Spiel der Dämmerung - Feehan, C: Spiel der Dämmerung - Mind Game (Ghost Walkers # 2)
nur einen einzigen klaren Gedanken fassen?
Er lächelte. Kurz bevor er sie küsste, verzogen sich seine Lippen zu einem arroganten, selbstsicheren männlichen Siegergrinsen. Und dann konnte sie nicht mehr denken, nicht einmal, um ihn zurechtzuweisen. Ihre Lippen berührten sich, verschmolzen miteinander. Jeder verglühte in den Armen des anderen. Und das Verrückte daran war, dass sich nur ihre Lippen berührten. Sein Körper war dem ihren so nahe, dass sie spürte, wie seine Hitze sie durchströmte, die Luft um sie herum zum Sieden brachte, doch er achtete peinlich darauf, noch ein Minimum an Distanz zu wahren. Und nur diese Distanz rettete sie davor, vor seinen Füßen zu einem Häufchen Asche zu verglühen.
Ihre Knie wurden weich, und ihr wurde schwindlig. Der Boden unter ihren Füßen bebte. Farben schillerten hinter ihren Augenlidern, und in ihrem Kopf schwirrte und summte es wie in einem Bienenstock. Am liebsten hätte sie sich in ihn hineingeflüchtet und in den kühlen Tümpeln Schutz gesucht, die sie in seiner Seele gesehen hatte. Wie konnte er innerlich so kühl sein und gleichzeitig ihre Welt so blitzartig zum Kochen bringen? Sie wusste es nicht. Und es war ihr auch egal. Nur sein Mund und die Magie, die seine Lippen heraufbeschworen, zählten in diesem Moment.
9
NUR ÄUSSERST WIDER WILLIG hob Nicolas den Kopf. Niemals hätte er ihr auf offener Straße einen Kuss abringen dürfen. Sein Körper reagierte augenblicklich mit drängendem Verlangen. Schlimmer noch, vor seinen Augen und in seinem Kopf drehte sich alles. Er drückte ihr noch einen schnellen, festen Kuss auf die zu ihm emporgehobenen Lippen und drehte den Kopf ein wenig, um nach dem Beobachter auf dem Dach des gegenüberliegenden Hauses zu sehen.
»Ich glaube, ich sehe schlecht«, murmelte er.
Dahlia antwortete mit einem zögerlichen Lachen. »Wenn nicht mehr passiert ist, dann bist du ein weitaus besserer Küsser als ich. Ich kann kaum noch aufrecht stehen.«
»Ich habe Angst, dich anzufassen. Wir könnten beide in Flammen aufgehen.«
Sie seufzte. »Die Crux meines Lebens. Was treibt unser Freund da oben?«
»Er steigt vom Dach. Bald wird es hier auf der Straße von Menschen nur so wimmeln. Das Risiko, da oben entdeckt zu werden, ist zu groß. Er hätte besser daran getan, auf einem Balkon den Neugierigen zu mimen, da wäre er nicht weiter aufgefallen.
»Falls du dich je dazu entschließen solltest, aus diesem Geschäft auszusteigen, könntest du ein Lehrbuch schreiben.
« Sie konnte einfach nicht den Blick von seinem Gesicht abwenden, nicht einmal in die Richtung des Mannes spähen, dem sie folgen mussten. Sie war total fasziniert von Nicolas. Die Kuppe seines Daumens liebkoste ihr Kinn, beschrieb kleine Kreise auf ihrer Haut, die sie hypnotisierten und ihr wohlige Schauer über den Rücken jagten. »War schon jemals jemand besessen von dir?«
Die Andeutung eines winzigen Grinsens spielte um seine Mundwinkel. »Nur diejenigen, die mich töten wollten.«
»Sind das viele?«
»Am Leben ist von denen jedenfalls keiner mehr.« Er bückte sich nach seinem Rucksack. »Ich mag Leute nicht, die versuchen, mich zu töten, besessen von mir oder nicht. Da habe ich meine Prinzipien. Komm schon.« Er nahm sie am Arm. »Er macht sich aus dem Staub. Geh einfach mit mir spazieren, flirte ein bisschen, und halte meine Hand. Dann schauen wir mal, ob wir irgendwo eine Tasse Kaffee auftreiben.«
»Du willst, dass ich mich verstelle.« Sie stieß einen Seufzer aus und warf ihre schwarze Haarflut zurück. »Darin war ich noch nie besonders gut. Ich für meinen Teil ziehe dunkle Ecken als Deckung vor.«
»Ich will nicht, dass er dich sieht.«
»Sie kennen mich ja gar nicht. Ich wurde unter einem anderen Namen trainiert. Und selbst wenn sie diese Information irgendwo ausgraben, können sie damit auch nichts anfangen.«
»Der Name, unter dem du trainiert wurdest, lautete Novelty White. Was sich leicht in Dahlia Le Blanc übersetzen lässt. Nicht besonders einfallsreich.«
»Meine Idee war das nicht. Oder möchtest du vielleicht Novelty heißen?«, meinte sie achselzuckend und rümpfte
die Nase. »Damals war ich schließlich noch ein Teenager, Himmel noch mal.«
»Okay, der Punkt geht an dich. Ich hätte gedacht, dass du dich energisch dagegen gewehrt hättest.«
»Zu der Zeit habe ich nicht viel von mir gegeben. Damals hatte ich meine Schweigephase.« Sie lächelte ein wenig. »Du weißt schon, die ›Ich bin der ach so schlaue Teenager, und ihr seid
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