Spiel der Herzen
wie Kraut und Rüben, es fehlt jegliches System. Außerdem ist er viel zu lang.
Tut mir leid, gnädige Frau, ich bin Architekt und kein Schriftsteller. Was machen Sie eigentlich beruflich?
Werner Ebert blickte zufällig aus dem Fenster seiner Redaktion hinunter auf die Straße und entdeckte, daß sich Besuch für ihn ankündigte. Seine Freundin Clara war auf dem Bürgersteig im Anmarsch. Clara besaß natürlich auch noch einen Familiennamen: v. Berg.
Da es mitten am Tag war, konnte es nicht anders sein, als daß sie ihr Geschäft im Stich gelassen hatte.
Clara v. Berg war eine hübsche junge Dame, die sich sehr geschmackvoll zu kleiden wußte. Von der Besitzerin einer Boutique durfte man das auch erwarten.
Als Clara nach kurzem, energischen Klopfen bei Werner eintrat, war er gerade dabei, die Fensterscheibe als Spiegel zu benutzen und festzustellen, daß er übernächtigt aussah.
»Guten Tag«, sagte Clara und lächelte flüchtig. »Störe ich?«
»Aber nein. Du – nie!«
Mit zwei, drei langen Schritten trat er auf sie zu und schob ihr einen Stuhl zurecht.
»Danke«, sagte sie, sich setzend.
Die Schreibtischplatte war überladen mit Zeitschriften, Korrekturfahnen, Manuskripten, sonstigen Papieren. Auf allen Redaktionsschreibtischen der Welt sieht's ähnlich aus. Werner setzte sich auf die Kante der Platte. Was dabei an Papierkram unter seinem Hintern zu liegen kam, schien ihm egal zu sein. Die Bügelfalte seiner Hose pendelte vor Claras Augen.
»Vertritt dich jemand?« fragte er.
»Im Geschäft?«
»Ja.«
»Nein, ich habe eine halbe Stunde zugesperrt. Ein Zettel hängt an der Tür. Hast du eine Zigarette?«
»Bitte.«
Clara bediente sich aus Werners Packung, die er ihr präsentierte, ließ sich von ihm auch Feuer geben und paffte ein paar Wölkchen in die Luft, wobei zu sehen war, daß es ihr dazu an jeder Routine fehlte. Sie war keine Gewohnheitsraucherin. Werner wußte das, sagte aber nichts.
Dann lehnte sich Clara zurück und schlug die Beine übereinander. Dies tat sie durchaus mit Routine. Wie von selbst fing auch ihr Bein, das obenauf lag, an zu pendeln. Verführerisch schimmerte der Nylonstrumpf.
Ihre Unterschenkel sind etwas zu kurz, dachte Werner, die Proportion mit den Oberschenkeln stimmt nicht. Das war eine neue Erkenntnis. Trotzdem verspürte er ein kleines Rieseln in den Schläfen.
»Du siehst nicht gut aus«, sagte Clara.
»Darin unterscheide ich mich von dir.«
Clara lächelte kaum.
»Ich meine, du siehst müde aus«, sagte sie.
Er zuckte die Achseln.
»Weißt du, die Arbeit …«
»Läßt sie dir keine Zeit mehr, deine Versprechen einzulösen?«
»Welche Versprechen?«
»Du wolltest vorgestern abend zu mir kommen.«
»Nein, Clara«, widersprach er, »ich hatte dir angekündigt, daß ich verhindert sein könnte.«
»Richtig«, nickte sie. »Aber dann wolltest du mich anrufen, damit ich nicht umsonst warten würde. Das ist nicht geschehen.«
Schuldbewußt gab er zu: »Das habe ich vergessen, verzeih mir.«
»Und was war gestern?«
Claras nervöses, unbeholfenes Rauchen störte ihn. Sie sollte das lassen, wenn sie's nicht kann und auch gar nicht abhängig ist davon, dachte er. Streifte aber sein Blick ihren Busen, an dem es nichts auszusetzen gab, stimmte ihn das weniger kritisch.
»Gestern«, sagte er, »hat mich mein Verleger den ganzen Tag mit Beschlag belegt. Er war in Urlaub und wollte wieder in alles, was sich getan hatte, eingeweiht werden. Abends gingen wir dann zusammen essen.«
»Das hättest du mir am Telefon alles sagen können.«
»Weißt du was?« zog er sich aus der Affäre. »Zur Strafe für mich gebe ich dir heute Gelegenheit, mit mir zu machen, was du willst. Wann soll ich dich abholen?«
Clara sprang auf, strahlte plötzlich.
»Gleich!«
Dagegen erhob Werner Einspruch.
»Nach Feierabend, dachte ich.«
Clara hatte ihn aber schon am Arm gepackt und zog ihn, ungeachtet seines spürbaren Widerstandes, den er ihr dabei entgegensetzte, von der Schreibtischkante herunter.
»Sei vernünftig«, versuchte er sie zu bremsen. »Was ist mit deinem Geschäft?«
»Das bleibt geschlossen.«
»Und meine Arbeit« – er zeigte auf den Wust von Papier auf der Schreibtischplatte – »wer macht die?«
»Die holst du nach.«
»Ausgeschlossen! Du hast keine Ahnung, was –«
»Paß auf!« unterbrach sie ihn.
»Clara, ich …« Er verstummte. Clara hatte sich schon an ihn gedrängt und ihm an die Hose gegriffen. Das machte ihn erst mal stumm. Nicht gar zu
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