Spiel der Herzen
hat!«
»Das ist doch Wahnsinn!« rief Werner.
»Was ist Wahnsinn?«
»Das, was du dir da zusammenphantasierst.«
Plötzlich flossen Tränen, sie liefen Clara über die Wangen und tropften auf die Kissen.
»Du bist halt mal der Typ, der jedes Mädchen betrügt«, schuldigte sie ihn schluchzend an. »Denkst du, das habe ich noch nicht gemerkt?«
»Ich weiß nicht, was du schon gemerkt haben willst«, erwiderte er. »Fest steht nur, daß das, was du mir im Moment erzählst, ein Riesenblödsinn ist.«
»Dann erkläre mir, warum du mich belügst.«
Die dreht sich im Kreise, dachte er, während er erwiderte: »Ich belüge dich nicht.«
»Seit wann kennst du sie?«
»Überhaupt nicht! Das sagte ich schon.«
»Und das soll keine Lüge sein?!« Claras Tränen flossen verstärkt.
Geschrei oder auch nur Worte unterdrückten Zornes wären hier fehl am Platz gewesen. Werner zwang sich deshalb zur Ruhe, zu sanftem Ton, als er sagte: »Hör zu, Clara, dieses Mädchen –«
»Ich denke, sie ist verheiratet«, unterbrach sie ihn.
»Geschieden.«
»Auch dann ist sie kein Mädchen mehr, sondern eine Frau.«
»Das spielt doch keine Rolle, Clara. Sie hat uns jedenfalls ein Manuskript geschickt, das wir veröffentlichen wollen. Ich –«
»Gib mir eine Zigarette.«
»Wozu?«
»Wozu schon? Zum Rauchen.«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Weil du nur rauchst, wenn du nervös oder wütend bist«, sagte Werner. »Dazu hast du aber im Moment nicht die geringste Veranlassung.«
»Doch, weil ich dir nicht glaube!«
»Dann komm, zieh dich an …«
Er stieg aus dem Bett und bückte sich nach seinen Kleidungsstücken, die, zusammen mit den ihren, seit dem hastigen, gegenseitigen Striptease in diesem Zimmer verstreut auf dem Boden herumlagen.
»Wohin?« fragte Clara.
»In die Redaktion. Ich werde dir zeigen, daß dein Verdacht hirnrissig ist«, antwortete Werner und begann sich anzuziehen.
Clara setzte sich im Bett auf, sah ihm stumm zu, zweifelte noch daran, daß es ihm ernst war.
»Los, komm schon!« sagte er.
Sie rührte sich nicht. Ihre Tränen schienen jedoch zu versiegen.
»Wenn du nicht mitkommst«, meinte er daraufhin, »gehe ich allein und bringe dir die nötigen Beweisstücke hierher.«
Clara fragte: »Welche Beweisstücke?«
»Das Manuskript der Briefe.«
So etwas konnte seine Wirkung auf Clara nicht verfehlen.
»Warte doch einen Moment«, sagte sie.
»Auf was?«
»Zieh dich wieder aus.«
Er hatte schon die Hose und Socken an und knöpfte sich gerade sein Oberhemd zu.
»Nee, mein Kind«, sagte er kopfschüttelnd. »Wir führen hier kein Affentheater auf. Ich –«
»Bitte, Werner.«
Nun blieb er störrisch.
»Tut mir leid.«
»Ich will dir ja glauben.«
»Jetzt auf einmal.«
»Komm her.« Sie klopfte mit der flachen Hand auf den Bettrand. »Setz dich.«
»Nein.«
»Bitte«, sagte sie abermals und fügte hinzu: »Ich will jede Buße tun.«
Endlich kam er zum Bett, wenn auch widerstrebend, und setzte sich auf die Kante.
»Ich liebe dich, Werner.«
Er schwieg. Sie begann, ihm das Hemd wieder aufzuknöpfen.
»Ich liebe dich so sehr«, sagte sie dabei, »daß es mich dumm macht.«
»Dein Verdacht war wirklich saudumm«, schonte er sie nicht.
»Verrückt gemacht hat mich der Ausdruck ›postlagernd‹. Postlagernd lassen sich oft Männer oder Frauen schreiben, die ihre Partner betrügen. Das mußt du zugeben.«
»Warum uns die ihre normale, richtige Adresse bisher verschwiegen hat und immer noch verschweigt, das hat seinen Grund. Uns kommt das sogar gelegen.«
»Du kennst sie also wirklich nicht?«
»Ich habe sie noch nie gesehen. Was ich von ihr weiß, habe ich ihrem Begleitschreiben zu dem Manuskript, das sie uns eingesandt hat, entnommen.«
»Ich werde nie mehr eifersüchtig sein, Liebling.«
Abwarten, dachte er und sagte: »Weißt du, was ich partout nicht verstehen kann?«
»Was?«
»Du hast doch gesehen, daß ich den Brief an diese Bendow meiner Sekretärin diktiert habe?«
»Ja.«
»Und trotzdem hast du geglaubt, daß das ein Liebesbrief von mir an eine andere sein könnte?«
Mit zerknirschter Miene nickte sie.
»Begreifst du, daß das keine besondere Intelligenzleistung von dir war, du Schaf?«
Sie nickte erneut.
»Außerdem hast du mich damit beleidigt. Ist dir das klar?«
Zum drittenmal nickte sie. Dabei zog sie ihm aber das Hemd vom Körper.
»Ich muß es als beleidigend empfinden, daß du mir eine solche Geschmacklosigkeit – oder Dummheit – zugetraut hast.« Er
Weitere Kostenlose Bücher