Spiel der Dämmerung - Feehan, C: Spiel der Dämmerung - Mind Game (Ghost Walkers # 2)
zum Haus, dann setzte er seine Inspektionsrunde fort, wobei er sich innerhalb der Drahtumspannung hielt. Er stapfte fast direkt an Nicolas vorbei und schaute dabei glücklicherweise nicht auf den Boden, sondern geradeaus in die Dunkelheit.
Nicolas rührte sich nicht, bis Paulie um die Hausecke verschwunden war. Dann erhob er sich so weit wie nötig und kroch über den Draht hinweg. Beinahe gleichzeitig kehrte Murphy oben auf der Veranda zurück. Nicolas erstarrte, »befahl« ihm, in die andere Richtung zu schauen. Die Schreie im Haus waren verstummt, doch Murphy fühlte sich sichtlich unwohl, wusste nicht, was da vor sich ging. Er zündete sich eine neue Zigarette an und stierte in Richtung Fluss. Erst als er sich vom Geländer der Veranda abwandte, nahm Nicolas den Pfad zum Haus in Angriff.
Die Fenster auf dieser Seite des Hauses waren geschlossen. Das stellte ihn vor keine großen Probleme. Einfache Schlösser zu knacken machte ihm keine Schwierigkeiten. Hier hatte er es mit klassischen Schiebefenstern zu tun. Und nach all den Übungen, die Lily die Schattengänger hatte absolvieren lassen, bereitete ihm so eine Kleinigkeit nicht einmal mehr Kopfschmerzen.
»Hau ab, Dahlia. Das ist eine verdammte Falle! Die männliche Stimme war schwach und schmerzverzerrt, dennoch hörte Nicolas den unmissverständlichen Kommandoton eines Mannes heraus, der an Gehorsam gewöhnt war.
Jesse Calhoun musste den Anstieg von Energie gespürt
haben, als Nicolas sich an dem Schloss zu schaffen machte. Ich bin nicht Dahlia. Hat irgendeiner von den Wachen telepathische Fähigkeiten?
Nicolas spürte Jesses Schock und seinen sofortigen Rückzug. Komm schon, Mann. Mir bleibt nicht viel Zeit, bis der Wachposten wieder um diese Seite des Hauses biegt. Dahlia wartet hier in der Nähe.
Du warst der Schütze. Im Sanatorium. Deintewegen ist deren Plan völlig aus dem Ruder gelaufen.
Wie viele sind da drin?
Vier. Wie es draußen aussieht, weiß ich nicht, aber das Haus steht unter Bewachung. Und in den Zimmern sind Sensoren. Ich sterbe sowieso. Du kannst mir nicht mehr helfen, ich habe zu viel Blut verloren, und meine Beine sind Hackfleisch. Sieh nur zu, dass du Dahlia heil hier wegbringst.
Ich komme jetzt rein.
Calhoun stieß einen Schmerzensschrei aus, ein durchdringendes Heulen, das an Nicolas’ Nerven zerrte. Er hatte keine Ahnung, ob Gregson immer noch in dem Raum war und Jesse folterte oder ob dieser absichtlich schrie, um jedes andere Geräusch zu übertönen. Ohne weiter darüber nachzudenken, packte Nicolas die Gelegenheit beim Schopf und schlüpfte ins Haus. Seine außergewöhnlichen Fähigkeiten halfen ihm dabei, die Sensoren zu umgehen, als er über die Wand hinauf zur Decke lief, wissend, dass die Männer ihn suchen würden. Aber da sie nicht wissen konnten, in welchem Raum er sich befand, mussten sie einen nach dem anderen absuchen und sich dazu aufteilen.
Wie eine Spinne hockte er an der Wand, grub Fingerkuppen und Zehen in jeden winzigen Spalt und hangelte sich so bis in eine Ecke über der Tür. Dort verharrte er regungslos. Lange musste er nicht warten. Die Tür flog
auf, und die schattenhafte Gestalt in der Diele feuerte los. Kugeln fraßen sich in die Wände und den Fußboden, zerschmetterten die Glasscheibe in der Tür.
Der Mann stürmte herein und ließ den Lichtkegel seiner Taschenlampe durch den Raum kreisen. Im gleichen Moment ließ sich Nicolas hinter seinem Rücken auf den Boden fallen, landete weich auf den Fußballen und packte dabei das Messer, das er zwischen den Zähnen gehalten hatte. Inzwischen wurden auch in diversen anderen Zimmern Gewehrsalven abgefeuert. Blitzschnell richtete sich Nicolas hinter dem Mann auf, ein lautloser, tödlicher Schatten, und war auch schon wieder verschwunden. Mit zwei Hechtrollen durchquerte er den Flur, entfernte sich von den schweren Stiefeltritten und verbarg sich in einer dunklen Sitzecke. Dort, über den Fenstern, entdeckte er einen Einbauschrank. In Sekundenschnelle erklomm er die Wand, legte sich flach auf den Schrank und zog seine Beretta. Der vertraute Griff fühlte sich gut an in seiner Hand.
»Es ist dieses Weib, Teufel noch mal«, knurrte jemand. »Geh, lauf zu Calhoun, und halt ihm das Messer an die Kehle. Wenn sie dort auftaucht, drohst du damit, ihn zu töten. Du wirst sehen, dann gibt sie ganz schnell klein bei.«
Die Stille, die sich nach diesem Befehl über das Haus legte, war beinahe unheimlich. Nicolas wartete auf das Geräusch schwerer Stiefel, die ihm
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