Spiel der Herzen
Nachmittag.
»Warum?« fragte Helga enttäuscht.
»Weil mir sonst ein fetter Auftrag durch die Lappen geht. Ein neues Sudhaus wird errichtet.« Frank blickte auf die Uhr. »Der Bauherr will ab halb drei zu mir kommen. Den genauen Zeitpunkt konnte er mir nicht sagen. Ich möchte aber auf alle Fälle zur Stelle sein, wenn er erscheint.«
»Ausgerechnet heute.«
»Es geht nicht anders.«
Auch Frank war nicht begeistert davon, doch er setzte hinzu: »Der Auftrag wird uns beide entschädigen.«
Helga brachte ihn zur Tür.
»Wann kommst du wieder?«
»Möglichst bald.«
Sie winkte ihm nach, bis sein Wagen sich in eine Kolonne anderer eingegliedert hatte und verschwunden war. Es begann zu tröpfeln. Helga ging ins Haus zurück und rief Gerti an, von der sie gebeten worden war, ihr die glückliche Ankunft zu Hause nach Düsseldorf durchzugeben. Gerti fragte sofort, ob Frank schon ›lieb gewesen sei‹.
»Nein«, antwortete Helga.
»Nein?« rief Gerti. »Warum nicht?«
»Wir hatten noch keine Zeit.«
»Dazu hat man immer Zeit!«
»Ein Sudhaus ging vor.«
»Ein was?«
»Ein Sudhaus«, wiederholte Helga. »Ein Haus, in dem Bier gesotten wird.«
Für Gerti schien's dreizehn zu schlagen.
»Großer Gott!« stieß sie hervor. »Wenn's wenigstens ein Schlößchen wäre, verstehst du, etwas Landesherrliches oder Fürstbischöfliches … ich meine –«
»Ich weiß, was du meinst, Gerti.«
»Sag deinem Mann, daß sein Beruf dunkle Seiten hat.«
»Er hat mich gefragt, wann er dich wiedersehen darf.«
»Hat er das wirklich?«
»Ja.«
»Dann sag ihm; dafür kriegt er von mir, wenn's soweit ist, einen Kuß.«
Helga gab es einen leisen Stich, trotzdem erwiderte sie: »Er wird's gar nicht erwarten können.«
Gerti lachte, fuhr dann fort: »Bei uns hier regnet's inzwischen.«
»Bei uns fängt's gerade an«, meinte Helga.
»Hast du mit dem Ladykiller schon gesprochen?«
»Mit wem?«
»Mit deinem Hausfreund«, kicherte Gerti.
»Ich bin doch erst eine knappe halbe Stunde in Heidenohl«, erwiderte Helga.
»Dann bestell ihm bitte meinen Gruß nicht.«
»Nicht?« fragte Helga erstaunt.
»Nein, er könnte falsche Schlüsse daraus ziehen.«
Schlüsse, dachte Helga, würde er sicher daraus ziehen – aber keine falschen, sondern richtige.
»Wie du willst«, sagte sie.
»Hat's dir gefallen bei mir?«
»Sehr – das weißt du doch.«
»Mir hat's auch sehr gefallen bei euch.«
»Heidenohl kann aber nicht mit Düsseldorf konkurrieren.«
»Darüber haben wir schon mal gesprochen. Vergleiche dieser Art kann man nicht anstellen.«
»Düsseldorf ist jedenfalls eine ganz tolle Stadt.«
»Und Heidenohl ein ganz liebes Städtchen.«
»Von Düsseldorf ist übrigens auch Frank begeistert; er kennt es.«
»Ich weiß.«
»An allererster Stelle steht bei ihm natürlich Hamburg, seine –«
Es hatte an der Haustür geläutet, man konnte es durch den Draht bis Düsseldorf vernehmen.
»Entschuldige, Gerti«, sagte Helga, »wir müssen Schluß machen, bei mir ist jemand an der Tür.«
»Ich habe es gehört, Helga, laß dich nicht mehr aufhalten.«
»Mach's gut, Gerti.«
»Du auch. Wir telefonieren wieder miteinander. Tschüs.«
»Tschüs.«
Die Haustürglocke ging schon wieder. Ein Fremder stand draußen, ein junger Mann, der Helga unbedingt für ein Zeitschriftenabonnement gewinnen wollte. Er hatte aber schon einen schwerwiegenden Fehler gemacht.
»Warum sind Sie so ungestüm?« unterbrach Helga ärgerlich seinen sofort einsetzenden Redeschwall.
Er stockte.
»Verzeihung – wieso?«
»Was versprechen Sie sich davon, Sturm zu läuten?«
Der junge Mann war ein Student, noch nicht abgebrüht genug für sein ihm aufgezwungenes Interimsgewerbe.
»Verzeihen Sie«, entschuldigte er sich noch einmal. »Ich dachte, es sei niemand zu Hause.«
»Um so unangebrachter – unlogischer, besser gesagt – Ihre Bimmelei.«
Der Student gab sein Spiel hier schon verloren, murmelte: »Tut mir leid«, und wandte sich ab, um wieder zu gehen.
Plötzlich empfand Helga Mitleid mit ihm. Seit wann bin ich so kratzbürstig? fragte sie sich. Aus Enttäuschung? Weil Frank daran gehindert war, mit mir ins Bett zu gehen?
»Was wollten Sie denn?« fragte sie den jungen Mann, der sich ihr wieder zuwandte und erwiderte: »Das hat wohl keinen Zweck mehr …«
»Sie sind Student, sagten Sie?«
»Ja.«
»Und Sie vertreten Zeitschriften?«
»Ja.«
»Kommen Sie rein …«
Das Resultat läßt sich denken. Als Helga davon ihrem Mann gegen
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