Spiel der Finsternis: Der Bund der Schattengänger 10 - Roman (German Edition)
sich vor ihr wieder verschließen. Er war sehr diszipliniert und bestens ausgebildet, und sie bezweifelte, dass er ein Mann war, der sich durch Folter brechen ließ, doch wenn er sie küsste, öffnete er ihr schutzlos sein Innerstes.
Sie entdeckte diesen schwer auffindbaren Pfad zu seinem Anführer. Captain Ryland Miller – Lily Whitneys Ehemann. Sie schämte sich für ihr Zögern. Würde sie zulassen, dass Sam starb, damit sie ihre Mission ausführen konnte? Es musste eine Grenze geben, die man nicht überschritt. Wenn sie von ihren Fähigkeiten erfuhren, würde das die Lage komplizierter gestalten, aber Sam hatte bereits zu viele Vermutungen über sie angestellt. Sie konnte kein ehrenwertes Leben führen, wenn sie ihn sterben ließ, um ihre Geheimnisse zu wahren.
Ich bin Azami Yoshiie. Ich bin bei Sam Johnson. Er ist verwundet und braucht augenblicklich einen Sanitäter. Er hat eine gewaltige Menge Blut verloren. Ihr werdet mehrere Beutel brauchen. Um die Blutung zu stillen und ihn auf den Beinen zu halten, habe ich ihm zwei Pflaster mit Zenith der zweiten Generation verpasst. Der Energieschub ist abgeklungen, und der Blutverlust hat ihn kollabieren lassen. Sein Puls ist schwach, und seine Haut wird schnell kühler. Er hat das Bewusstsein noch nicht vollständig verloren.
Das Herz hämmerte in ihrer Brust. Das kurze Schweigen erschien ihr endlos, obwohl es nicht mehr als ein paar Sekunden dauerte, bis eine tiefe Stimme ihren Geist erfüllte.
In drei Minuten werden wir einen Hubschrauber in der Luft haben. Geschätzte Ankunftszeit bei euch in zehn Minuten. Sanitäter und Blut an Bord.
Es hätte sie beunruhigen sollen, dass er ihr keine Fragen dazu stellte, wie es ihr gelungen war, sein Inneres anzuzapfen – das bedeutete, dass er ein absoluter Profi war. Er fragte sie nicht einmal nach dem Zenith, und dabei mussten sie sowohl entrüstet als auch schockiert darüber sein, dass sie nicht nur davon wusste, sondern dieses Mittel tatsächlich besaß.
Der Sanitäter will wissen, ob eine arterielle Blutung vorliegt.
Soweit ich sehen kann, ist das nicht der Fall. Ich glaube allerdings, es könnte zu inneren Blutungen gekommen sein.
Verstanden.
Wieder entstand eine kurze Stille. Ihr wurde klar, dass er sich mit einer anderen Person verständigte.
Sorgen Sie dafür, dass er spricht; tun Sie, was Sie können, damit er bei Bewusstsein bleibt. Hat er Ihnen verbal geantwortet?
Nein. Thorn geriet in Panik. Sie konnte fühlen, dass er ihr immer mehr entglitt. Sie kannte jetzt den Pfad zu Ryland Miller und brauchte Sam daher nicht einzubeziehen, aber solange sie sich in seinem Kopf aufhielt, konnte sie seine Gehirnfunktionen überwachen. Er kommt immer wieder kurz zu sich und verliert gleich darauf von Neuem das Bewusstsein .
Er ist stark . Die Stimme klang unglaublich ruhig. Er ist Soldat. Er wird auf Befehle reagieren. Reden Sie mit ihm. Zwingen Sie ihn, bei Ihnen zu bleiben.
Thorn nahm Sams Gesicht in beide Hände und presste ihre Stirn an seine. »Sam, hör mir zu. Sie kommen, um uns zu holen, und uns bleibt nicht mehr viel Zeit. Ich werde in der Öffentlichkeit keine Zuneigung zu dir bekunden, wie die Leute im Westen es tun. In meiner Familie hat das Werben um eine Frau nicht das Geringste zu bedeuten.«
Seine Wimpern flatterten, und sie stellte fest, dass sie in seine dunklen Augen blickte. Sie war ziemlich sicher, dass Ryland gemeint hatte, sie sollte Sam im Befehlston anschnauzen, damit er munter blieb, doch die Verbindung zwischen ihnen war wesentlich elementarer, wesentlich ursprünglicher, und er reagierte instinktiv auf sie – oder das wollte sie zumindest glauben. Auf jeden Fall hatte sie seine Aufmerksamkeit.
»Nur ein Heiratsantrag wird mit größtem Respekt behandelt. Wenn mein Bruder dir nicht den Kopf abreißt, sondern einen derart ungeheuerlichen Vorschlag akzeptiert, wirst du als Familienmitglied angesehen werden und musst meine Brüder auch so behandeln. Eine solche Abmachung wird in meiner Familie nicht auf die leichte Schulter genommen. Von einem Werben darf auf keinen Fall die Rede sein, wenn wir wieder bei den anderen sind.«
Sie presste ihren Mund auf seinen. »Und mit dem Küssen ist es dann auch vorbei.«
Einen Moment lang setzte ihr Herzschlag fast aus, denn sie hätte schwören können, dass sich seine Mundwinkel unter ihren Lippen hoben, wenn auch kaum merklich, doch dann tauchte er wieder ab. Panik wogte in ihr auf. »Wage es bloß nicht, mir einfach wegzusterben, Soldat«, fauchte
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