Spiel der Dämmerung - Feehan, C: Spiel der Dämmerung - Mind Game (Ghost Walkers # 2)
gewehrt.«
»Und du hättest dir das nie verziehen, Nicolas. Ich habe damit schon immer gelebt. Ich habe schreckliche Dinge
getan. Es waren alles Unfälle, aber schlussendlich war ich dafür verantwortlich, weil ich meine Gefühle nicht kontrollieren oder das entsetzliche Ausmaß an Energie, die in mir hochwallte, nicht aushalten konnte. Du hast dein ganzes Leben auf Disziplin aufgebaut. Ich dagegen bin der absolute Chaos-Typ, siehst du das denn nicht? Ich arbeite hart daran, eine Ordnung aufzubauen, aber ich unterbreche den natürlichen Energiefluss. Und da ich dagegen nichts ausrichten konnte, habe ich versucht, Wege zu finden, um diese negative Energie abzuschwächen. Wenn ich das nicht getan hätte, hätten mich die Schmerzen schon in den Wahnsinn getrieben. Und das wird sich auch nicht ändern. Wenn es eine andere Möglichkeit gäbe, hätte ich sie bereits gefunden.«
»Dahlia, ich gehe jetzt in dieses Haus, und ich werde Calhoun da rausholen. Und du siehst besser zu, dass du hier bist, wenn ich zurückkomme. Wenn nicht, finde ich dich, und glaub mir, dann wirst du erleben, dass ich mich nicht immer unter Kontrolle habe. Also schlag es dir aus dem Kopf, mir nachzuschleichen, um mich vor mir selbst zu retten.« Er packte sie an den Schultern und schüttelte sie ein wenig. »Ich bin ein erwachsener Mann, Dahlia. Ich fälle meinen eigenen Entscheidungen. Ich lasse mich genauso wenig von dir beschützen, wie du dich von mir beschützen lassen willst. Hast du das verstanden?«
Dahlia seufzte, einerseits wütend, dass er immer wusste, was in ihrem Kopf vor sich ging, andererseits jedoch unerklärlicherweise dankbar dafür, dass er darauf bestanden hatte, dass sie hier auf ihn wartete. »Ja, ich habe dich verstanden. Aber lass dich bloß nicht umbringen. Denn dann würde ich so ausrasten, dass ich halb Louisiana niederbrenne. «
Er zog sein Handy aus der Tasche. »Bitte, bring das nicht zum Schmelzen. Das brauchen wir nämlich noch.«
»Warum gibst du es mir dann?« Sie ließ das kleine Telefon auf das Leintuch fallen.
»Du könntest es brauchen. Lilys Nummer ist eingespeichert. «
Jetzt betrachtete sie das Handy mit etwas mehr Interesse. Sie hatte Lily quasi am anderen Ende der Leitung. Die echte Lily, nicht ihr Fantasieprodukt. Nicht die Lily aus ihren Träumen. Die Versuchung, das Telefon aufzuheben, war beinahe so groß wie ihre plötzliche Angst. Ihr Mund war staubtrocken. »Sei vorsichtig, Nicolas. Sei nicht zu selbstsicher. Du neigst dazu, dich zu überschätzen.«
»Ich überschätze mich nie«, widersprach er. Nicolas zog Dahlia am Kinn zu sich heran und hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen. »Jetzt hör mir mal genau zu, Dahlia. Wenn hier irgendetwas schiefläuft, dann schwingst du die Hufe und siehst zu, dass du hier wegkommst. Du hast ein Handy und eine Nummer. Ruf Lily an. Die Schattengänger werden so schnell wie möglich hier sein.«
Sie hielt ihn fest, ehe er sich abwenden konnte. »Und du hörst mir jetzt auch mal zu, Nicolas Trevane. Wenn irgendetwas schiefläuft, dann spiel nicht den Helden. Dann schwingst du die Hufe und verschwindest und kommst hierher zurück, und zwar heil. Anschließend rufen wir Lily an, und sie kann dann die anderen schicken.«
Er blickte auf sie herab, sah sie lange an, die Sekunden dehnten sich zu einer Ewigkeit, wie ihr schien. Seine harten Gesichtszüge entspannten sich. Zärtlichkeit schlich sich in seine obsidianschwarzen Augen. »Ich habe dich verstanden. Ich werde zurückkommen.«
Ihre Finger hielten seinen Arm noch einen Moment
lang fest, ehe sie ihn freigaben. Nicolas nahm nur das Notwendigste an Ausrüstung mit, wollte möglichst schnell und mit möglichst wenig Ballast in das Haus und wieder hinaus schlüpfen. Lautlos glitt er ins Wasser, ein dunkler Schemen, der sich flussaufwärts auf das Gebäude zubewegte. Er verursachte nicht das geringste Geräusch, nicht das leiseste Platschen, das seine Position verraten hätte. Die Strömung war stark, doch er hielt sich am Ufer, bahnte sich seinen Weg durch Schlingpflanzen, Strauchwerk und an Felsen vorbei. Nur sein Kopf schaute aus dem Wasser, als er mit aufmerksamen Blicken den Wachposten beobachtete, der seinerseits den Fluss im Auge behielt. Mit den Felsbrocken im Rücken und umgeben von Büschen, wusste er, dass man ihn nicht entdecken würde.
Seine Anspannung wuchs. Ein schlechtes Zeichen, das er als Warnsignal zu werten gelernt hatte. Der Wachposten starrte eine ganze Weile auf die schwarze
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