Spiel der Finsternis: Der Bund der Schattengänger 10 - Roman (German Edition)
Schattengängerteam würde den Heimvorteil haben, aber sie setzte nicht nur großes Vertrauen in sich selbst, sondern auch in Daiki und Eiji. Die beiden mochten zwar weder genetisch weiterentwickelt sein noch übersinnliche Fähigkeiten besitzen, aber sie waren unglaublich geschickt, und sie würden niemals in Panik geraten.
Thorn behielt Lily im Auge, während der rothaarige Schattengänger sie im Auge behielt. Lily reichte Thorn mit einem kuren Nicken etliche Beutel mit Flüssigkeiten.
»Nun mach schon, Sam«, murmelte Lily leise. »Dass du mir bloß durchhältst. Gib mir noch zwei Minuten Zeit. Nur zwei, mehr nicht. Das ist alles, was ich brauche.« Noch während sie ihm im Flüsterton gut zuredete, versuchte sie, ihm eine Nadel in den Arm zu stecken, und runzelte die Stirn, als die Vene, die sie erwischen wollte, sich ihr zu entziehen schien.
Der große, kräftige Soldat kniete sich auf die andere Seite des Patienten, und sein Gesicht war starr vor Sorge, als er Sams Arm für Lily stillhielt. Er bestand nur aus Muskeln, und doch verriet sein Gesicht Spuren von echter Zuneigung und Gefühle von der Sorte, die ein Mann wie er bestimmt nur zeigte, wenn Furcht an ihm nagte. Er sah sie mit einem raschen, beruhigenden Lächeln an, obwohl er selbst sehr besorgt war.
»Tucker Addison, Ma’am. Tut mir leid, dass wir uns unter diesen Umständen kennenlernen.« Er hatte große Angst um Sam – sie alle hatten Angst um ihn. Das erschreckte Thorn noch mehr. Sie hätte schon viel eher merken müssen, dass mit ihm etwas nicht stimmte.
Sie neigte ihren Kopf. »Azami Yoshiie.« Sam hatte für die wiederholte Teleportation von hier nach dort viel zu viel Energie verbraucht. Sie wusste aus Erfahrung, wie schwierig das für den Körper war, und doch hatte er es in verwundetem Zustand getan, ohne mit der Wimper zu zucken. War es möglich, dass der Einsatz von Teleportation die Wunde in seinem Körper verschlimmert hatte?
Lily war viel leichter zu durchschauen als der Mann. Sams Zustand bereitete ihr so große Sorgen, dass sie keine Zeit für irgendjemand oder irgendetwas anderes hatte – noch nicht einmal für einen potenziellen Feind oder einen Ehrengast. Ihre Sorge galt ausschließlich Sam. Thorn fühlte, wie die Anspannung in ihrem Körper ein klein wenig nachließ. Es war ausgeschlossen, die Form von Angst zu heucheln, die Lily an den Tag legte.
Lily fand die Vene in Sams Arm. Mit einer Schnelligkeit und Effizienz, die Thorn unwillkürlich bewunderte, verband sie erst einen Tropf damit und dann einen zweiten. Thorn hatte kaum ein zweites Mal Luft geholt, als auch schon Blut und andere Flüssigkeiten in Sam hineinströmten.
»Wird er durchkommen, Doc?«
Thorn kniff ihre Augen zusammen und richtete ihren Blick auf den Sprecher, den Mann, der nun Sam zu Häupten stand.
Lily blickte finster. »Selbstverständlich, Kyle, alles andere werde ich nicht zulassen. Ihr könnt ihn jetzt gefahrlos in das Zelt bringen.«
Sie warf einen Blick auf Thorn, als nähme sie ihr Gegenüber jetzt erst wirklich zur Kenntnis. Thorn wurde klar, dass Lily in ihr bisher kaum mehr als ein Möbel gesehen hatte, auf dem sie ihre Utensilien abstellen konnte, während sie sich um ihren Patienten kümmerte.
»Ms. Yoshiie.« Lily neigte ihren Kopf leicht, um Respekt zu bekunden. »Es tut mir leid, dass wir uns unter derart extremen Umständen kennenlernen. Wir müssen Sam in das Zelt bringen. Würde es Ihnen etwas ausmachen, die hier zu tragen?« Sie hielt ihr die Beutel mit den Flüssigkeiten hin. »Ich muss meine Hände frei haben.«
Thorn schüttelte den Kopf und ging sofort auf Lily zu, um ihr die Beutel abzunehmen. Ein anderer Mann eilte hinzu, um Tucker dabei zu helfen, Sam auf die Trage zu heben. Dann bewegten sie sich mitsamt der Trage schnell auf das Zelt zu. Lily rannte neben ihnen her. Thorns Gefühl, die Zeit drängte, lebte mit überraschender Heftigkeit wieder auf. Lily hatte es für gefahrlos erklärt, Sam zu transportieren, aber wenn sie rannten, war er noch nicht aus dem Gröbsten heraus.
Thorns Mund wurde trocken, und ihr Herz begann heftig zu pochen. Die Narben an ihrem Körper pulsierten und brannten. Blut rauschte in ihren Ohren. Sie feuchtete ihre Lippen an. »Werden Sie ihn gleich hier operieren?«
In einem Zelt? Im Freien? Ohne Narkose? Einen entsetzlichen Moment lang war sie wieder sechs Jahre alt und außer sich vor Schmerz und Furcht. Sie rannte neben der Trage her, und ihr Blick ließ sich nicht mehr auf den Boden oder
Weitere Kostenlose Bücher