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Spiel der Angst (German Edition)

Spiel der Angst (German Edition)

Titel: Spiel der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold
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Piepen von Emilys Handy weckte beide aus ihren Gedanken. Emily zuckte zusammen. Sie öffnete die Textnachricht.
    GUT GEMACHT , stand dort.
    Und dann ein Link. Ohne zu überlegen, klickte Emily auf den Link.
    Es war eine Videoplattform. Auf ihrem Smartphone formierte sich ein Bildschirm, dazu das Zeichen, das immer erschien, wann immer etwas geladen wurde.
    »Ein Film?« Sie blickte Julia an. Die rückte näher heran.
    Das Bild war da.
    Und der Film begann.
    Emily kannte die Person in dem Film. Sie kannte das Gesicht. Sie kannte die Stimme, die zu sprechen begann. Die Stimme, die zu dem jungen Mann gehörte, der in dem Sprengstoffanzug steckte.
    Ryan!
    »Du hast nicht viel Zeit«, sagte Ryan, so als würde er einen Text ablesen, und es kam Emily so vor, als würde er direkt in Emilys Seele blicken. »Nur zwanzig Minuten.« Sein Gesicht war eine Maske der Angst und der Verzweiflung. Emily merkte, wie ihr etwas Saures die Speiseröhre heraufkroch und ein Druck ihren Schädel erfüllte, wie es sonst nur war, wenn sich ein Migräneanfall ankündigte.
    »Du wirst gleich per SMS einen weiteren Link bekommen. Und jetzt hör gut zu: Sagt mir die Zahl des Mannes, der das letzte Großreich von Babylon führte. In den Link, den ihr bekommt, müsst ihr diese Zahl eingeben.«
    Emily schwirrte der Kopf. Sie merkte, wie sie den Mund öffnete, um Ryan eine Frage zu stellen, doch das wäre ja völlig sinnlos. Das hier war ja nur ein Film und keine Videokonferenz.
    Nur ein Film?
    Von ihrem Freund Ryan, den sie liebte. Und er war in der Gewalt eines Verrückten, eines Psychopathen. Nur ein Film? Nein, es war kein Film. Es war die Realität.
    Nichts ist schlimmer als die Realität, sagte ihr Vater immer. »Emily, du musst es schaffen«, sagte Ryan und sah sie mit flehenden Augen an. »Es ist nur eine Zahl. Ich weiß, du wirst es schaffen.« Jetzt schaute er ihr noch einmal tief in die Augen, und es war ihr, als würde sie in Schmerz ertrinken. »Und was immer passiert. Ich liebe di…«
    Der Bildschirm wurde schwarz.
    Die Verbindung wurde beendet.
    Sicher nicht von Ryan.

52
    »Verdammt, was soll das für eine Zahl sein?«, schrie Emily panisch, als sie wieder auf der Straße waren.
    Julia zuckte die Schultern.
    »Wissen heißt, wissen, wo es steht.«
    »Was soll das denn heißen?«
    »Oder wissen, wen man fragen muss.«
    »Und wer soll das sein?«
    »Natürlich Lisa. Die ist doch wieder in der Bibliothek.«
    »Schaden kann es nicht.« Emily griff zum Handy und wählte Lisas Mobilnummer.
    Das Freizeichen ertönte.
    Einmal.
    Zweimal.
    Dreimal.
    »Sie nimmt nicht ab.«
    Julia setzte ein zuversichtliches Gesicht auf. »Wird sie gleich schon.«
    Sechsmal.
    Siebenmal.
    Achtmal.
    Neunmal.
    Mein Gott, dachte Emily, ihr würde doch nichts zugestoßen sein …
    Zehnmal.
    Elfmal.
    Zwölfmal.
    Keine Voicemail.
    Nichts.
    Emily beendete die Verbindung und schaute Julia verzweifelt an.
    »Sie geht nicht ran.« Emily merkte, wie ihr das Grauen den Rücken heraufkroch. »Er hat ihr doch hoffentlich nichts getan. Er hat doch nicht …«
    Da ertönte wieder das Piepen auf ihrem Smartphone. Wieder eine SMS.
    Sie wagte es nicht, den Blick nach unten zu richten.
    Was würde dort stehen? Lisa kann euch nicht mehr helfen. Nicht mehr da, wo sie ist. Und bedenke, Emily, sie wäre nur die Erste. Aber ganz sicher nicht die Letzte. Sie schaute auf das Smartphone. Drückte auf die Taste.
    Und las die SMS.
    HI, WAR EBEN IN DER BIBLIOTHEK, KONNTE NICHT RANGEHEN. GEHE JETZT RAUS, RUFE EUCH IN ZWEI MINUTEN ZURÜCK. LISA
    Emily spürte die Erleichterung so stark, dass sie zu Boden sank.
    »Sie lebt!«, seufzte sie.
    »Warum sollte sie das auch nicht?« Julia half ihr hoch.
    Ein paar Passanten schauten verwundert auf die beiden.
    »Brauchen Sie einen Schluck Wasser?«,fragte ein Mann im Nadelstreifenanzug, der eine kleine Wasserflasche dabei- hatte.
    »Danke, nein. Alles in Ordnung.« Emily richtete sich ganz auf.
    »Em«, sagte Julia, »Du fängst langsam an, paranoid zu werden. Es ist ja nun nicht so, dass dieser Verrückte jeden sofort umbringt.«
    »Er hat Ryan«, warf Emily ein, und ihre Stimme zitterte. »Wie würdest du das finden, wenn ein Psychopath den Mann in der Gewalt hat, den du liebst? Würdest du so einem nicht auch alles zutrauen? Außerdem hat er uns ja bereits gezeigt, dass er nicht vor Mord zurückschreckt, wenn ich dich daran erinnern darf. «
    Sie schaute auf die Uhr.
    Noch fünfzehn Minuten.
    Da klingelte das Handy.
    »Ja?«
    »Lisa hier«, meldete

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