin mitbekommen, ob etwas passiert. Aber ich werde dich nicht mehr hören können.“
Ohne eine Antwort abzuwarten ließ sie das kleine Gerät in die Tasche ihres Bademantels gleiten und nahm das zweite Messer wieder auf. Selbstbewusst trat sie von dem offenen Bereich ins Schlafzimmer. Hier schien niemand zu sein. Ein Blick hinter die Tür zeigte ihr, dass sich auch dort niemand versteckte. Plötzlich fuhr sie zusammen, als ein lauter Knall in ihren Ohren krachte. In einer panischen Bewegung wirbelte sie herum und sah zum Fenster. Noch bevor ihr Gehirn verarbeitet hatte, dass dort niemand war, erkannte ihr Unterbewusstsein, dass der Knall von einer Fehlzündung auf der Straße gekommen war. Obwohl sie für den Moment beruhigt war, schlug ihr Herz bis zum Hals.
Vorsichtig ging sie zurück in den Büro-Flurbereich und wandte sich nach rechts. Hatte sie die Tür vom Badezimmer so weit auf gelassen? Sie war der Meinung, dass sie beim Verlassen des Bades die Tür weiter zugezogen hatte. Sicher war sie sich nicht, dennoch ging sie zunächst davon aus, dass er dort drinnen war – wer auch immer er sein mochte. Ohne zu zögern trat sie die Tür ganz auf. Laut krachte die Klinke gegen die Kacheln an der Wand. Niemand befand sich im Badezimmer. Sam sah nicht nach, vermutete aber, dass sie mit der Aktion mindestens eine Wandfliese zerstört hatte.
Sie drehte sich um und lief zur Tür ihres Trainingsraums, die stets verschlossen war, da sie den Raum nicht so stark beheizte wie den Rest des Hauses.
Plötzlich drang das Bewusstsein in ihr Gehirn, dass derjenige, der ihr die Eiswürfel hingelegt hatte, der Mörder von Jan sein musste.
Sie dachte wieder an die Fehlzündung auf der Straße. Ebenso hätte der Schuss aus einer Pistole sein können. Wenn der Fremde tatsächlich eine Schusswaffe hatte, würde er keine Sekunde zögern, auf sie zu schießen. Bei Jan war er auch völlig rücksichtslos vorgegangen. Sollte sie vielleicht doch besser auf die Polizei warten? Aber das stand im krassen Gegensatz zu ihrer Natur.
Kurz entschlossen zog sie den Ärmel ihres Bademantels über die Hand, um keine eventuell vorhandenen Fingerabdrücke zu verwischen, und drückte die Klinke zum Trainingsraum. Fast im gleichen Atemzug öffnete sie forsch die Tür und hechtete hinein. Geschickt rollte sie sich auf der dämpfenden Matte ab und kam sofort wieder in den Stand. Gekonnt hielt sie dabei die Messer so, dass eine Selbstverletzung ausgeschlossen war. Dass ihr Sprung in dem wehenden Bademantel mehr als lächerlich ausgesehen haben musste, störte sie nicht.
Sie war darauf vorbereitet, Jans Mörder gegenüber zu stehen. Sollte sie sich gegen ihn zur Wehr setzen müssen, würde sie sämtliche Tricks, die sie jemals gelernt hatte, gegen ihn einsetzen. Es würde ihr keine
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